Werbung

Nachricht vom 31.03.2014    

Inklusion kann nicht zum Nulltarif verwirklicht werden

Einen differenzierten Umgang und eine schrittweise Verwirklichung der schulischen Inklusion von beeinträchtigten Menschen strebt die CDU-Kreistagsfraktion an. Es reiche nicht aus, einer Regelschule den Titel „Schwerpunktschule“ zu verleihen. Bei der Diskussion im Rahmen der „Westerwälder Impulse“ wurden Möglichkeiten und Grenzen von Inklusion deutlich.

Hachenburg. „Inklusion kann nur dort gelingen, wo Kinder, Eltern, Lehrer und die Verantwortlichen der Politik zusammenarbeiten und die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Sie muss gelebt und dort umgesetzt werden, wo Schule, Diagnostik, Beratung, Förderung und Personal dies leisten können“, lautete die Schlussfolgerung des CDU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Stephan Krempel nach der Veranstaltung.

„Inklusion um jeden Preis?“, diese Frage stellte CDU-Ortsvorsitzender Tobias Petry zu Beginn der im Rahmen der „Westerwälder Impulse“ von der CDU-Kreistagsfraktion veranstalteten, gut besuchten Informationsveranstaltung. Petry machte deutlich, dass es bei dieser Thematik eine Vielzahl von Beteiligten gebe. Neben den Schülern und Eltern, vor allem die Lehr- und Fachkräfte, die Schulträger und das Land. Die Region Hachenburg sei von dieser Thematik besonders betroffen, da es in Hachenburg neben den Förderschulen (Burggarten-Schule und Schule am Rothenberg) zwei Schwerpunktschulen (Grundschule am Schloss und Realschule plus) gibt. Als Stadtbürgermeisterkandidat, versprach Petry, wolle er diese Angebotsvielfalt für die Kinder und Eltern in der Region erhalten.

Prof. Dr. Marion Felder, die an der Hochschule Koblenz, Fachbereich Sozialwissenschaften, tätig ist und dort die Schwerpunkte Inklusion und Rehabilitation vertritt, gab zunächst einen Überblick über verschiedene Aspekte der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK). Prof. Felder kann breite und langjährige Erfahrung zu der Thematik in den USA einbringen. Sie machte deutlich, alle Kinder haben ein Recht auf bestmögliche Bildung. Im amerikanischen System sei auch eine stetige „Erfolgskontrolle und Neuorientierung“ vorgesehen. Dabei seien die individuellen Begabungen zu fördern und die Weiterentwicklung des Kindes im Blick zu halten. Inklusion bedeute angemessene Teilhabe und Förderung und nicht nur „gemeinsam verbrachte Zeit“.

Inklusion könne politisch nicht verordnet werden, sie bedürfe fachlicher Gutachten und Konzepte. Leistungen und finanzielle Mittel sollten nicht pauschal ins System, sondern vielmehr kindbezogen erbracht werden. Zielsetzung sei es letztlich, allen Schülern eine möglichst gute Förderung anzubieten. Die BRK schreibe keine bestimmte Organisationsform für frühkindliche und schulische Bildung vor. Um Inklusion erfolgreich zu gestalten, seien verstärkte personelle und finanzielle Ausstattungen dringend erforderlich.

Förderschullehrerin Daniela Krobb-Werz berichtete über Erfahrungen mit der Arbeit an Schwerpunktschulen und der integrativen Förderung in Regelschulen. Lösungen und Angebote müssen sich in erster Linie am Kind orientieren. Nach fachlichen Gutachten müsse abgewogen werden, wo Teilhabe am besten zu verwirklichen sei. Die befürchtete Ausgrenzung von beeinträchtigten Schülern erfolge oft stärker in den Regelschulen als in den Förderschulen. Persönlichkeitsbildung und Wissensvermittlung seien in den Förderschulen meist zielgerichteter und individueller gestaltbar.

Wilfried Rausch, stellvertretender Landesvorsitzender des Realschullehrerverbandes und Leiter einer Schwerpunktschule Realschule plus mahnte Realitätssinn an. Seine Erfahrungen aus Schulversuchen und die tägliche Praxis bestätigten auch aus pädagogischen Gründen die Notwendigkeit von Förderschulen. Nicht alle Schüler könnten in Schwerpunktschulen ihren Befähigungen entsprechend gefördert werden. Rausch: „Entscheidend ist, dass wir dem Schüler einen Weg in die Berufswelt ermöglichen.“ Nur so könne er dauerhaft am gesellschaftlichen Leben teilhaben.



Landrat Achim Schwickert warnte als Schulträger vor einem leichtsinnigen Umgang mit der Thematik Inklusion. Im Blickpunkt müsse stehen, dass für die Kinder bei einer Umgestaltung auch etwas heraus komme. Mit zwischen Land und Schulträgern nicht abgestimmten Schritten, die personell und finanziell keine zusätzliche Unterstützung vorsehen, werden Schüler und Eltern allein gelassen. Der Westerwaldkreis werde die Förderschulen daher zurzeit auf keinen Fall aufgeben. Lösungsansätze für den Westerwaldkreis sollen im Schulentwicklungsplan erarbeitet werden.

