Gemeinsam gegen Armut und soziale Ausgrenzung
Der 2. Westerwälder Sozialstammtisch diskutierte viele Themen, die derzeit die Sozialpolitik beherrschen. Das "Forum für soziale Gerechtigkeit" hatte eingeladen. Die Kirchen im Westerwald sollen im Kampf gegen soziale Ausgrenzung voran gehen, so eine Forderung im Rahmen der Diskussion. Auch die Situation der Heimbewohner, neue Wohnformen für Ältere und die Jugendpolitik wurde angesprochen.
Montabaur. Gerade bei enger werdenden finanziellen Spielräumen haben der Kreis und die Verbandsgemeinden eine besondere Verantwortung für eine bedarfsgerechte Jugend- und Sozialpolitik. Denn als Wirtschaftsstandort wird der Westerwaldkreis auch durch eine intakte soziale Infrastruktur noch attraktiver. Wie durch eine nachhaltige Sozialpoltik dazu beigetragen werden kann, war Thema beim 2. Westerwälder Sozialstammtisch. Dazu hatte das "Forum Soziale Gerechtigkeit" in das Azurit-Seniorenzentrum in Montabaur eingeladen.
„Allein eine Verringerung der aufzuwenden Sozialmittel bedeutet nicht, dass auch gespart wird“, stellte Forumssprecher Uli Schmidt (Horbach) bei der Begrüßung fest. Alle Entscheidungen zu Förderung bzw. Nicht-Förderung müssten im Gesamtzusammenhang gesehen und auf ihre Nachhaltigkeit geprüft werden.
Als Leiterin des gastgebenden Azurit-Seniorenzentrums stellte Tatjana Born-Rüßler die im Haus etappenweise laufenden Sanierungsmaßnahmen vor. Sie bedauerte, dass zu wenig junge Menschen für eine Tätigkeit in der Pflege geeignet und bereit sind. „Die einen wollen nicht, die anderen können nicht“, so Born-Rüßler.
Die Situation der Altenpflege im Westerwald zog sich als drängendes Thema durch den ganzen Abend. So forderte Jörg Schneider-Ramseger, Leiter des Seniorenzentrums Hildegardis in Langenbach bei Kirburg, menschlichere Strukturen in der Altenpflege zu verwirklichen. Anders könne der Fachkräftemangel nicht beseitigt werden. „Unser Altenheime werden immer mehr zu Sterbeheimen, weshalb wir die Einrichtungen fachlich und optisch entsprechend weiterentwickeln müssen“, meinte Heinz Peter Rüffin als Vorsitzender des Hospizvereins Westerwald. Er wies auf eine am 13. November in Westerburg stattfindende Fachtagung zum Thema „Hospizkultur und Palliativversorgung in Alten- und Pflegeheimen“ hin.
Angesprochen wurde auch die oft schwierige ärztliche Versorgung für Heimbewohner und Möglichkeiten dazu, Altenheime mehr hin zur Dorfgemeinschaft zu öffnen – und umgekehrt. Erfreut wurden verschiedene Praxisberichte zur Kenntnis genommen nach denen es derzeit im Westerwaldkreis bereits 18 Wohngemeinschaften für ältere Menschen bestehen. „Mir ist bekannt, dass weitere über eine Gründung konkret nachdenken“, so die Mitarbeiterin eines Pflegestützpunktes.
„Wenn wir Inklusion nicht nur als Worthülse begreifen, muss der Kreis in der Politik für behinderte Menschen einfach mehr Impulse setzen“, forderte Otto Gilberg von der Elternvertretung der Caritas-Werkstätten. Peter Bill, Ausbilder beim Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft (BWHW) am Standort Montabaur, bedauerte, dass nur wenige Unternehmen in der Region behinderten Menschen eine Chance zur Integration in den ersten Arbeitsmarkt geben. Andere „Stammtischler“ bemängelten, dass nur wenige heimische Betriebe dies überhaupt als wichtiges Thema vor dem Hintergrund des nahenden Fachkräftebedarfs in vielen Branchen erkannt haben.
„Mit den Kirchen voran müssen wir im Westerwald mehr gegen Armut und soziale Ausgrenzung insbesondere von Kindern und Jugendlichen tun“, meinte Maic Zimmermann, neuer Pfarrer für Gesellschaftliche Verantwortung im Dekanat Bad Marienberg. Geklagt wurde auch über die Orientierungslosigkeit vieler Jugendlicher. „Eine zeitgemäßere Jugendpolitik kann da nützlich sein“, so Angela Roos, Chefin des gleichnamigen Pflegedienstes mit Sitz in Nordhofen. Dies könne auch dazu beitragen, mehr Jugendliche für einen Pflegeberuf zu interessieren.
Abschließend konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Arbeit des Forums Soziale Gerechtigkeit äußern. Anerkannt wurde, dass es erstmals eine für alle offene Initiative im Kreis gibt, die sich unabhängig von Träger- oder Parteiinteressen für die benachteiligten Menschen in der Region stark macht und die Kräfte bündelt um gemeinsam was zu bewegen. Alle waren sich einig: wir machen weiter und das Forum wird immer stärker.
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