Abschied von Ottmar Miles-Paul
Der Landesbehindertenbeauftragter Ottmar Miles-Paul wurde im Rahmen einer Unternehmerbesichtigung im Westerwald aus seinem Amt verabscheidet. In der Aktionswoche der Agentur für Arbeit ging es um die integration von Menschen mit Handicap in den Betrieben.
Westerwaldkreis. Seit 2009 gilt auch im Westerwald die UN-Behindertenrechtskonvention. Sie verpflichtet Politik und Wirtschaft, den Arbeitsmarkt barrierefrei zu gestalten. Das bedeutet: Gleiches Recht auf Arbeit auch für behinderte Menschen.
Jetzt war das Forum Soziale Gerechtigkeit mit einer Delegation von Fachleuten in drei heimischen Unternehmen unterwegs um zu erfahren, was bei der Arbeitsmarktintegration gut läuft und wo es damit noch Probleme gibt. Anlass dafür war die Aktionswoche der Menschen mit Behinderung der Bundesagentur für Arbeit vom 3. bis 7. Dezember. Gleichzeitig war dies die letzte „Amtshandlung“ des aus persönlichen Gründen aus dem Amt scheidenden Landesbehindertenbeauftragten Ottmar Miles-Paul.
Forumssprecher Uli Schmidt begrüßte die fachkundige Reisegruppe im CAP-Markt in Hillscheid. „Der heutige Tag soll dazu beitragen, dass mehr Westerwälder Unternehmen über die Integration von Menschen mit Handicaps im Betrieb nachdenken“. Bisher seien es leider nur wenige Firmen, die zumindest die gesetzlich vorgeschrieben Beschäftigungspflicht erfüllten, so Schmidt. Karl-Heinz Schmidt von der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Saarbrücken warb dafür, das Anliegen der bundesweiten Aktionswoche auch im Westerwald mit Kreativität umzusetzen: „Menschen mit Behinderung haben Potentiale, die zur Deckung des Arbeits- und Fachkräftebedarfs künftig verstärkt genutzt werden können und müssen“, so der Arbeitsmarktexperte.
Erste Station war der CAP-Markt in Hillscheid. Er ist schon wenige Wochen nach der Eröffnung zu einem wirklich Lebensmittelpunkt im Dorf geworden. „Jeden Tag kommen 400 bis 500 Kundinnen und Kunden zu uns“, so Jörg Röder als Geschäftsführer der Inklusa gGmbH in Trägerschaft der Stiftung Scheuern. So sei es möglich, fast 40 Prozent der Arbeitsplätze mit behinderten Menschen zu besetzen. Leider sei fehlende Mobilität oft der Grund dafür, weshalb dies im Einzelfall nicht möglich sei. Röder wies darauf hin, dass künftig durchaus auch ein Ausbildungsplatz für einen jungen Menschen mit einem Handicap geschaffen werden kann.
Vom keramischen Fliesenhandel zum Produktionsbetrieb für bundesweit nachgefragte hochwertige Mosaike hat sich die Firma Cerasell in Ransbach-Baumbach entwickelt. „Bei 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erleben wir die Beschäftigung von behinderten Menschen als Bereicherung für das Betriebsklima“, stellte Inhaber Rolf Helmis fest. Er lasse sich auch nicht entmutigen, wenn die Integration im Einzelfall mal nicht klappe. Rene Sehr, Teamleiter Reha bei der Agentur für Arbeit in Montabaur, wies darauf hin, viele behinderte Menschen seien sehr leistungsfähig und qualifiziert. Die Arbeitgeber dürften jedoch besonders bei einer psychischen Erkrankung nicht allein gelassen, sondern sie müssten von Fachleuten unterstützt werden.
Wie in vielen Industrie- und Handwerksbetrieben ist die Arbeit auch in der Glasproduktion der Veralla-Saint Gobain Oberland AG in Wirges für die Gesundheit der dort Beschäftigten belastend. Davon konnten sich die Gäste bei einer kurzen Werksführung überzeugen. „Unser Focus liegt daher bei der Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter mit gesundheitlichen Einschränkungen“, so die Personalleiterin Tina Oppermann. Am Standort seien derzeit 17 Menschen (von 209) mit einer Behinderung beschäftigt. Diesen, so Schwerbehindertenvertreter Helmut Klöckner, werde die Weiterbeschäftigung im Unternehmen beispielsweise durch technische Veränderungen des Arbeitsplatzes ermöglicht. „Das Unternehmen ist im Einzelfall sehr darum bemüht, das die Arbeitnehmer beim Auftreten einer körperlichen Beeinträchtigung ihre Arbeit behalten können“, lobte Martin Willuweit als Chef des Integrationsfachdienstes (IFD) die entsprechenden Bemühungen.
Dann war der Zeitpunkt gekommen, an dem Landesbehindertenbeauftragter Ottmar Miles-Paul nach fünf Jahren endgültig aus seinem Amt ausschied. Als letzte Amtshandlung fand er lobende Worte für die Arbeit des Forums Soziale Gerechtigkeit. „Was hier im Westerwald läuft ist einmalig im Land, es werden alle Interessen von denen der Betroffenen und Angehörigen bis zu denen der Politik und Leistungserbringer zusammen gebracht“, so Miles-Paul. Für die Oberland AG ließ es sich Personalchefin Tina Oppermann nicht nehmen, den Landesbehindertenbeauftragten mit einem bunten Blumenstrauß als einen Mann zu verabschieden, der weit über die Grenzen des Landes hinaus große Wertschätzung und Anerkennung für sein Wirken für Selbstbestimmung und Gleichstellung behinderter Menschen genieße. Dem Dank schloss sich die Landtagsabgeordnete Dr. Tanja Machalet an.
An der Unternehmensrundreise haben teilgenommen:
1. Ottmar Miles-Paul, Landesbehindertenbeauftragter Rheinland-Pfalz, Mainz
2. Karl-Heinz Schmidt, Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland, Saarbrücken
3. Rene Sehr, Teamleiter Reha bei der Agentur für Arbeit, Montabaur
4. Dr. Tanja Machalet, heimische Landtagsabgeordnete
5. Ruben Rhensius, Initiator Netzwerk Inklusion im WW
6. Martin Willuweit, Leiter Integrationsfachdienst (IFD/BBD) beim Diakonischen Werk
7. Tanja Sprünker, Leiterin Kompetenzzentrum Berufliche Qualifikation und Integration der Caritas-Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn, Montabaur
8. Rudolf Landvogt, Projektleiter im Berufsförderungswerk (BFW) Koblenz, Vallendar
9. Otto Gilberg, Elternvertreter der Caritas-Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn
10. Philipp Velte, Leiter Familien unterstützender Dienst (FuD) Lebenshilfe WW, Pottum
11. Mathias Schlemmer, Behindertenbeauftragter Ortsgemeinde Siershahn
12. Wolfgang Rhensius, Schulsozialarbeiter an der Berufsbildenden Schule Montabaur
13. Uli Schmidt, Sprecher des Forum Soziale Gerechtigkeit
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