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Nachricht vom 06.12.2012    

Chance für alle: Menschen mit Handicaps brauchen Jobs

Die Agentur für Arbeit in Montabaur informiert zur Woche der der Schwerbehinderten. Menschen mit Handicaps brauchen Jobs und sie sind eine wertvolles Potenzial für Betriebe, da sie meist gut ausgebildet sind.

Stellvertretend für weitere Kollegen mit Handicap steht Volker Lahnstein, der bei der Arbeitsagentur Montabaur arbeitet. Foto: pr

Montabaur. Der Rollstuhlfahrer kurvt ohne Hindernis bis zum Schreibtisch. Die blinde Kollegin sitzt am PC und lauscht der Computerstimme, die ihre Mails vorliest. Der Diabetiker kann sich darauf verlassen, dass sein Team bei einem „Zuckerschock“ Erste Hilfe leistet: Dank barrierefreier Bauten, moderner Technik und gutem Miteinander haben viele Menschen mit den unterschiedlichsten Handicaps ihren Platz im Berufsleben gefunden.

Aber: Für manche ist eine Behinderung noch immer das Stoppschild auf dem Weg in den Job. Um sie zu integrieren, kann und muss noch einiges getan werden. Darauf weist die Agentur für Arbeit Montabaur anlässlich der „bundesweiten Woche der Menschen mit Behinderung“ (3. bis 7. Dezember) hin.

332 Schwerbehinderte waren Ende November im Agenturbezirk arbeitslos gemeldet; das sind 24 weniger als im Oktober und 23 weniger als im November 2011. Aufgesplittet nach den beiden Landkreisen, die die Arbeitsagentur Montabaur betreut, sieht es so aus: Im Westerwaldkreis haben 207 beeinträchtigte Personen keinen Job (19 weniger als im Vormonat und 24 weniger als im Vorjahresmonat), im Rhein-Lahn-Kreis sind es 125 (15 weniger als im Vormonat und 1 mehr als im Vorjahresmonat). „5,5 Prozent aller Arbeitslosen gehören zu dieser Personengruppe. Erfreulich ist, dass ihre Zahl – bezogen auf den Agenturbezirk – im Jahresvergleich sogar stärker zurück gegangen ist als die der Arbeitslosen insgesamt“, erklärt Agenturchef Elmar Wagner. Die meisten Schwerbehinderten, die ohne Beschäftigung sind, haben gute Voraussetzungen für eine Integration im Berufsleben. Denn sie können vorweisen, was heute fast unerlässlich ist: eine Qualifikation. 65 Prozent besitzen eine schulische, betriebliche oder akademische Ausbildung; die nichtbehinderten Arbeitslosen kommen auf lediglich 57 Prozent.

Wagner betont: „Viele Branchen und Betriebe brauchen Fachkräfte, und dieser Bedarf nimmt zu. Deshalb sollte sich der Blick auch auf dieses Potenzial richten. Handicaps können fast immer organisatorisch oder durch moderne Technik ausgeglichen werden. Am passenden Arbeitsplatz sind behinderte Menschen genau so leistungsfähig wie nicht-behinderte. Und wenn der gefunden ist, profitieren beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer!“

Schwerbehinderte haben ein kaum erhöhtes Risiko, den Job zu verlieren. Wenn dies allerdings geschieht, bleiben sie deutlich länger arbeitslos als Personen ohne Beeinträchtigung. 37 Prozent der Schwerbehinderten ohne Job sind langzeitarbeitslos; bei der anderen Gruppe liegt dieser Wert bei „nur“ 25 Prozent. Auch bei der Altersstruktur gibt es deutliche Unterschiede. Unter den Arbeitslosen mit Handicap sind knapp 54 Prozent über 50 Jahre, unter denen übrigen lediglich knapp 34 Prozent. Die liegt u.a. einfach daran, dass die Wahrscheinlichkeit, chronisch krank zu werden oder nur noch eingeschränkt arbeitsfähig zu sein, im Laufe des Lebens steigt.

