Dekanat Selters blickt auf gelungene Visitation zurück
Die Visitation war ein ausgesprochenes Mammutprojekt in den evangelischen Gemeinden des Westerwaldes: Zwei Jahre lang haben sich die Wäller Protestanten aus den Dekanaten Selters und Bad Marienberg gegenseitig besucht und dabei Einblicke in die Arbeit ihrer Geschwister bekommen.
Höhr-Grenzhausen. Nun ist der Austausch zu Ende, und die Mitglieder der Dekanatssynode nahmen sich auf ihrer jüngsten Tagung in Höhr-Grenzhausen viel Zeit für ein Resümee.
Pfarrerin Annegret Puttkammer, die Pröpstin für Nord-Nassau, ist wohl diejenige, die das Projekt mit ihrem Kollegen, Pfarrer Christoph Gerken, am intensivsten begleitet hat. Mit ehrlichen, manchmal kritischen, aber immer ermutigenden Worten stellte sie den Synodalen ihre Eindrücke der Visitation in Selters vor. Die passende Überschrift des 21 Seiten starken Textes: „Außen: schwierig, innen: Segen!“ Eine treffende Zusammenfassung ihrer „vier kräftigen Bestärkungen“; dem Herzstück ihres Berichts, das auf die vier großen Besonderheiten des Dekanats eingeht.
Dessen wohl augenscheinlichstes Merkmal: Es gibt in der Region keine klassischen Ballungszentren. „Von außen betrachtet haben viele Kirchengemeinden im Dekanat Selters schwierige Rahmenbedingungen: Das Evangelische Leben ist hier nicht konzentriert, sondern über viele Dörfer verstreut“, sagte die Pröpstin und lobte die Kreativität der Wäller Christen, die ihrer Ansicht nach das Beste daraus machen: „Sie gehen interessante neue Wege; Sie sind ein klingendes Dekanat, in dem es überall singt und spielt; Sie wagen Neues und legen großen Wert auf Beziehungsarbeit. Darin möchte ich Sie bestärken. Denn die Gemeinde Jesu Christ war von Anfang an vor allem dieses: Beziehungsgemeinde. Investieren auch Sie in diese Beziehungen. Gerade in Zeiten, in denen die klassischen Beziehungen nicht mehr so stabil sind wie früher, lohnt es sich, die Gemeinde als Familie Gottes anzusehen. Denn stabile Beziehungen zwischen Menschen erleichtern die schwierigen Situationen, die Durststrecken und die Zerreißproben.“
Eine weitere gute Eigenschaft des Dekanats ist für Puttkammer das Miteinander von Gemeinden und Diakonie. Das Diakonische Werk, der kirchlich-soziale Arbeitskreis, der Evangelische Krankenhausverein sowie die Grundschule Mogendorf/Nordhofen (die durch die Diakoniekonferenz mit dem Dekanat verbunden sind) und die vielen Formen der Gemeindediakonie – das alles sind für die Pröpstin Stärken, mit denen man nicht hinter dem Berg bleiben sollte, denn: „Diakonisches Engagement genießt in Deutschland eine hohe Wertschätzung – auch bei denen, die Kirche kritisch gegenüberstehen.“
Als Drittes hat die Visitation außerdem deutlich gemacht, dass das Dekanat „zwei Welten“ vereinigt: einerseits die wirtschaftlich starken Kommunen entlang der A3, der ICE-Trasse und im Einzugsgebiet von Koblenz, andererseits die Gemeinden im ländlichen Gebiet. „Ihr Dekanat bildet unsere Landeskirche also im Kleinen ab“, fasst die Pröpstin zusammen. „Und es zeigt pionierhaft, wie Gemeinden trotz dieser unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklung zusammenhalten.“
Und schließlich hob Annegret Puttkammer auch die vierte Eigenheit des Dekanats Selters wohlwollend hervor – die bemerkenswerte Dialogbereitschaft mit anderen Christen und den Gläubigen anderer Religionen: „Sie freuen sich am Reichtum Ökumene, sind sich intensiv des jüdischen Erbes Ihrer Region bewusst, halten in einigen Gemeinden selbstverständlich Kontakt zu dem muslimischen Gemeinden. Danke, dass Sie damit dem friedlichen Zusammenleben in Ihren Orten dienen“, sagte sie.
Vier gute Wesenszüge, die Mut für die Zukunft machen. Allerdings verschwieg Annegret Puttkammer auch nicht diejenigen Dinge, bei denen es im Dekanat Nachholbedarf gibt. Etwa, was die Unterhaltung der Gebäude angeht: Die Pröpstin weiß, dass das ein belastender Punkt für einige Gemeinden ist. Sie wirbt deshalb dafür, dass Kirche und Kommune die Gebäude verstärkt gemeinsam nutzen und so Synergien schaffen. Und sie wirbt für mehr Kooperation in bestimmten Bereichen, etwa der Jugend-, Frauen- und Erwachsenenarbeit. „Und machen Sie sich bitte auf den Weg in Richtung Ihres Nachbardekanats Bad Marienberg. Denn das neue Dekanat wird kommen“, sagte sie und meinte damit die Fusion beider Westerwälder Dekanate, die bis zum Ende des Jahrzehnts vollzogen sein soll. „Je intensiver Sie inhaltlich zusammenrücken, desto leichter fallen Ihnen die Organisationsfragen.“
Doch bei allen Absprachen, Vorsätzen und formulierten Zielen sollten die Wäller Protestanten eines nie vergessen: zufrieden zu sein. „Denn es gibt so viel in Ihren Gemeinden, Ihren Diensten und im ganzen Dekanat, wofür Sie dankbar sein können“, sagte die Pröpstin abschließend. „Also: Atmen Sie durch, und freuen Sie sich am Segen!“
Worte, die gut tun. Und die den Charakter der zurückliegenden Visitation treffend zusammenfassen. Denn trotz anfänglicher Bedenken empfanden viele die gegenseitigen Besuche als bereichernd und wertvoll – auch Dekan Wolfgang Weik: „Wir sind ein lebendiges Dekanat mit vielen unterschiedlichen Angeboten. Eine unserer großen Schätze ist das hohe Engagement zahlreicher Ehrenamtlicher, beispielsweise in der Arbeit des Kirchenvorstandes, im Besuchsdienst, in den Chören, in den Ausschüssen. Es ist schön, dass die evangelischen Christen erkennbar sind und sich im Westerwald in vielen Bereichen einbinden.“ Und der Vorsitzende der Dekanatssynode, Michael Müller meinte abschließend zu Annegret Puttkammer und Christoph Gerken: „Ich danke Ihnen für den eindrucksvollen Bericht und das Engagement. Es ist schön, wenn man bestätigend und bestärkend den Spiegel vorgehalten bekommt und merkt, dass man von außen gar nicht so kritisch gesehen wird, wie man sich selbst oft sieht. Danke, dass Sie unser Dekanat verstanden haben.“ (bon)
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