Steuererhöhungswelle: Belastung für Wirtschaft wächst
Die Steuereinnahmen sind bundes- und landesweit weiter auf Rekordniveau. Dennoch erhöht im ersten Halbjahr 2015 jede sechste Kommune in Rheinland-Pfalz die Hebesätze für die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B.
Region. Das geht aus dem Realsteueratlas 2015 hervor, den die Arbeitsgemeinschaft der vier rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern (IHKs) jetzt veröffentlicht hat. Bereits im Vorjahr hatte mehr als die Hälfte der Kommunen im Land an der Steuerschraube gedreht.
Für die Unternehmen sind die Hebesatzerhöhungen problematisch: Höhere Steuern bedeuten höhere Kosten. Gerade dies schwächt aber die Unternehmen in Rheinland-Pfalz. Denn auch bei ihnen steigt der Kostendruck, der in aller Regel nicht über höhere Preise an den Kunden weiter gegeben werden kann. Der Sprecher der IHK-Arbeitsgemeinschaft und Hauptgeschäftsführer der IHK Koblenz, Arne Rössel mahnt: „Die Hebesätze spielen für Unternehmen eine große Rolle, wenn es um die Ansiedlung neuer Firmen und die Standortqualität bereits ansässiger Betriebe geht - attraktive Hebesätze zeugen von vorausschauender und unternehmensfreundlicher Kommunalpolitik.“
Rössel kritisiert, dass die Kommunen die Steuerschrauben immer fester anziehen: „Auch wenn die Steuererhöhungen in diesem Jahr moderater ausfallen als im Vorjahr – an den strukturellen Haushaltsdefiziten der Kommunen haben sie nichts geändert. Und sie werden wohl auch künftig nichts ändern, wenn die Mehreinnahmen wie bisher überwiegend zum Stopfen von Haushaltslöchern verwendet werden. Dabei wären mehr Investitionen in kommunale Infrastruktur dringend erforderlich.“
Die vielen Hebesatzerhöhungen gehen auch 2015 auf die Anhebung der sogenannten Nivellierungssätze zurück. Diese wurden zuletzt von der Landesregierung 2013 angehoben: Bleibt eine Kommune hinter diesem Nivellierungssatz zurück, verliert sie Zuweisungen im kommunalen Finanzausgleich. Die Anhebung der Nivellierungssätze führt also unweigerlich zu einer Aufwärtsspirale bei den Hebesätzen.
Im Rahmen ihrer im Februar 2015 vorgestellten „Initiative für den Mittelstand“ hatte die IHK-Arbeitsgemeinschaft die Landesregierung aufgefordert, mittels eines Moratoriums die Nivellierungssätze für mindestens drei Jahre nicht erneut anzuheben, um den Druck auf die kommunalen Realsteuern nicht weiter zu erhöhen. Dem hatte die Landesregierung zugestimmt. Rössel dazu: „Die Zusage der Landesregierung, die Nivellierungssätze von 365 Prozentpunkten in den nächsten drei Jahren nicht anzuheben, ist ein wichtiges Signal zur wenigstens zeitweisen Stabilisierung der Gewerbesteuer- und Grundsteuerhebesätze.“
Im Bundesvergleich sind die Hebesätze in den vergangenen Jahren ebenfalls deutlich gestiegen. Im Durchschnitt liegen sie über denen in Rheinland-Pfalz. „Daraus darf aber nicht geschlossen werden, dass es in Rheinland-Pfalz Aufholbedarf gebe, wie es immer wieder aus der Politik zu hören ist“, mahnt Rössel. „Vielmehr muss es Rheinland-Pfalz gelingen, diesen kleinen Standortvorteil bei den Hebesätzen besser zu nutzen. Dazu gehören insbesondere mehr kommunale Investitionen.“