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Nachricht vom 26.04.2013    

Über Mängel im Pflegesystem wurde hitzig diskutiert

Im Ignatius-Lötschert-Haus in Horbach las die Journalistin Anette Dowideit aus ihrem Buch: "Endstation Altenheim - Alltag und Missstände in der deutschen Pflege" vor mehr als 70 Zuhörern. Es wurde im Anschluss kontrovers und leidenschaftlich diskutiert. Dabei ging es unter anderem auch um das Ansehen des Berufes Altenpfleger/in und die Bezahlung.

Prof. Dr. Klaus Kocks, Anette Dowideit, Lucie Friedrich, Uli Schmidt (von rechts) stellten sich der Diskussion.

Horbach. Das Buch: "Endstation Altenheim - Alltag und Missstände in der deutschen Pflege" der Journalistin Anette Dowideit sorgte schon kurz nach Erscheinen für hitzige Debatten. Sie deckte Missstände im Pflege-Alltag sowohl in Heimen als auch in der ambulanten Pflege auf.
Hitzige Diskussionen gab es jetzt auch im Ignatius-Lötschert-Haus in Horbach. Der Förderverein der Einrichtung und das Forum Soziale Gerechtigkeit hatten die Autorin mit Unterstützung der Buchhandlung Reuffel zu einer Lesung eingeladen.

Für die beiden Veranstalter freute sich Uli Schmidt über den mit 70 Personen voll besetzten Saal. „Da diese Einrichtung durch den MDK in allen Prüfkategorien mit 1,0 bewertet wurde, beziehen sich die geschilderten Missstände natürlich nicht auf das Ignatius-Lötschert-Haus“, so Schmidt.
In einem Grußwort stellte Prof. Dr. Klaus Kocks die Frage, woran es liege, dass das eine Altenheim gut und das andere schlecht sei. Es sei genug Geld im Land vorhanden um die Pflege entscheidend aufzuwerten, es müsse nur richtig verteilt werden, meinte der in Horbach lebende Kommunikationsberater.

Daran knüpfe Anette Dowideit gerne an und stellte fest: „Es ist nicht genug Geld im Pflegesystem!“ Immer wieder auftretende Pflegeskandale seien Ausdruck dafür, dass im System etwas nicht stimme. Die Pflegerinnen und Pfleger seien dabei Opfer des Systems und nicht Täter. Ansehen und Bezahlung der Altenpflege seien so schlecht, dass ein nicht mehr beherrschbarer Fachkräftemangel drohe. „Schon jetzt fürchten sich 2/3 der Deutschen davor einmal gepflegt zu werden, bei älteren Menschen sogar über 80 Prozent“, so Dowideit.

In dem Buch schildert die Autorin eine Vielzahl von Mängeln im Pflegesystem, von denen sie einige Passagen vortrug. „Nach Auskunft des Spitzenverbandes des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) stellen die Prüfer bundesweit bei unangemeldeten Kontrollen in etwa jedem dritten Heim Ernährungsprobleme bei den Bewohnern fest. In bis zu einem Viertel der Heime werden demnach Wunden nicht optimal versorgt“, meinte Dowideit. Sie nannte auch Beispiele dafür, was im System schieflaufen kann, wenn bei Pflegeketten Gewinnmaximierung über alles gestellt werde.



In einem sich anschließenden Streitgespräch mit der Autorin vertrat Lucie Friedrich als Pflegedienstleiterin im Ignatius-Lötschert-Haus die Ansicht, dass viele kritische Berichte und Veröffentlichungen zur Pflege zu populistisch seien. „Eine überzogene Kritik ist in der Praxis meist wenig hilfreich“, so Friedrich. Auf die zunehmend schwierigen Pflegesatzverhandlungen wies Heimleiter Jürgen Simon hin: „Da kann man ohne einen Juristen gar nicht mehr hin gehen“.

Viele fachkundige Teilnehmende beteiligten sich an der anschließenden Diskussion über die „Endstation „Altenheim“. Ein Pflegemitarbeiter bekannte: Das Buch hat mich wachgerüttelt, aber auch erschüttert“. Eine Kollegin meinte: „Ich arbeite nicht in einem schlechten Haus. Die Arbeitsmarktlage lässt es zu, sich den passenden Pflegejob auszusuchen“.
Darauf, dass sich bereits heute die Heime gegenseitig die Fachkräfte abwerben, wies eine Wohnbereichsleitung hin. Die Angehörige eines Pflegebedürftigen forderte dazu auf, sich die Heime vorher anzusehen und dann das hoffentlich richtige auszuwählen. Bemängelt wurde von einem Teilnehmer, dass das ehrenamtliche Wirken nicht angemessen gewürdigt werde. Ein Bewohner des Ignatius-Lötschert-Hauses meinte: „Hier bleibe ich, hier wird man immer gut behandelt“.



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