Neuer Rückerother Pfarrer lebt Theologie der Gastfreundschaft
Für Peter Boucsein schließt sich ein Kreis: Der Pfarrer ist in den Westerwald zurückgekehrt. Zwar nicht nach Montabaur, wo er von 1983 bis 2009 die Evangelische Kirchengemeinde betreute, sondern nach Rückeroth; etwas abseits von der großen Kreisstadt.
Rückeroth. Trotzdem verbindet Boucsein mit diesem Ort viele Erinnerungen und wird bei seinem Einführungsgottesdienst in der Rückerother Kirche mit offenen Armen empfangen. Fast wie ein alter Freund, der eigentlich nie ganz weg war.
Die Rückerother sind froh über ihren „Neuen“. Nicht nur, weil der die rund anderthalb Jahre währende Vakanz beendet. Sondern weil sie wissen, welche wichtigen Impulse Boucsein im Westerwald gesetzt hat: als Gemeindepfarrer in Montabaur und als einer der Gründer des Vereins „Missionarische Basis Westerwald“, der noch heute unter anderem die Arbeit der Herschbacher Gemeindeleiter Michael und Katrin Kleck finanziert.
2010 folgt dann der Wechsel nach Wiesbaden. Ein – um es vorsichtig zu formulieren – Kontrast zu seiner Stelle in Montabaur. Denn das Stadtviertel, in dem Boucsein nun arbeitet, gehört zu den ärmsten in Wiesbaden und ist ein Sammelbecken für Menschen aus fast 70 Nationen. Boucsein schafft es in den kommenden Jahren trotzdem, das Evangelium so zu verkünden, dass es die Menschen erreicht, anspricht und berührt. „Peter Boucsein liegt die Theologie der Gastfreundschaft am Herzen. In Wiesbaden hat er sie immer wieder in die Tat umgesetzt“, erzählt Dekan Wolfgang Weik während des Einführungsgottesdienstes. „Er hat den Dialog mit anderen Religionen gesucht und gemeinsame Gottesdienste mit den unterschiedlichsten christlichen Konfessionen gefeiert“, sagt der Dekan und hofft, dass sich Boucsein die Gastfreundschaft auch in Rückeroth bewahrt - „und dass er uns mit seiner Offenheit und dem Vertrauen auf Gott ansteckt“.
Dass Boucsein ein Freund offener Worte ist, beweist er während seiner Predigt. In ruhigen, aber eindringlichen Worten erteilt er all denen eine klipp und klare Absage, die das Reich Gottes mit Gewalt verbreiten wollen – in welcher Religion auch immer. „Jesus würde nie eine Bibel nehmen und andere damit erschlagen. Stattdessen sagt er: ,Liebt Eure Feinde!'. Das Reich Gottes ist Liebe, weil Gott die Liebe ist. So einfach ist das mit dem christlichen Glauben“, sagt er. „Für uns bedeutet das: Miteinander wach, aufmerksam und nüchtern sein. Ohne Ideologien. Ohne materialistischem Wahn zum Opfer zu fallen. Und ohne Political Correctness, in der vieles oft beschönigt und verschwiegen wird.“
Stattdessen wünscht Boucsein seinen Zuhörern, zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit zu suchen. „Wir können Barmherzigkeit üben – zum Beispiel an den vielen Flüchtlingen im Westerwald. Wir können einem Leitbild folgen, das sich gut am Wörtchen ,einander' festmachen lässt: einander ehren, einander annehmen, einander dienen, kümmern, vergeben, Gutes tun, einander Mut machen, Verfehlungen bekennen, miteinander beten.“
Im Westerwald schließt sich für Peter Boucsein nun also ein Kreis, der hier vor rund 30 Jahren seinen Anfang genommen hat. Und obwohl es die wahrscheinlich letzte Station vor seinem Ruhestand ist: Zufrieden geben will sich der neue Rückerother Pfarrer noch lange nicht: „Die aufrichtige Liebe untereinander – das ist ein großes Programm für die Gemeinde. Bis wir liebesfähig sind, ist es noch ein weiter Weg. Und keiner soll behaupten, er wäre schon am Ziel. Aber wenn wir uns gemeinsam auf diesen Weg machen, sorgt Gott unterwegs für die Verpflegung und lässt keinen zu kurz kommen.“ bon
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