Jugendkirche setzt sich für Flüchtlinge ein
Die Diktatoren sind allgegenwärtig. Nicht nur in den Nachrichten als Despoten in fremden Ländern. Sondern auch – im übertragenen Sinne – im alltäglichen Leben. Dinge, die uns im Griff haben; schlechte Angewohnheiten, Süchte, Gefühlszustände.
Westerwaldkreis. Die Jugendkirche „Way to J“ will diese Zwänge nicht mehr einfach so hinnehmen: Sie stellt ihre diesjährige Fastenaktion unter das Motto „Sieben Wochen ohne Diktatur“. Eine Aktion, die die ganz persönlichen Herrscher des Alltags entlarven möchte. Und die Menschen helfen will, die unter Diktatoren aus Fleisch und Blut leiden.
Dass das ein ehrgeiziges Ziel ist, wissen die Mitglieder der Dekanatsjugendkirche. „Natürlich können wir nicht die Welt retten. Schon gar nicht in nur sieben Wochen“, meint Jugendpfarrer Werner Schleifenbaum. Aber darum geht es ihm und den Jugendlichen auch nicht. „Wir wollen nichts verdammen, sondern uns derjenigen Dinge bewusst werden, die uns und unser Leben bestimmen. Ob's nun Banales wie das Handy, Facebook oder Whatsapp ist, oder die schlechten Gewohnheiten oder Gefühle, die unseren Alltag diktieren“, meint Schleifenbaum.
Bewusst werden heißt also nicht: sich selbst kasteien. Sondern Themen offen ansprechen und Möglichkeiten finden, wie Dingen der Schrecken genommen werden kann. „Mein Großvater war zum Beispiel starker Raucher“, erzählt Matthias Marschall. „Allerdings hat er nach einem bestimmten Erlebnis von heute auf morgen keine Zigarette mehr angerührt. Ich glaube deshalb, dass jeder Diktator unseres Lebens einen wunden Punkt hat. Etwas, das ihm die Macht nimmt. Wir wollen die sieben Wochen nutzen, um uns danach auf die Suche zu machen – mit Referaten, die wir während unserer Treffen halten, Gesprächen oder auch Gebeten.“
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Allerdings wollen die Jugendlichen weder nur die inneren Diktatoren beleuchten, noch sieben Wochen lang unter sich bleiben. Ganz im Gegenteil: „Für Flüchtlinge, die unter einer wirklichen Diktatur leiden, wäre es ein Hohn, wenn wir das Thema nur im übertragenen Sinne anpacken“, sagt Werner Schleifenbaum. Viele dieser Menschen leben inzwischen im Westerwald und haben in der Vergangenheit Flucht und Unterdrückung am eigenen Leibe erlebt. „In Deutschland sind viele von ihnen völlig hilflos. Das eigentliche Ziel unserer Sieben-Wochen-Ohne-Aktion ist, diese Leute in unserer Region willkommen zu heißen und etwas für sie zu tun“, erläutert Schleifenbaum.
Ganz konkret nutzt die Jugendkirche die kommende Zeit, um Kontakt zu Flüchtlingen aufzunehmen und eine Willkommenskultur in der Region etablieren. „Wir stehen in engem Kontakt mit der Diakonie im Westerwaldkreis sowie der Landeskirche und überlegen gemeinsam, wie wir dieses Ziel umsetzen können“, sagt Schleifenbaum. „Denn die Sieben-Wochen-Ohne-Aktion soll keine Eintagsfliege werden. Wir wünschen uns, dass mittelfristig ein Pool aus Ehrenamtlichen entsteht, der Flüchtlinge begleitet. Ich bin fest davon überzeugt, dass ein solches Netzwerk möglich ist“, glaubt Schleifenbaum. „Wir wollen den Menschen zeigen, dass sie bei uns keine Angst mehr vor einer Diktatur haben müssen und sich angenommen fühlen.“ (bon)
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