Lydia Michel ist neue Jugendleiterin in Montabaur
Lydia Michel tritt ihre neue Stelle in der Evangelischen Kirchengemeinde Montabaur an. Gute Chancen auf längere Beschäftigung. Die Jugendleiterin will mit viel Geduld an Beziehungen arbeiten und möglichst länger als ein Jahr im Westerwald bleiben.
Montabaur. Ganz behutsam legt die junge Frau ein Dutzend Nägel so übereinander, dass sie später auf dem Kopf eines einzelnen Nagels zu schweben scheinen. Lydia Michel liebt solche Geduldsspiele. Und sie liebt ihren Job: Sie ist die neue Jugendleiterin der Evangelischen Kirchengemeinde Montabaur und braucht in den kommenden Monaten ein ganz besonders sensibles Händchen. Denn sie wird vielen Jungen und Mädchen begegnen, die an echten Beziehungen zu ihr, zu Gott und untereinander interessiert sind. Und um diese Beziehung aufzubauen braucht es wahrscheinlich mehr Geduld als für ein Dutzend Nägel.
Lydia Michel hat eine schöne, aber auch eine herausfordernde Aufgabe vor sich. Denn ihre Vorgängerin Lisa Hägerbäumer ist nur zwölf Monate in Montabaur geblieben, da sie dort ihr berufliches Anerkennungsjahr absolviert hat und danach zu ihrem Mann nach Nordrhein-Westfalen gezogen ist. Ein Zeit, die viele der Jugendlichen als zu kurz empfanden. Lydia Michel absolviert ebenfalls ihr Anerkennungsjahr – allerdings mit der Perspektive auf Verlängerung. „Die Chancen dafür stehen gut“, sagt der Montabaurer Pfarrer Michael Dietrich. „Aber um das umsetzen zu können, ist der Verein ,Scheinwerfer' auch künftig auf finanzielle Unterstützung durch Spenden angewiesen.“ Der Verein ist der Träger der Jugendleiterstelle.
Lydia Michels Arbeit würde die Verlängerung der Stelle tatsächlich guttun. Denn ihre Aufgabe braucht Zeit, und sie selbst möchte Beziehungen behutsam aufzubauen, statt mit dem Kopf durch die Wand zu rennen. Die Gelassenheit, die sie dafür braucht, lernt sie in Argentinien. Dort arbeitet sie ein halbes Jahr in einem Kinderheim und entscheidet sich anschließend für ein Studium am Seminar für Theologie, Jugend- und Gemeindepädagogik bei Stuttgart.
„Die sechs Monate in Argentinien haben meinen Horizont sehr erweitert und meine Einstellung zu vielen Dingen völlig verändert“, sagt sie heute, fünf Jahre danach. „Ich habe dort erlebt, wie man nicht nur mit den jungen Menschen zusammenlebt, sondern auch geistliches Leben teilt. Denn obwohl der Alltag ganz anders als hier ist und die Südamerikaner ein eigenes Temperament haben: Die Dinge, die die Jugendlichen bewegen, sind letztlich die gleichen wie bei uns. Auch sie fragen sich ,Wer bin ich?', ,was bin ich für andere und was sind sie für mich?', oder ob es einen Gott gibt, der sich für sie interessiert.“
In Südamerika merkt Lydia Michel auch zum ersten Mal, wie deutsch sie eigentlich ist: „Denn ich wollte Dinge, die dort völlig unorganisiert waren, sofort planen und durchstrukturieren, was aber nicht zur Mentalität der Menschen passt. Das hat mich mit der Zeit vieles sehr viel lockerer sehen lassen.“ Auch ihr persönlicher Glaube ist von dieser neu gewonnenen Gelassenheit durchdrungen – ohne dass sie freilich das Wesentliche aus den Augen verliert: „Ich wünsche mir, dass Gott mich benutzt, damit die Leute in meinem Umfeld Jesus kennen lernen. Aber es gibt so viele unterschiedliche Formen des Glaubens, und Gott zeigt sich uns Menschen auf völlig unterschiedliche Weise, von der jede völlig okay ist.“
Was ihre Zeit in Montabaur angeht, blickt Lydia Michel genauso entspannt nach vorne. Sie möchte ein offenes Ohr und Haus für ihre Schützlinge haben und sich zunächst einmal Zeit nehmen, um möglichst viele Dinge in ihrer neuen Heimat wahrzunehmen: „Schnellschüsse sollen es nicht werden“, sagt sie. „Es gibt vieles, das in der Gemeinde bereits läuft und ich weiterführen werde – zum Beispiel den Jugendtreff am Freitagabend oder die Konfi-Arbeit. Aber ich bin auch ein extrovertierter und initiativer Mensch. Wenn sich neue Dinge auftun, möchte ich für sie offen sein. Und ich freue mich sehr auf die Jungs und Mädels. Denn das Zusammensein mit jungen Menschen füllt mich aus.“
Eine motivierte Jugendleiterin, vielversprechende Rahmenbedingungen und eine lebendige Jugendgruppe: Die Voraussetzung, dass Lydia Michel nicht nur Nägeltürme, sondern auch stabile Beziehungen zu den Montabaurer Jugendlichen aufbaut, sind gut. Jetzt hofft sie, dass es nicht nur bei den guten Vorsätzen bleibt. Und dass sie als Baden-Württembergerin auch eine ganz besonders charmante Eigenheit des Westerwaldes zu schätzen lernt: „Ich finde den Dialekt hier total amüsant. Diese Art, wie das ,Sch' gesprochen wird, hab' ich noch nie gehört...“ (bon)
ZUSATZ:
Der Einführungsgottesdienst von Lydia Michel ist am Sonntag, 30. September, um 10 Uhr in der Pauluskirche Montabaur.
Wer den Verein „Scheinwerfer“ unterstützen möchte, kann das tun. Spenden sind unter der Kontonummer 518100 bei der Kreissparkasse Westerwald, Bankleitzahl 57051001 möglich.
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