DGB Westerwald diskutiert über drohende Altersarmut
Montabaur. Zu einer lebhaften Diskussion führte das Thema „Lebenslang arbeiten und dann im Alter arm dran?!“, zu dem der DGB Kreisverband Westerwald nach Montabaur ins Cafe Vogelhaus eingeladen hatte. Die Regionsgeschäftsführerin des DGB Koblenz Gabi Weber plädiert für Solidarprinzip der Sozialversicherungen.
Mehr als vierzig Interessierte waren der Einladung gefolgt und äußerten auch ihre Empörung über die arbeitsmarktpolitischen Veränderungen der letzten Jahre, die zu kontinuierlichen Einbußen für die Arbeitnehmenden geführt haben. Referentin war Gabi Weber, Regionsgeschäftsführerin des DGB Koblenz und seit kurzem für die SPD im Bundestag. Im Ehrenamt ist sie seit Jahren auch tätig als Versichertenberaterin der Deutschen Rentenversicherung.
Die Gewerkschafterin zeigte auf, dass verschiedene Eingriffe in den letzten Jahren zu den erheblichen Einbußen führten. Sie nannte die Einführung der Rente mit 67 Jahren, die für viele, die früher in Rente gehen, zu lebenslangen Abschlägen führt und damit eine faktische Rentenkürzung bedeutet. Aber auch die gravierende Zunahme des Niedriglohnsektors in den letzten zehn Jahren, die mehr als sechs Millionen Menschen monatlich von einem Einkommen leben lasse, bei dem sie nur Ansprüche auf die Rente erwerben können, die niedriger sein wird als die Grundsicherung, ist ein Faktor, der zur Altersarmut führe.
m Klartext bedeute dies, dass alle diese Menschen im Alter zu Aufstockern werden. Als weiteren Bereich, der hauptsächlich Frauen betrifft, verwies Weber, auf die Millionen von Minijobs, die zwar seit 1.1.2013 sozialversicherungspflichtig sind, aber nur wenige nutzten diese Chance, eigene Ansprüche zu erwerben, wie sich jetzt zeige. In diesem Zusammenhang bezog sich Weber auch auf die Notwendigkeit eines Mindestlohns, um eine „Schamgrenze nach unten einzuziehen“, die verloren gegangen sei bei den Hartz IV-Reformen.
Die Gewerkschafterin plädierte in ihrem Vortrag deutlich für das Solidarprinzip der Sozialversicherungen und für die paritätische Beteiligung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer daran. In diesem Zusammenhang verwies sie darauf, dass die Einführung der so genannten Riester-Rente genau eine Verabschiedung von diesem Prinzip war, ebenso wie die Einführung der Pflegeversicherung, für die die Arbeitnehmenden einen Feiertag opferten.
Weber zeigte Verständnis für die Bitterkeit, die sich in manchen Äußerungen der Teilnehmenden über die jetzige Rentensituation zeigte. Auch in ihren Augen ist das zeitgleiche Zusammenkommen von der zunehmenden Besteuerung der Renten (trotz der dazu parallelen Steuerbefreiung für die Beiträge der Sozialversicherung) mit der realen Absenkung der Renten eine schwer verständlich zu machende Tatsache. Die Rentenhöhe sank von immerhin etwa 70 Prozent des letzten Nettolohns innerhalb von 10 Jahren auf jetzt etwa 50 Prozent und angestrebt ist die Absenkung auf nur noch 43 Prozent.
Um die Rentenhöhe auf dem jetzigen Niveau stabil zu halten braucht es folgende Maßnahmen in den Augen der Versichertenberaterin: es darf keine weitere Absenkung der Rentenbeiträge geben und es muss eine Gesetzesänderung geben, die der Rentenversicherung erlaubt, mehr Rücklagen für die Zukunft zu bilden. In diesem Zusammenhang verwies die Gewerkschafterin darauf, dass Beitragskürzungen für den einzelnen Arbeitnehmenden vielleicht sechs oder sieben Euro im Monat Ersparnis bedeutet, es aber letztlich heißt, dass doppelt so viel nicht eingezahlt wird, weil auch die Arbeitgeber bei Kürzungen ihre Beitragshälfte sparen.
Bei den jetzt anstehenden Gesetzesvorhaben, wenn der Koalitionsvertrag umgesetzt wird, geht es in den Augen der DGB Regionsgeschäftsführerin darum, dass die Gewerkschaften aufmerksam und kritisch darüber wachen, dass die Interessen der Arbeitnehmenden auch wirklich berücksichtigt werden. Darin sieht sie eine wichtige inhaltliche Aufgabe der Gewerkschaften für die nächsten Jahre.
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