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Nachricht vom 16.02.2013    

Neue digitale Orgel ergänzt historische Raßmann-Orgel

In der Höhr-Grenzhäuser Kirche klingen demnächst Bits und Bytes neben Holz und Zink.
Eine neue kompakte, digitale Truhenorgel der evangelischen Kirchengemeinde wird am 3. März eingeweiht. Sie dient als Ergänzung für die historische Raßmann-Orgel im Gotteshaus.

Kantor Tobias Martin freut sich auf die neue Orgel, wird aber auch die "Raßmann-Orgel" bei der Einweihung spielen. Foto: Peter Bongard

Höhr-Grenzhausen. Für die kirchenmusikalische Arbeit der evangelischen Kirchengemeinde Höhr-Grenzhausen wird in Zukunft eine neue Orgel zur Verfügung stehen. Kein Ersatz für das Instrument des Orgelbauers Gustav Raßmann, das dort seit 1861 seinen Dienst verrichtet. Eher eine sinnvolle Ergänzung: eine transportable, kostengünstige, digitale und damit wartungsfreie Klein-Orgel, die am Sonntag, 3. März, im Gottesdienst um 10 Uhr und in einer anschließenden Orgelmatinee vorgestellt wird.

Ein Instrument, auf das sich Kantor Tobias Martin freut. Er ist Organist in Höhr-Grenzhausen und hatte in den vergangenen Jahren immer wieder mit den Tücken der mechanischen Tonerzeugung zu kämpfen. Denn eine Orgel ist ein lebendiger Klangkörper, der mitunter recht sensibel auf Temperaturunterschiede reagiert. „Die Kirchenheizung macht den Pfeifen ganz schön zu schaffen. Oft verstimmt sich das Instrument während eines Konzertes. Und dann gibt es natürlich keine Möglichkeiten mehr, das noch zu korrigieren“, sagt er und spielt damit auf ein Konzert im Jahr 2011 an, bei dem die Stimmung der geliehenen Dekanatstruhenorgel wegen der Heizung nach und nach aus den Fugen geriet.

Aber auch die fest installierte Raßmann-Orgel ist – bei aller klanglichen Schönheit – mitunter eine Diva: Die Vokalisten der Kantorei hören das Instrument entweder schlecht oder viel zu laut; die Stimmung liegt bei ca. 445 Hertz, was zu hoch für einige Streich- und viele Blasinstrumente ist, und die Bespielbarkeit ist je nach Jahreszeit auch nicht immer optimal. „Deshalb hat sich die Gemeinde letztlich für ein elektronisches Modell entschieden“, sagt Martin. „Es mag schon sein, dass an einer echten Pfeifenorgel kein Weg vorbeiführt, wenn man höchsten künstlerischen Ansprüchen genügen will. Aber dieses Instrument hat für uns trotzdem viele entscheidende Vorteile.“

Zum Beispiel das Gewicht von „nur“ 78 Kilogramm und die damit verbundene Mobilität. „Die Orgel kann frei im gesamten Kirchengebäude bewegt werden – egal ob sie nun auf die Empore oder im Altarraum stehen soll“, sagt Martin. Außerdem muss sie weder regelmäßig gestimmt noch intoniert werden. Aber sie kann: Denn im Innern des Modells „Gloria Continuo“ arbeitet ein leistungsstarker Rechner, der es nicht nur ermöglicht, den Klang strahlender oder dunkler zu machen, sondern auch die einzelnen Tonhöhen quasi per Knopfdruck anzupassen. „Damit sind auch historische Stimmungen möglich, was besonders bei Konzerten mit alten Instrumenten sehr interessant ist“, schwärmt Tobias Martin.



Der Klang an sich reizt nach Meinung des Kantors das derzeit technisch Machbare aus. „Gloria Continuo“ verfügt über sechs Register, also sechs virtuelle Pfeifentypen, die allerdings nicht aus Zink oder Holz, sondern aus Bits und Bytes bestehen. „Jeder Ton, jede einzelne Pfeife haben Experten von einer echten Orgel digital aufgenommen und in dieses Instrument übertragen“, erklärt Tobias Martin das Prinzip des sogenannten Samplings, das in dem kleinen Schmuckkästchen bis zum Exzess betrieben worden ist. Das Resultat ist ein Klang, der selbst für den Kenner nur schwer vom akustischen Vorbild zu unterscheiden ist – auch dank des aufwändigen Lautsprechersystems, das eine externe Verstärkeranlage in der Regel überflüssig macht. Hinzu kommen eine hochwertige Druckpunkttastatur und ein massives Holzgehäuse.

Eine Qualität, die freilich ihren Preis hat. Trotzdem zahlt die Kirchengemeinde mit Unterstützung des Dekanat Selters immer noch etwa ein Drittel weniger als für ein ähnlich ausgestattetes Modell mit echten Pfeifen – die künftig wegfallenden Wartungskosten nicht mitgerechnet. Ob „Gloria Continuo“ indes ein ähnlich langes Leben wie die Raßmann-Orgel beschert ist, weiß heute natürlich niemand. Immerhin: Der Hersteller gibt eine 30-jährige Ersatzteilgarantie.

Bei der Einweihung am 3. März stellt Tobias Martin die Vorzüge des kleinen Instrumentes vor. Während des 10-Uhr-Gottesdienstes spielt er gemeinsam mit der Flötistin Hannelore Eberhardt Werke von Händel und Mozart, und bei der Orgelmatinee ab 12 Uhr interpretiert er an beiden Orgeln Werke von Johann Sebastian Bach. Das letzte Wort hat an diesem Tag freilich die „echte“ Raßmann-Orgel, betont Martin: „Sie wird das Konzert mit der opulenten Fuge in d-Moll beenden.“ (bon)
Der Eintritt zur Orgelmatinee in der Evangelischen Kirche Höhr-Grenzhausen am 3. März um 12 Uhr ist frei.



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