Pfarrer Wehrmann verabschiedet sich aus Selterser Kirchengemeinde
Fast 3000 Tage war er Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Selters. Nun sagt Pfarrer Winfried Wehrmann den Menschen zwischen Wittgert und Selters adieu, um sich im Rahmen der kirchlichen Möglichkeiten beruflich zu verändern. Am 13. September wird er in einem Gottesdienst um 18 Uhr verabschiedet.
Selters. Ein Abschied, dem Winfried Wehrmann mit einem weinenden und einem lächelnden Auge entgegenblickt. Weinend deshalb, weil er in den vergangenen acht Jahren viel erlebt und bewegt hat: Während seiner Amtszeit hat der Kirchenvorstand einen neuen Leitspruch erarbeitet und von ihm her das Gemeindeleben gestaltet: „,Mensch sein – Glauben leben'. Das ist es, was uns bewegt“, sagt der scheidende Pfarrer. „Wir haben diesen Gedanken gemeinsam auf ganz unterschiedliche Art in die Tat umgesetzt – beispielsweise mit den neuen Fahrrad- oder Samstagssabendgottesdiensten, bei denen die Freude am Zusammensein, am gemeinsamen Beten, Singen und Essen immer eine besonders große Rolle gespielt hat.“ Überhaupt: das Essen, ergänzt Wehrmann mit einem Augenzwinkern: „Ich habe in den vergangenen Jahren erfahren, dass eine Kirchengemeinde eine gute Speisekarte haben muss, wenn sie wachsen will. Denn die gemeinsamen Mahlzeiten, zu denen wir eingeladen haben, empfanden unsere Gäste und ich immer als besonders schön.“ Glaube geht eben auch durch den Magen.
Doch während Wehrmanns Zeit haben sich nicht nur die Samstagsabendgottesdienste etabliert. Der Pfarrer hat auch stets das Gespräch mit denjenigen gesucht, die jenseits der Kirchengemeinde stehen – mit der Kommune, der katholischen Kirche und auch der muslimischen Gemeinde. „Mein Wunsch war es immer, in die Stadt Selters hineinzugehen, statt im Elfenbeinturm von oben auf die Dinge zu blicken. Selters ist eben ein multikultureller Ort, in dem am gute Miteinander der Religionen kein Weg vorbei führt – und in dem wir als evangelische Christen besonders gefordert sind. Ich bin deshalb froh, dass auch wir als Kirchengemeinde dazu beigetragen haben, dass die Kulturen aufeinander zugehen“, sagt Wehrmann und lobt die multikulturelle Arbeit des Evangelischen Kindergartens und den Gesprächskreis, in dem sich Vertreter der Religionen regelmäßig austauschen. „Gerade die Kita hat sich in dieser Hinsicht enorm weiterentwickelt. Und sie hat auch auf anderen Gebieten der frühkindlichen Förderung und familienorientierten Arbeit viel Neues geleistet“, unterstreicht der Pfarrer.
Mensch sein. Das lag und liegt Wehrmann am Herzen. Auch, wenn er auf das Miteinander innerhalb der Gemeinde blickt. „Die Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher haben in den vergangenen Jahren viel mitgedacht und etliches zum Wohl der Gemeinde gestemmt. Natürlich gehört es zum Mensch sein dazu, dass dieses Miteinander nicht immer leicht ist. Aber ich blicke dankbar auf die Zusammenarbeit und Unterstützung zurück. Es wäre sicherlich schön gewesen, wenn mehr Menschen aus der Gemeinde mitgeholfen hätten. Aber das kann ja noch werden.“
Zu den Außenorten pflegte die Gemeinde ebenfalls regelmäßige Kontakte – auch dank des guten Drahts zu ihrem katholischen Gegenüber. „Das führte dazu, dass manche Veranstaltung, etwa der Gottesdienst zu Himmelfahrt, im wahrsten Wortsinn in die Haiderbachgemeinden wanderte“, erinnert sich Wehrmann.
Glauben leben. Jetzt blickt Winfried Wehrmann mit einer gehörigen Portion Gottvertrauen in die Zukunft. Denn noch weiß er nicht, wohin es ihn nach 3000 Tagen als Pfarrer in Selters verschlägt. „Ich bin der Pröpstin beigeordnet und werde zunächst Vertretungen in vakanten Kirchengemeinden übernehmen, um überlastete Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen. Was danach kommt, werden wir sehen“, sagt er. „Trotzdem kehre ich Selters nicht einfach so den Rücken zu: Meine Frau und ich wollen weiterhin hier oder in der Nähe wohnen.“
Seiner ehemaligen Kirchengemeinde wünscht er, dass das Miteinander zwischen Protestanten, Kommune und Religionen eine immer größere Rolle spielt. „Ich träume für Selters von einem Netzwerk der Generationen und Kulturen. Sicher – das ist eine mühsame, langfristige Aufgabe. Aber dieses Miteinander ist für einen so bunten Ort wie Selters unglaublich wichtig. Ich hoffe, dass das meine Nachfolgerin oder mein Nachfolger im Blick behält: die Offenheit für die Menschen und die Sensibilität für das, was um die Gemeinden herum passiert.“ (bon)
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