Westerwaldkreis spart auf Kosten der Jugend und Bedürftigen
Der sozialpolitische Sprecher der SPD-Kreistagsfraktion, Uli Schmidt (Horbach), stellt fest, dass die Kreisverwaltung bei der Jugendhilfe oft zu kurz denkt. Gespart werde auch an den Sozialleistungen für arme und hilfsbedürftige Mitmenschen.
Westerwaldkreis. Der Westerwaldkreis steht finanziell im Vergleich zu den anderen Kreisen im Norden von Rheinland-Pfalz relativ gut da. Ein Grund dafür ist neben einer positiven wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung die Tatsache, dass der Westerwaldkreis bei den Ärmsten und Hilfebedürftigsten unverhältnismäßig viel spart. „Immer mehr Menschen in unserem Kreis müssen um das kämpfen, was Ihnen zusteht, da ihnen die angemessene Hilfe versagt wird“, stellt der sozialpolitische Sprecher der SPD-Kreistagsfraktion, Uli Schmidt (Horbach), fest.
Nach Mitteilung des Sozialdemokraten melden sich immer mehr Leute mit der Bitte um fachlichen Beistand in dem Bestreben, die gesetzlich vorgesehenen Sozial- und Jugendhilfeleistungen vom Kreis auch zu bekommen. „Oft sind das Leistungen“, so Schmidt, „die dazu beitragen sollen, jungen Menschen ein selbständiges Leben zu ermöglichen ohne künftig an einem öffentlichen Fördertopf zu hängen“. Doch in der Kreisverwaltung werde zunehmend nicht mit dem nötigen Weitblick gedacht und gehandelt.
Der Vergleich mit den Nachbarkreisen zeigt, dass im Westerwaldkreis wohl wirklich etwas schief läuft. So wendete unser Kreis gemäß veröffentlichter Zahlen des Statistischen Landesamtes im Jahr 2013 für die Jugendhilfe pro Kopf der Bevölkerung 310 Euro auf. Im Kreis Altenkirchen sind es 527 Euro, in Neuwied 411 Euro, im Rhein-Lahn-Kreis 380 Euro und in Mayen-Koblenz 379 Euro. „Es fällt schwer, bei diesen Unterschieden von gleichen Chancen vieler Kinder und Jugendlicher im Westerwaldkreis zu sprechen“, stellt Uli Schmidt ernüchtert fest.
Ähnlich sieht es bei der Gewährung von Wohngeld aus, wo im Westerwaldkreis 0,72 Prozent mit dieser Unterstützungsform beim menschenwürdigen Wohnen geholfen wird. Dies sind in Neuwied 1,11 Prozent, in Altenkirchen 0,92 Prozent, in Mayen-Koblenz und im Rhein-Lahn-Kreis je 0,88 Prozent. Auch für Asylbewerber sieht es in den anderen Kreisen bei den Ausgaben je Einwohner für die Betroffenen besser aus: Altenkirchen 13 Euro, Mayen-Koblenz 12 Euro sowie Neuwied und Rhein-Lahn-Kreis je 11 Euro. Der Westerwaldkreis wendet für die oft aus Kriegsgebieten kommenden Flüchtlinge nur 7 Euro auf.
Die Sozialhilfe hat ihre frühere Bedeutung zwar verloren, aber auch hier gibt es bei der Zahl der Empfängerinnen und Empfänger Unterschiede: Bei uns beziehen nur noch 1.733 Personen diese „Stütze“, das sind 0,87 Prozent der Bevölkerung im Westerwaldkreis. Dagegen wird Sozialhilfe in Altenkirchen 1,33 Prozent gewährt, in Neuwied 1,24 Prozent, im Rhein-Lahn-Kreis 1,20 Prozent und in Mayen-Koblenz 1,07 Prozent. Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt liegen die Bruttoausgaben der genannten Kreise je Einwohner zwischen 9 Euro im Westerwaldkreis und 15 Euro im Rhein-Lahn-Kreis. „Ich bezweifle, dass diese Unterscheide allein durch eine bessere Struktur bei uns zu erklären sind“, meint der SPD-Mann.
Auch bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung liegen die Empfängerzahlen bei allen Nachbarn über dem Westerwaldkreis (9,1 Personen je 1.000 – mit einem Aufwand von 31 Euro je Einwohner. Dies sind in Neuwied 13,5 – 52 Euro, im Rhein-Lahn-Kreis 12,7 – 50 Euro, in Mayen-Koblenz 12,6 – 54 Euro und in Altenkirchen 10,5 – 45 Euro. Bei weiteren Hilfearten nach dem SGB XII zeigt sich eine ähnliche Differenz.
Auch die Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II (Hartz IV) soll kurz betrachtet werden. Auch hier schneidet der Westerwaldkreis mit einer SGB II-Quote (Leistungsempfänger in Relation zu den Einwohnern) am „günstigsten“ ab: unsere Quote beträgt 4,8 Prozent. Die in Neuwied 7,3 Prozent, Altenkirchen 6,6 Prozent, Mayen-Koblenz 6,5 Prozent und Rhein-Lahn-Kreis 5,4 Prozent. Diese Unterschiede sind teilweise sicher durch die geringe Arbeitslosigkeit und die relativ gute Arbeit des Jobcenters Westerwald zu erklären.
SPD-Sozialpolitiker Uli Schmidt bezweifelt, dass die geringeren Sozialausgaben des Westerwaldkreises allein mit einer sparsameren Haushaltsführung zu erklären sind. „Bei Anwendung gleicher Bedürftigkeitskriterien müsste den Leistungsempfängern und Leistungsempfängerinnen bei uns wahrscheinlich ein zweistelliger Millionenbetrag mehr zur Verfügung gestellt werden“, so Schmidt. Es gelte künftig dafür zu sorgen, dass die Bedürftigen auch im Westerwaldkreis das bekommen was Ihnen zusteht – nicht mehr, aber auch nicht weniger.