Um die Beschäftigungschancen zu erhöhen, sind Unternehmen mit mindestens 20 Arbeitsplätzen gesetzlich verpflichtet, mindestens fünf Prozent dieser Stellen mit Behinderten zu besetzen (siehe Infokasten). Die neueste Statistik nach dem so genannten Anzeigeverfahren datiert wegen der Meldefristen aus dem Jahr 2010. Demnach gab es im Agenturbezirk 494 Betriebe, die die „Fünf-Prozent-Klausel“ erfüllen mussten – 352 im Westerwald- und 142 im Rhein-Lahn-Kreis. Von insgesamt 2.139 Pflichtarbeitsplätzen (WW: 1.536, RL 603) blieben 903 unbesetzt (WW: 690, RL: 213). In beiden Kreisen wurde der Sollwert deutlich unterschritten. Im Westerwald lag die Beschäftigungsquote Schwerbehinderter bei 2,8 Prozent; der Rhein-Lahn-Kreis bei 3,5 Prozent. Das zeigt, dass es bei den Unternehmen noch immer Vorbehalte gibt, die es abzubauen gilt.




Die Arbeitsagentur Montabaur möchte bei diesem Thema mit gutem Beispiel vorangehen. Acht Prozent ihrer Beschäftigten sind schwerbehindert, und sie üben ganz unterschiedliche Tätigkeiten aus. So pflegt Volker Lahnstein, der unter Multipler Sklerose leidet, als Vermittler im Arbeitgeberservice den direkten Draht zu den Betrieben und ist auch im Außendienst unterwegs. Der kleinwüchsige Kollege Sebastian Schreiner erspart als ausgebildeter Telefonserviceberater vielen Ratsuchenden den Weg zur Agentur.

Elmar Wagner betont: „Einen Job zu haben, ist für jeden wichtig. Denn das bedeutet nicht nur, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen und für sich selbst sorgen zu können. Der Beruf ermöglicht auch die Teilnahme am Leben und bewahrt nicht selten vor Isolation. Eine ,bunte´ Belegschaft, die die Vielfalt der Gesellschaft spiegelt, ist eine Bereicherung für uns alle. Wenn dies alltäglich und normal ist, verschwinden Vorurteile und Berührungsängste von selbst.“

Der Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur und der Jobcenter Westerwald und Rhein-Lahn wirbt bei den Betrieben für die Einstellung schwerbehinderter Menschen, die auf Jobsuche sind und informiert über Gesetze, Regelungen und Fördermöglichkeiten. Interessierte Unternehmen wählen die Servicenummer 01801 66 44 66*.

(Schwer)Behinderung: Infos auf einen Blick
Behindert ist ein Mensch im Sinne des Gesetzes, wenn seine körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit nicht nur vorübergehend wesentlich gemindert ist – wenn er dadurch Hilfen z.B. für die Teilhabe am Arbeitsleben, benötigt.

Schwerbehindert ist ein Mensch nach dem Sozialgesetzbuch IX, wenn vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung 50 oder mehr festgestellt wird. Wichtig: Der Behinderungsgrad alleine sagt nichts über die berufliche Leistungsfähigkeit eines Menschen aus.

Gleichgestellt mit schwerbehinderten Menschen werden Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 30 aber unter 50 von der zuständigen Agentur für Arbeit, wenn die Aufnahme oder der Erhalt des Arbeitsplatzes behinderungsbedingt gefährdet ist.

Beschäftigungspflicht
Arbeitgeber mit monatlich mindestens 20 Arbeitsplätzen im Jahresdurchschnitt sind gesetzlich verpflichtet, mindestens fünf Prozent Ihrer Arbeitsplätze durch Menschen mit Schwerbehinderung oder ihnen gleichgestellten Menschen zu besetzen. In der Regel wird die Beschäftigung eines Menschen mit einer Schwerbehinderung auf einen Pflichtplatz angerechnet. Eine Mehrfachanrechnung ist auf Antrag möglich, wenn die Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt behinderungsbedingt besonders schwierig ist oder wenn Betriebe behinderte Jugendliche ausbilden.

Ausgleichsabgabe
Arbeitgeber, die ihre Beschäftigungspflicht nicht erfüllen, müssen monatlich eine Ausgleichsabgabe entrichten. Diese wird von den Integrationsämtern erhoben und verwendet, um die Beschäftigungschancen und –bedingungen von Menschen mit Schwerbehinderung zu verbessern. Sie soll einen Ausgleich unter den Arbeitgebern herbeiführen.


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