Westerwald braucht eine „Kultur des Willkommens“
Der Westerwald ist zweifelsfrei in vielen Bereichen auf einem guten Weg. Mit dem in der Region sprichwörtlichen „frischen“ Wind werden immer wieder frische Ideen geboren und oft realisiert. Darin waren sich alle Redner beim Neujahrsempfang im Ignatius–Lötschert-Haus in Horbach einig.
Horbach. Zu Wort kamen beim Neujahrsempfang drei „Wäller aus Überzeugung“. Sie versuchten Antworten zu geben auf die Frage des Abends: „Der Westerwald – sozial, wirtschaftlich, touristisch und politisch auf gutem Weg?“
Ein aktuelles Thema zog sich dabei durch das gesamte Programm: Der Westerwald braucht eine „Kultur des Willkommens“. Dies gilt für Flüchtlinge, die bei uns Schutz suchen genauso wie für Urlauber, die sich in unserer schönen Mittelgebirgslandschaft erholen wollen. Insbesondere sollen sich Menschen, die ihr Leben vor Unrecht und Gewalt gerettet haben, im Westerwald sicher und beschützt fühlen. Es wurde auch klar, dass viele von diesen sehr leistungswillig sind und in unserer alternden Gesellschaft gebraucht werden.
Eingeladen zum Neujahrsempfang hatte das Seniorenheim Ignatius-Lötschert-Haus in Horbach gemeinsam mit dem Förderverein der Einrichtung. Vereinsvorsitzender Uli Schmidt (Horbach) wies bei der Begrüßung die fast 100 Gäste mit einem Sprichwort aus Griechenland auf die Bedeutung älterer Menschen in der Gesellschaft hin: „Wenn Du keinen alten Menschen im Hause hast, so leih dir einen“. Heimleiter Bernd Eberz stellte die Einrichtung der Barmherzigen Brüder von Montabaur mit 101 Pflegeplätzen als mittelständischen Betrieb mit über 130 Arbeitsplätzen im Buchfinkenland kurz vor und würdigte insbesondere die wertvolle Unterstützung durch 25 Ehrenamtliche.
Unter den vielen Gästen waren stellvertretend für die Barmherzigen Brüder der Generalobere Bruder Stephan sowie der Geschäftsführer und Trägervertreter Bruder Michael am zweiten Todestag des langjährigen Vorstehers Bruder Christoph dabei. Gekommen waren auch Gäste aus der Politik, darunter die beiden heimischen Landtagsabgeordneten Gabi Wieland und Dr. Tanja Machalet sowie der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Montabaur, Edmund Schaaf. Auch dabei: Vertreter aus Wirtschaft, Sparkasse, Pflege und Wohlfahrtsverbänden sowie von Behörden, örtlichen Vereinen und Kirchen.
„Wirtschaftlich sind wir in der Region auf einem hervorragenden Weg“, stellte Rainer Raabe als ersten „Kurzredner“ fest. Der Seniorchef des erfolgreichen mittelständischen Unternehmens Itex-Gaebler - Industrie-Textilpflege GmbH & Co. KG mit Sitz in Montabaur und neuer Niederlassung in Heiligenroth lobte, wie die Westerwälder Wirtschaft ständig notwendige Änderungen bewältigt. Er forderte den starken Zuzug von Flüchtlingen und Migranten als demographische Chance zu nutzen. „Diese oft jungen und gut ausgebildeten Menschen können den künftigen Arbeitskräftebedarf etwas abmildern“, meinte Raabe.
Mit dem sozialen Aspekt der „Westerwaldfrage“ beschäftigte sich der langjährige frühere Westerwälder Caritasdirektor Detlef Dillmann. Auch er stellte für diesen Bereich anhand einiger Beispiele von neuen Wohnformen für Ältere bis zur Inklusion fest, dass wir auf gutem Weg sind. Die kommunale Sozialpolitik müsse von Überzeugungen und Werten getragen werden, durch die unsere Gesellschaft zusammengehalten wird. Dillmann regte die Erarbeitung von „Sozialpolitischen Leitlinien für den Westerwald“ an. Er ging auch auf das Thema Flüchtlinge ein und meinte dazu: „Wir müssen eine inhaltliche Debatte darüber führen und deutlich machen, dass wir durch die Aufnahme dieser Menschen nicht nur geben, sondern auch viel erhalten“.
Als „Lügenbaron Paul von Monte Taboro“ war Montabaurs Stadtführer Paul Widner ins Buchfinkenland gekommen, um im Kostüm des Barons von der touristischen Entwicklung zu schwärmen. Wer sich von ihm durch die Kreisstadt führen lässt, wird ganz gewaltig an der Nase herum geführt. Touristen können bei ihm sogar eine Prüfung als „Diplom Lügner“ bestehen (und dieses von der Steuer absetzen!). Immerhin 50-Mal durfte er 2014 im Auftrag der Stadt den Gästen einen Bären aufbinden. Widner lobte die touristische Entwicklung rund um die Kreisstadt, stellte aber fest: „Wir müssen noch mehr für unsere tolle Region werben und auch für Touristen die Willkommenskultur weiter verbessern“. Bedauert wurde, dass die langjährige Landtagsabgeordnete Ulla Schmidt krankheitsbedingt kurzfristig absagen musste und somit nichts zum Aspekt der politischen Entwicklung im Kreis beitragen konnte.
Neben der angenehmen Atmosphäre im festlich gestalteten Gesellschaftsraum des Hauses und einem überaus gelungenen Büfett zum Abschluss, gab es noch einen weiteren Leckerbissen: Gitarrenmusik von Zoe Scott und Volker Höh vom Landesmusikgymnasium. Musiklehrer Höh war kurzfristig für einen erkrankten Schüler eingesprungen und begeisterte im Duo mit seiner Schülerin insbesondere mit dem zweiteiligen und zum Thema des Abends passenden Werk „Der Aufschwung“. Was die beiden den begeisterten Gästen boten, war einfach grandiose Kunst. Kein Wunder, gilt Höh doch als einer der vielseitigsten und besten deutschen Gitarristen. Als Botschafter des Goethe-Instituts ist er sogar auf den Konzertbühnen der Welt unterwegs.
Heimleiter Bernd Eberz verabschiedete die Mitwirkenden mit einen kleinen Präsent. Moderator Uli Schmidt äußerte abschließend einen Wunsch: der Förderverein soll endlich das 200. Mitglied begrüßen dürfen. Das soll bis zum nächsten Neujahrsempfang in Erfüllung gehen. Sicher wieder mit einem interessanten Programm.
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