Wirtschaft der Region zurückhaltend
IHK-Beirat analysiert aktuelle Lage und kritisiert staatliche Bürokratie. Risikofaktoren: Krise im Russland-Geschäft, fortschreitende Konzentration, Nachfolge- und Nachwuchsprobleme, sich beschleunigende Digitalisierung in der Wirtschaft, Konsequenzen des Niedrig- beziehungsweise Null-Zinsniveaus und Fachkräfteproblematik.
Westerwaldkreis. „Die Unternehmen im Rhein-Lahn-Kreis und im Westerwaldkreis verhalten sich derzeit abwartend. Es gibt auf den Märkten und im Umfeld zu viele Unwägbarkeiten, um einigermaßen sicher sagen zu können, wohin sich der Konjunkturzug in der nächsten Zeit bewegt. Wir stellen daher eher eine Seitwärtsbewegung fest. Nur die Kauflaune der Bundesbürger scheint ungebrochen zu sein.“ Mit diesen Sätzen fasst Frank Klein, Vorsitzender des Beirats der IHK-Regionalgeschäftsstelle Montabaur die gegenwärtige Wirtschaftslage in der Region zusammen. Teilweise seien die Unternehmen in den unterschiedlichsten Branchen eher schwach ins Jahr gestartet und hofften auf eine Belebung in den nächsten Monaten.
Auf seiner traditionellen Frühjahrssitzung analysierte das IHK-Unternehmergremium die Situation und Perspektiven der Betriebe aus Handel, Dienstleistung und Industrie in der Region. Der 19-köpfige Beirat tagt jährlich mindestens zweimal. Er setzt sich aus den Mitgliedern der Vollversammlung zusammen, die im Bereich der Geschäftsstelle ihren Unternehmenssitz haben. Das Gremium berät die IHK-Geschäftsstelle Montabaur in ihrer Aufgabe als Vertretung der gesamtwirtschaftlichen Interessen in der Region.
Die Unternehmer machten in der Sitzung eine Reihe von Faktoren aus, die in den letzten Monaten und auch in der näheren Zukunft zu Unwägbarkeiten in der wirtschaftlichen Entwicklung führen. Konkret wird auf die Krise in der Ukraine und ihre Auswirkungen auf das Russland-Geschäft, die fortschreitende Konzentration im Einzelhandel und Transportgewerbe, Nachfolge- und Nachwuchsprobleme in Gastronomie und Hotellerie, die aus Sicht der Unternehmen zwischenzeitlich überbordende Bürokratie, die sich beschleunigende Digitalisierung in der Wirtschaft, die nicht absehbaren Konsequenzen des Niedrig- bzw. Null-Zinsniveaus, die Hängepartie bei der Erbschaftssteuer und die Fachkräfteproblematik hingewiesen. Beiratssprecher Klein: „Jedes Thema für sich ist schon sehr komplex. Mehrere zusammen machen es für Unternehmen ausgesprochen schwer, sich im Tagesgeschäft entsprechend zu positionieren.“ Klein weiter: „Ärgerlich ist, dass uns etwa die Hälfte der genannten Themen ursächlich und ohne Not von der Politik präsentiert werden: Man denke nur exemplarisch an die Mindestlohnregelungen, geradezu explodierende Kennzeichnungs- und Dokumentationspflichten in den unterschiedlichsten Branchen und Unternehmensbereichen sowie das uns von der Außen-, Finanz- und Geldpolitik quasi eingebrockte Wegbrechen der Märkte im Osten und anderen Weltregionen.“
Der Beirat erfährt aus den Unternehmen, dass insbesondere der weiter wachsende bürokratische Aufwand zu Produktivitätsverlusten führe. Es sei gerade der immer wieder schwer erarbeitete Produktivitätsvorsprung der deutschen Wirtschaft, der diese im weltweiten Wettbewerb nach vorne bringe. Dieser werde immer mehr durch staatliche Auflagen, bürokratische Hemmnisse und übertriebene Dokumentationspflichten aufgezehrt. Klein abschließend: „Das kostet zu viel von unserer Arbeitszeit. Das aber – zumal hausgemacht – kann sich ein Hochlohn-Land wie Deutschland eigentlich überhaupt nicht leisten.“
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