Melda Akbas: „Kehre mit gutem Gefühl in die Schule zurück“
Die Buchautorin aus Berlin gab Impulsvortrag bei Infoveranstaltung „Ab In die Zukunft“ in der Berufsbildenden Schule in Westerburg. Die Autorin des Buchs „Warum fragt uns denn keiner? Was in der Schule falsch läuft.“, stellte sich den Fragen bezüglich Veränderungen ihrer Sichtweise.
Westerburg. Melda Akbas ist dieser Tage schwer zu erreichen. Die gebürtige Berlinerin hat einen vollen Terminkalender. Die Auslandssemester in New York und Buenos Aires sind abgeschlossen. In ihre WG in Berlin ist Anfang der Woche eine neue Mitbewohnerin eingezogen. Und dann kam ja auch noch jemand ihren alten Kleiderschrank abholen. „Lassen Sie uns am Mittwoch sprechen, da zieht niemand ein und niemand holt Schränke ab.“ Ende April wird Akbas 24 Jahre alt. Die gebürtige Berlinerin hat in Kreuzberg Abitur gemacht, studiert jetzt in ihrer Heimatstadt Jura. Und sie hat bereits zwei Bücher geschrieben. Eines aus der Sicht einer Schülerin und bundesweit viel diskutiert: „Warum fragt uns denn keiner? Was in der Schule falsch läuft.“ Im Rahmen des Informationstages „AB In die Zukunft“ der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Westerwaldkreises in der Berufsbildenden Schule in Westerburg am 14. April hielt Melda Akbas einen Impulsvortrag und nahm an einer Diskussionsrunde teil.
Frau Akbas, mit welchem Gefühl waren sie in eine Schule zurückgekehrt? Mit einem guten oder eher einem beklemmenden?
Mit einem guten Gefühl. Mit ein paar Jahren Abstand stellt sich fast so was wie Nostalgie ein. Ich bin aber auch deshalb mit einem guten Gefühl in die Schule gekommen, weil man im Alter die Dinge eher zu schätzen weiß. Zum Beispiel, dass viele Dinge im Schulalltag für einen geregelt werden – was man als Jugendlicher wahrscheinlich nicht so toll findet. Wenn man dann an der Uni ist und selbständig lernen muss, dann weiß man schon zu schätzen, was die Lehrer einem immer vorbereitet haben.
Heißt das: Wenn Sie das Buch heute schreiben würden, dann würde es anders klingen?
Das kann man so nicht sagen. Wenn ich es heute schreiben würde, dann würde ich es aus einer anderen Perspektive schreiben. Ich glaube, es würde immer anders klingen. Jetzt. Und auch in fünf oder zehn Jahren. Das Buch war damals eine authentische Momentaufnahme. So, wie ich es geschrieben habe, so habe ich Schule empfunden. Und ich habe mir damals sehr oft die Frage gestellt: Warum fragt eigentlich niemand die Schüler, was sie stört?
Was läuft denn schief an deutschen Schulen?
Das würde ich gerne an Beispielen deutlich machen. Das Thema Schule hört ja nie auf. Zum Beispiel, wenn ich mich heute mit Freunden unterhalte, die auf Lehramt studieren. Da tauchen immer wieder die gleichen Themen auf. Eine Freundin hat über drei Ecken nach ihrem Referendariat einen Arbeitsplatz bekommen, wo sie jetzt aber nicht Geschichte unterrichten wird, was sie eigentlich studiert hat, sondern Politikwissenschaft. Lehrer müssen heute die unterschiedlichsten Aufgaben auf einmal bewältigen können. Und die Ausbildung bereitet nicht wirklich darauf vor. Auf der anderen Seite sehe ich nach wie vor ein großes Problem bei der Diskriminierung von Kindern mit Migrationshintergrund oder aus sozial schwachen Familien. Das kriege ich heute noch in der eigenen Familie mit, etwa bei meiner Cousine, die – egal wie viel Mühe sie sich gibt – immer maximal mit einer 2+ nach Hause kommt. Die Lehrerin gibt ihr einfach keine 1, egal, wie gut sie etwas macht. Meine Cousine stand vor mir und hat gesagt: Die Lehrerin hat gesagt, ich bin für sie eine 2.Das nagt natürlich am Selbstbewusstsein der Kinder.
Als Sie damals Ihr Buch geschrieben haben, da haben sicherlich viele Mitschüler gesagt: „Ja, klasse Melda, genau so ist es!“
Ich habe für das Buch mit vielen Schülern gesprochen und Interviews geführt. Viele hatten ähnliche Erfahrungen gemacht wie ich. Und viele haben sich in dem Buch wiedergefunden.
Und wie war die Resonanz der Lehrer?
Aus der Lehrerperspektive ist es natürlich nicht so leicht. Oftmals wird Kritik sehr persönlich genommen. Lehrer haben dann viel mehr das Bedürfnis, sich verteidigen zu müssen. Es ist aber auch nicht leicht für Lehrer, die immer mehr Druck bekommen. Von der Schulleitung. Von Eltern. Und natürlich auch von Schülern, die immer aufmüpfiger werden.
In ihrem ersten Buch ging es um ihr Leben zwischen Minirock und Moschee. Im zweiten um ihre Erfahrungen in der Schule. Schon ein drittes Buch in Arbeit?
Es gibt viele Ideen. Und irgendwo sind sie auch in Arbeit. Aber ich stehe im Studium jetzt kurz vor dem Examen. Da ist der Spagat gerade sehr groß. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich das dieses Jahr noch schaffe.
Weitere Informationen zu AB In die Zukunft und zur Autorin Melda Akbas unter www.wfg-ww.de.
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