„Risiko Pflegefall“ war Thema in Wirges
Pflegekosten sind für viele Familien eine tickende Zeitbombe. Die Pflegeversicherung deckt nur einen Teil der Kosten ab. Vermögensverhältnisse müssen zur Bezuschussung offen gelegt werden und auch das Vermögen der Kinder kann angezapft werden.
Wirges. In vielen Familien tickt eine finanzielle Zeitbombe und die wenigsten ahnen das: Die Rede ist von einer drohenden Pflegebedürftigkeit! Den Betroffenen und Angehörigen die Angst vor einem solchen Fall zu nehmen, war Ziel einer Veranstaltung im DRK-Seniorenzentrum „Am Merzenborn“ in Wirges. Gemeinsam eingeladen dazu hatten das Forum Soziale Gerechtigkeit und der Kreisverband Westerwald des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).
Wie viele Menschen in der Region dieses Thema betrifft, zeigte das überaus große Interesse: Der Saal war überfüllt und es konnten kaum genug Stühle herbeigeschafft werden. Erfreut begrüßte DRK-Pflegereferent Olaf Reineck die vielen Gäste und stellte kurz das Alten- und Pflegeheim sowie die beiden benachbarten Einrichtungen des Betreuten Wohnens vor: „Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht die professionelle Aktivierung, um das selbständige Leben im Alter angemessen zu fördern“, so Reineck.
Mit dem „Risiko Pflegefall“ setzten sich dann die Fachanwälte für Familien- und Erbrecht, Dr. Mathias Schäfer und Christel Höhler-Heun, von der Limburger Kanzlei „Schäfer und Kollegen“ in ihrem fast zweistündigen Vortrag auseinander. Die nicht ganz einfache Problematik wurde anschaulich am Fall einer Beispielfamilie verdeutlicht. Dabei wurden viele Fragen der – meist selbst betroffenen - Teilnehmenden einbezogen.
„Fakt ist“, so Dr. Schäfer, „dass die Pflegeversicherung nur einen Teil der Kosten abdeckt“. Daraus könne sich bei einer mittleren Pflegestufe schnell ein monatlicher Eigenaufwand der Familie von über 1.500 Euro ergeben. Grundsätzlich müsse der Pflegebedürftige die Kosten selbst tragen, was aber wegen zu geringer Rente und fehlendem Vermögen oft nicht möglich sei. Dies bedeute: das Sozialamt leiste und hole sich das Geld bei den Kindern zurück.
„Dann müssen die Nachkommen und deren Familien ihre finanziellen Verhältnisse offen legen“, stellte Christel Höhler-Heun fest. Bei einem ausreichenden Einkommen und Vermögen sei dann für die Heimkosten der Eltern einzustehen. Dabei sei jedoch ein monatlicher Selbstbehalt in Höhe von mindestens 1.600 Euro frei und auch die Unterhaltskosten für die eigenen Kinder könnten herausgerechnet werden. Außerdem Beiträge zur eigenen Altersvorsorge und berufliche Aufwendungen sowie Versicherungsbeiträge.
Die Referenten wiesen auch darauf hin, dass bei nicht ausreichendem Einkommen auch das Vermögen der Kinder angezapft werden kann. Dabei gebe es jedoch ein im Einzelfall festzusetzendes Schonvermögen. Auch ein angemessenes Eigenheim sei grundsätzlich geschützt. „Allerdings gilt das nicht für das Erbe der Kinder!“, so Dr. Mathias Schäfer.
„Sie sollten mit dem Sozialamt verhandeln und ihre Lebenssituation ausführlich erklären“ riet Christel Höhler-Heun. So dürfe keinesfalls die Altersvorsorge der Kinder gefährdet werden, weil das Sozialamt eine zu hohe Kostenbeteiligung zur Pflege der Eltern fordere.
Der Sprecher des Forums Soziale Gerechtigkeit, Uli Schmidt (Horbach), dankte am Schluss den beiden „Juristen mit Herz“ für ihren fachkundigen und allgemeinverständlichen Vortrag und den Gästen für die richtigen Fragen aus dem Pflegealltag. Er empfahl bei Fragen rund um die Pflege immer den örtlich zuständigen Pflegestützpunkt einzubeziehen. Schmidt lud abschließend zur nächsten Veranstaltung des Forums am 4. August in Höhr-Grenzhausen ein, bei dem es um Unterstützungsmöglichkeiten durch Technik beim Wohnen im Alter gehen wird.
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