Oettinger fordert „kluge Energiestrategie“
Steigende Strompreise für Wirtschaft und Privatpersonen, erneuerbare Energien, wachsender Bedarf: Das Thema Energie ist und bleibt aktuell. Nun stand es auf der Agenda des diesjährigen Wirtschaftstages des „marienthaler forums“. Als Redner war Günther Oettinger, Vizepräsident der EU-Kommission, nach Altenkirchen gereist, der besonders kritische Aspekte hervorhob und deshalb die Zukunft in einer gesamteuropäischen Strategie sieht
Altenkirchen. Nein, nicht alle Themen müssten europäisch zu entscheiden sein, aber: „Energie braucht europäische Lösungen, Energie braucht große und kleine Lösungen und Energie braucht deutsche Ingenieurskompetenz.“ Zu diesem Fazit kam Günther Oettinger, EU-Kommissar für Energie, zum Abschluss seiner Rede in der Stadthalle Altenkirchen. Oettinger sprach dabei am Freitag im Rahmen des Wirtschaftstages, der in loser zeitlicher Folge vom „marienthaler forum“ veranstaltet wird und bei dem dieses Mal die Westerwald Bank und die IHK als Kooperationspartner mit an Bord waren. „Energiesicherheit, industrielle Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz - Argumente für eine Europäisierung der Energiepolitik“ – so war der Vortrag des ehemaligen Ministerpräsidenten betitelt und in der Tat beleuchtete er diverse Aspekte der Thematik.
Zunächst war es aber an Ulrich Schmalz, Initiator des „marienthaler forums“, die Gäste in der gut gefüllten Stadthalle willkommen zu heißen und an Manfred Sattler in seinem Grußwort zum Thema hinzuführen. Der Präsident der IHK Koblenz betonte, dass Energie sicher und bezahlbar zur Verfügung stehen müsse und kritisierte insbesondere den mangelnden Ausbau der Netze und fehlende Speicherkapazitäten. In Sachen Energiewende steht für ihn fest: „Der Ausbau der erneuerbaren Energien erfolgt unkoordiniert.“
Den Mangel in Sachen Netzausbau und Speicherkapazitäten beanstandete auch Oettinger in seiner Rede. Strom sei nicht speicherbar und vor allem auf dem Strom lag während des Wirtschaftstages der Fokus, denn: „Strom wird zunehmend das Maß aller Dinge.“ Gründe hierfür lieferte der CDU-Politiker gleich mit: Durch die fortschreitende Technisierung nehme der Strombedarf pro Arbeitsstunde und Produkt ständig zu und weltweit werde sich der Bedarf in den nächsten 35 Jahren versechsfachen. Begonnen aber hatte Oettinger mit einem Lob – für die deutsche Wirtschaft. Die vielen Unternehmen im produzierenden Gewerbe, in Handwerk und Industrie, sind für ihn Garanten für eine erfolgreiche Wirtschaft und einen stabilen Arbeitsmarkt. Wolle man im gewerblich-technischen Bereich weiterhin weltweit führend bleiben, gelte es, in Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur, in Bildung, aber eben auch in eine „kluge Energiestrategie“ zu investieren.
Bedroht sieht der Vizepräsident der EU-Kommission die Wirtschaft durch die hohen Energiepreise („Wenn wir die Industrie halten wollen, müssen wir bezahlbare Energiepreise haben.“) und den ungenügenden Netzausbau. Der sei nicht kostenlos zu haben und außerdem sei die Pflege eines Stromnetzes eine hochkomplexe Aufgabe: „Ohne die großen Energiekonzerne können wir nicht in der Champions League spielen.“
Der Überschrift seiner Rede entsprechend, ließ Oettinger den Blick aber auch über die deutschen Grenzen hinausschweifen. Nicht nur Deutschland brauche eine gemeinsame Energiestrategie, sondern ebenso müsse Europa in Sachen Energie mit einer Stimme sprechen. Und warum zum Beispiel nur Orangen aus Spanien importieren, warum nicht auch Solarstrom? Daher wo die Sonne eben öfter scheint. Denn zu oft, beklagte der Referent, versuche man „beim Thema erneuerbare Energien die Natur zur überlisten.“
Diese Worte fielen bereits nach Oettingers eigentlicher Rede, schloss sich der doch noch eine kleine Frage- und Diskussionsrunde an, bevor der EU-Kommissar, der mit fast einstündiger Verspätung in Altenkirchen erschienen war, zum nächsten Termin aufbrach. (bud)
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