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Nachricht vom 09.04.2014    

Däumchen drehen – keine Hände, keine Langeweile

Ein gelungener Kabarettabend an der Anne-Frank-Realschule plus Montabaur mit Rainer Schmidt brachte die Menschen zum Lachen und Nachdenken gleichzeitig.

Fotos: Privat

Montabaur. Ein außergewöhnlicher Kabarettabend fand in der Aula der Anne-Frank-Realschule plus statt. Der 49-jährige, aus dem Oberbergischen stammende Kabarettist, evangelische Pfarrer und mehrfache Weltmeister und Paralympicsieger im Tischtennis, Rainer Schmidt, begeisterte mit einem zum Nachdenken anregenden und gleichzeitig sehr unterhaltsamen fast dreistündigen Programm.

Von Geburt an fehlen Rainer Schmidt beide Unterarme, nur am linken Oberarm sitzt ein kleiner Daumenansatz. Auch sein rechtes Bein ist verkürzt und muss durch eine Prothese verlängert werden. Die Ursache hierfür war lange fraglich. Schmidt geht heute vom Femur-Fibula-Ulna-Syndrom als Grund für seine Behinderung aus. Er ist zu 100 Prozent schwerbehindert und bezeichnet sich selbst als „Totalschaden“.

Ihm wurde jedoch erst klar, dass er anders war, als seine Eltern ihn an einer Sonderschule anmeldeten. Dort traf er auf Kinder, die er für „komisch“ hielt, da sie anders waren als diejenigen, mit denen er zuvor sechs Jahre lang in seinem Dorf gespielt hatte. Sein Leben lang denkt er über das Thema „Behinderung“ nach. Sein bisheriges Ergebnis: Behinderung ist zuallererst Verunsicherung. Seine Erscheinung löst bei Nicht-Behinderten zunächst Irritationen aus. Um die Berührungsängste seiner Mitmenschen zu überwinden, hat Schmidt bestimmte Strategien entwickelt. Überhaupt sind neben Strategien Hilfsmittel wichtig, um die täglichen Herausforderungen des Lebens meistern zu können. Weitaus wichtiger aber sind Hilfsmenschen, die fragen, ob und wie sie helfen können.



Von seinen damaligen Konfirmanden bekam Schmidt auf die Frage, was der Unterschied zwischen behinderten und nicht-behinderten Menschen sei, die Antwort: „Behinderte Menschen können das nicht, was nicht-behinderte Menschen können.“ Darauf bat er die Zuschauer, ihm die Dinge zu nennen, die er in ihren Augen nicht könne. Ergebnis dieser Befragung war die Erkenntnis, dass jeder irgendetwas nicht kann. Keiner kann alles, auch nicht alles lernen. Jeder kann irgendetwas nicht, also sind alle Menschen irgendwie behindert.

Mit humorvollen und amüsanten Beiträgen, Sketchen und Witzen brachte Rainer Schmidt seine Zuschauer zum Lachen und Nachdenken über ein sehr komplexes Thema: das Zusammenleben von behinderten und nicht-behinderten Menschen.

In seiner Zugabe begeisterte Schmidt sein Publikum mit einem Tischtennisspiel. Als Partnerin meldete sich Elke, eine erfahrende Tischtennisspielerin aus der Oberliga. Rainer Schmidt jedoch beherrschte und kontrollierte das Spiel vom ersten Moment an.

Schmidt dankte dem Publikum mit den Worten: „Wenn Grenzen so völlig normal sind, dass sie nicht mehr auffallen, dann ist dies die schönste Art von Grenze. Eine Mensch ohne Macke ist Kacke.“

Schulleiter Ernst Carstensen bedankte sich bei dem Kabarettisten für einen Abend „den wir nie vergessen werden und der uns viel zum Nachdenken mit auf den Weg geben wird.“

Dank gilt der Sozial-AG unter der Leitung von Dieter Große-Heilmann, die für das leibliche Wohl sorgte und welcher der Erlös des Abends zugute kommt.


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