Kirchenasyl für syrische Flüchtlinge in Höhr-Grenzhausen
Die Evangelische Kirchengemeinde Höhr-Grenzhausen gewährt einer fünfköpfigen Flüchtlingsfamilie aus Syrien Kirchenasyl. Seit Montag, den 8. Juli leben das Ehepaar und deren drei Kinder im Gemeindehaus und sollen dadurch vorläufig der Abschiebung entgehen, die sie am 10. Juli erwartet hätte.
Höhr-Grenzhausen. Der Kirchenvorstand der evangelischen Kirche in Höhr-Grenzhausen hat beschlossen, die Syrer bis zu einem halben Jahr lang im Gemeindehaus zu beherbergen. Sie entgehen damit der Abschiebung nach Bulgarien.
Seit Anfang des Jahres sind Kameran Khello und seine Frau Sonia Hamsoro mit ihren Kindern Rezan, Ferhad und Berivan in Deutschland. Zuvor floh die aus Aleppo stammende Familie mehrmals vor dem Bürgerkrieg: zunächst innerhalb Syriens und wenig später nach Bulgarien. Dort lebten sie unter widrigen Umständen in völlig überfüllten Camps und Flüchtlingswohnungen. Wegen der so genannten Drittstaatenregelung würden sie im Falle der Abschiebung wieder dorthin zurückkehren: Bulgarien gilt als sicherer EU-Staat, und da die Familie über dieses Land eingereist ist, sind ihre Chancen auf ein Bleiberecht in Deutschland gering.
„Es ist unser Ziel, dass Familie Khello dauerhaft hierbleiben darf“, unterstreicht Pfarrer Matthias Neuesüß. „Zumindest aber soll sie durch das Kirchenasyl Zeit gewinnen, um ihre Perspektiven zu klären und gegebenenfalls erst dann nach Bulgarien zurückkehren müssen, wenn sich die Verhältnisse vor Ort gebessert haben. Denn die sind wegen heillos überlasteter Auffanglager zurzeit eine Katastrophe.“
Allerdings bessert sich die Lage nach Angaben des Diakonischen Werks im Westerwaldkreis allmählich: „Bulgarien hat seine Grenzkontrollen und Einreisebestimmungen drastisch verschärft, wodurch sich – so zynisch das klingt – die Situation in den Flüchtlingslagern langsam entspannt“, weiß Diakonie-Leiter Wilfried Kehr. „Falls die Familie erst in einem halben Jahr dorthin zurückkehrt, wäre es zwar nicht das, was wir uns wünschen, aber immer noch ein besserer Zeitpunkt als der jetzige.“
Bis dahin möchten Kirchengemeinde und Diakonie unterdessen alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, damit Familie Khello womöglich doch noch in Deutschland bleiben darf. Die Gemeinde sucht engen Kontakt mit dem Asylbeauftragten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, der Härtefallkommission des Landtags und verschiedenen Juristen. „Die Khellos bemühen sich wirklich um Integration: Sie besuchen Deutschkurse; viele unserer Familien unterstützen sie und setzen sich für sie ein; die Eltern sind Akademiker, und die Kinder sind in der Schule und in Vereinen beliebt. Solche Leute brauchen wir in Deutschland. Da kann mich auch niemand vom Gegenteil überzeugen“, sagt Neuesüß und spricht damit offenbar etlichen Menschen aus der Seele. Denn die Hilfsbereitschaft, die er nicht nur in der eigenen Gemeinde erlebt, ist enorm. „Die Sache war von Anfang an eine ökumenische Initiative mit großer Unterstützung der katholischen Kirche“, sagt er. „Die Katholiken stellen uns Räume zur Verfügung, in die unsere Gruppen ausweichen können, geben uns finanzielle Hilfe und greifen uns wo es geht unter die Arme.“
An den rechtlichen Fakten ändert sich dadurch wohl nichts. Und selbst ein vorübergehendes Bleiberecht aufgrund der Traumatisierung der Mutter würde die Familie auseinander reißen, statt ihr zu helfen. Denn die Regelung könnte nur bei der Frau und ihrer Tochter greifen. Der Mann sowie die beiden volljährigen Söhne haben kaum Chancen, der Abschiebung zu entgehen.
Bislang weiß also niemand, was nach dem Kirchenasyl mit Familie Khello geschehen wird. Und auch die kommenden Monate werden für die Flüchtlinge schwer. Denn die Syrer dürfen das Gemeindehaus und dessen Gelände bis auf weiteres nicht verlassen. Tun sie das doch, könnten sie aufgegriffen und abgeschoben werden.
Wer Familie Khello helfen möchte, kann sich bei der Evangelischen Kirchengemeinde Höhr-Grenzhausen melden: Telefon 02624/7204. Ob es Hilfe beim Einkaufen oder das Waschen von Wäsche ist: Jede Art der Unterstützung ist willkommen. (bon)
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