Hans Jörg Sievers, Leiter der Burggarten-Schule, berichtete über die Arbeit mit lernbehinderten sowie sozial-emotional zu fördernden Schülern. Geschützte Räume und klare Grenzen ermöglichen eine gezielte Förderung. Förderbedarf und –weg müssten sich am Schüler orientieren und seien mit den Eltern zu erörtern. Hans-Peter Augel, Leiter der Schule am Rothenberg (Förderschule Sprache), verwies auf die hohe Anerkennung der Arbeit der Förderschulen, die bei Elternbefragungen erzielt werde.

Diskussionsleiterin und stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Jenny Groß stellte fest, dass in den verschiedenen Redebeiträgen Möglichkeiten und Grenzen von Inklusion deutlich wurden. „Die CDU im Westerwaldkreis ist für eine Vielfalt der Förderstandorte mit differenzierten Angeboten, sowohl im Regelschulsystem als auch an Förderschulen. Wir setzen uns für den Erhalt von bedarfsgerechten Förderschulen im Westerwaldkreis ein. Die Lehrkräfte an den Schwerpunktschulen müssen vorab eine entsprechende Ausbildung erhalten. Wenn Förderzentren entwickelt werden, dürfen spezialisierte Förderschulen nicht wegfallen. Für die Eltern muss die Sicherheit und Klarheit bestehen, wo sie ihr Kind mit einer entsprechenden Förderung beschulen lassen können.“

CDU-Fraktionsvorsitzender Dr. Stephan Krempel, dankte allen Gesprächsteilnehmern für die vielfältigen Impulse bei der Definition und Umsetzung von Inklusion. Die Politik habe an diesem Abend weitgehend zugehört und werde die Anregungen und Berichte aus der Praxis bei weiteren Entscheidungen berücksichtigen. Es habe wenig Sinn, wenn die Landesregierung Zahlen und Ziele nenne, die das Kindeswohl vernachlässigten und in der Praxis nicht umsetzbar seien.

Diskutierten in Hachenburg über schulische Inklusion (v.l.n.r.) CDU-Stadtbürgermeisterkandidat Tobias Petry, Landrat Achim Schwickert, Förderschullehrerin Daniela Krobb-Werz, stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Jenny Groß, Prof. Dr. Marion Felder Hochschule Koblenz sowie Schulleiter und stellv. Landesvorsitzender des Realschullehrerverbandes Wilfried Rausch



Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Westerwaldkreis mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.



Lokales: Hachenburg & Umgebung

Jetzt Fan der WW-Kurier.de Lokalausgabe Hachenburg auf Facebook werden!


Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus der Region


Theaterstück „Die große Nein-Tonne“: Kinder stärken und schützen

Hachenburg. Das Theaterstück drehte sich um die Frage: "Was gehört in die große Nein-Tonne?" Zusammen mit den Darstellern ...

Massenkarambolage auf winterglatter Autobahn: Sieben Fahrzeuge betroffen

Region. Gegen 23 Uhr kam es zwischen den Anschlussstellen Ransbach-Baumbach und Dierdorf zu einem Verkehrsunfall mit sieben ...

Neuer Headcoach der Fighting Farmers Montabaur: Tino von Eckardt tritt am 1. Dezember an

Montabaur. Der A-Lizenz-Trainer Tino von Eckardt bringt eine beeindruckende Karriere von 40 Jahren als Spieler und Trainer ...

Mehrere Verkehrsunfälle in Westerburg - Drogenbeeinflussung und unangepasste Bereifung als Ursache

Region. Gegen 12.15 Uhr kam es zu einem Unfall auf der K34 zwischen Hof und Stein-Neukirch. Ein 21-jähriger Mann verlor in ...

Unfall durch Schneeglätte und Sommerreifen - E-Auto erfordert aufwendige Bergung

Wittgert/Wirscheid. Um 23.50 Uhr kam es auf der L 306 zwischen Wittgert und Wirscheid zu einem Verkehrsunfall. Der allein ...

Apfel oder Kapsel - Verbraucherzentrale klärt auf, was wirklich in Nahrungsergänzungsmitteln steckt

Region. In diesem 90-minütigen Web-Seminar gibt Katrin Deußen, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, ...

Weitere Artikel


CDU-Kandidatenliste für Hachenburger Altstadt

Hachenburg. „Wir wollen nicht nur in der Stadt stärkste Fraktion werden und den Stadtbürgermeister stellen, sondern auch ...

WFG-Arbeitsprogramm 2014

Montabaur. Keine Frage: Die Westerwälder Wirtschaft brummt. Die Arbeitslosenzahlen sind rekordverdächtig niedrig, und die ...

Jugendliche auf den Spuren der „Tiger auf leisen Pfoten“

Hachenburg. An vielen spannenden Stationen waren die Kinder zum eigenständigen Erleben, Malen, Basteln und zu einem Wildkatzenquiz ...

Dekanat Selters blickt auf gelungene Visitation zurück

Höhr-Grenzhausen. Nun ist der Austausch zu Ende, und die Mitglieder der Dekanatssynode nahmen sich auf ihrer jüngsten Tagung ...

Bären machen mit Sieg im Pokal das Triple perfekt

Das Triple ist perfekt: Der EHC Neuwied gewann nach dem 13:5-Erfolg im Hinspiel auch das Rückspiel um den Rheinland-Pfalz-Pokal. ...

Vortrag: Beziehungs- und Erziehungsverhalten fördern

Marienrachdorf. Fast 100 Eltern, Lehrer/innen und Erzieher/innen aus den Kindertagesstätten und Grundschulen der Verbandsgemeinde ...

Werbung