Beck: Nicht die Auguren entscheiden
Schwere Geschütze fährt Bundestagskandidatin Gabi Weber kurz vor dem Urnengang am Sonntag noch auf: Sie hatte den ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes Rheinland-Pfalz Kurt Beck zu sich nach Wirges eingeladen – und er kam gestern Abend mit einer eindrucksvollen Rede ins Wirgeser Bürgerhaus, um die Kandidatin im Wahlkampf zu unterstützen. Natürlich durften auch Landtagsabgeordneter Harald Schweitzer sowie der Stadtbürgermeister Renato Noll auch nicht fehlen.
Wirges. Gabi Weber war gewohnt kämpferisch im Bürgerhaus in Wirges. „Wahlkampf bis zur letzten Minute“ – den Slogan von Staatssekretärin Andrea Nahles, die vor zwei Tagen in Herschbach zu Gast war, hat sie beherzigt. Sie ist energisch und doch wirkt sie aufgeräumt an diesem Abend und kritisiert vor allem die Familienpolitik des derzeitigen Regierungsbündnisses, das „in vier Jahren nichts getan hat“, so Weber. Im Publikum sitzt Kurt Beck und lächelt wohlwollend.
Kaum steht er am Rednerpult, gerät er in Höchstform. Souverän, routiniert und mit bildhafter Sprache und zahlreichen Redensarten bringt er so manches Mal den Saal zum Schmunzeln.
Er spricht über ein Mindestgehalt, das die SPD fordert und die Ausbeutung von Arbeitskräften. Er spricht über Freiheit und unbefristete Arbeitsverträge und über Praktika, Werkverträge und Leiharbeit und über den „Ich-Staat“ der dadurch geschaffen werde. „Meine beiden Kinder, 29 und 32 Jahre alt, hatten in Ihrem Leben noch keine festen Arbeitsverträge“, wettert Beck. Ich schäme mich vor ihnen dafür, da ich ihnen sagte, sie sollen sich auch für Familie und Kinder entscheiden. Aber wie sollen sie das tun – ohne jegliche Sicherheit?“, fragt er in die Runde. Laute „Bravo“- und „Genau so ist es“-Rufe aus dem Publikum sind die Antwort. „Das Wir entscheidet“, fährt Beck fort. „Ich bin für Flexibilität – aber nicht dafür, dass Menschen gegeneinander ausgespielt werden, um größere Gewinne zu erzielen, die dann in irgendwelchen Fonds stolz präsentiert werden.“
Nichts als „wolkige Worte“ habe die Bundeskanzlerin zum Thema demographischer Wandel übrig. Dabei dürfte es nicht totgeschwiegen werden, sondern Vorkehrungen getroffen werden, so Beck. Und zur Steuererhöhung sagt er: „Der Spitzensteuersatz unter Kohl war 52 Prozent - da stehen wir mit den 49 Prozent, die wir fordern, nicht so schlecht da. Das umstrittene Betreuungsgeld und Studiengebühren kritisiert er. Immer wieder tönt lauter Beifall aus den Zuhörerreihen. Die Wirgeser und auch die von weiter weg hergereisten Gäste – unter ihnen auch Hachenburgs Bürgermeister Peter Klöckner - sind begeistert. Die gerechte Gesellschaft, für die Kurt Beck dort am Rednerpult plädiert, gefällt ihnen gut. Der ehemalige Ministerpräsident schließt seine Rede in zuversichtlichem Ton: „Die Wähler entscheiden, nicht die Auguren!“ Lucia Sabau
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