Brandaktuell: Westerwälder Gespräche
Die Westerwälder Gespräche zeigte eine besondere Aktualität. Genau einen Tag nach Putins Amtseinführung im Kreml referierte die langjährige Korrespondentin des Deutschlandfunks, Sabine Adler, zur Zukunft Russlands. In der Reihe "Westerwälder Gespräche" im Saal des Keramikmuseums gab es Interessantes zum Riesenreich zu hören.
Höhr-Grenzhausen. Aktueller ging es nicht: Einen Tag nach der „Inthronisierung“ Wladimir Putins konnte die erste Veranstaltung der Gesprächsreihe in diesem Jahr mit Sabine Adler, der langjährigen Russland-Korrespondentin des Deutschlandfunks, eine erstklassige Expertin zu Gegenwartproblemen und Zukunftsfragen des Riesenreichs präsentieren.
Dieser Abend bot dank der Expertise einer Ausnahmejournalistin eine Fülle an Informationen und tiefen Einblicken, die dem Publikum in der Bewertung der dritten Amtsperiode Putins noch lange von großem Erkenntnisgewinn sein wird.
Im Vortragssaal des Keramikmuseums begrüßte Heinz Fischer, der Moderator der Westerwälder Gespräche, nach der musikalischen Einstimmung durch Sabine und Johanna Melchiori auch den Schirmherrn dieses Kulturangebots, Landrat Achim Schwickert.
Zum Verständnis der aktuellen Situation Russlands hielt es Sabine Adler für unabdingbar, bis in die Gorbatschow-Jahre und die chaotische Jelzin-Zeit zurückzublicken. Denn Putin verdanke seinen Aufstieg vom Geheimdienst- und Staatsverwaltungsapparatschik bis hinauf in das höchste Staatsamt der Förderung durch den ersten russischen Präsidenten Boris Jelzin
Während die Mehrheit der Russen das Wirken von Gorbatschow und Jelzin heute äußerst kritisch bewertet, genoss Putin hohe Popularität, die zuweilen Züge von Personenkult trug. Allerdings wachse der Widerstand gegen den Präsidenten und seine dritte Amtszeit unübersehbar. 20 Jahre habe Russland keine solche Massenproteste erlebt wie seit der umstrittenen Dumawahl im Dezember vorigen Jahres.
Trotz der scheinbar starken Stellung Putins zeigte sich die Journalistin, die inzwischen die Presseabteilung des Deutsche Bundestags leitet, sehr skeptisch bezüglich der gegenwärtigen und anstehenden Herausforderungen. Das Hauptproblem Russlands sei die flächendeckende Korruption, vor allem im Bereich der Verwaltung und des Polizeiapparats.
Ganz besonders drastisch zeige sich das in der Tätigkeit von Journalisten, die dann lebensgefährlich werden könne, wenn diese sich dem Thema Bestechlichkeit widmen.
Sabine Adler erläuterte am Umgang Putins mit Michail Chodorkowsky, der in Russland ein ebenso prominenter Gefangener wie Julia Timoschenko in der Ukraine ist, auf welche Weise sich Russlands neuer Präsident unliebsamer politischer Konkurrenz entledigt, wie wenig er es bislang weder als Präsident noch als Premier verstand, die allgegenwärtige Korruption zu bekämpfen.
Adler verwies auf die Rolle der stärker werdenden, gut ausgebildeten Mittelschicht in den Städten. Deren wachsende Ansprüche an staatliche Institutionen und wirtschaftliche Entwicklung resultieren nicht zuletzt aus den Vergleichsmöglichkeiten, die immer mehr Russen durch ihre Reisen in westliche Länder bekommen.
Ob der derzeitige Präsident zu einer umfassenden Modernisierung des Staates und der noch immer maroden Infrastruktur bereit ist, ob es ihm gelingt, das Land aus der extremen Abhängigkeit von Öl- und Gasexporten zu befreien, die Bürger in den großstadtfernen Regionen am wachsenden Wohlstand des Landes teilhaben zu lassen – auch Adler wollte sich auf derartige Prognosen nicht einlassen.
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