Scharping stellt Buch über die Westerwälder SPD vor
Grußwort der Abgeordneten Hendrik Hering und Gabi Weber: Um es mit einem selbstkritischen Schmunzeln einmal vorsichtig zu sagen: Die Sozialdemokraten im Westerwaldkreis waren nicht immer die dominierende Macht. Wirft man einen Blick zurück, erkannt man, dass es die Sozialdemokratie in unserem tendenziell eher konservativen Wahlkreis nie wirklich leicht hatte. Carsten Gerz wagt mit dieser Arbeit eine Zeitreise und untersucht die sozialdemokratische Geschichte im Westerwald bis 1933.
Selters. Diese Geschichte beginnt Mitte des 19. Jahrhunderts. Zu einer Zeit also, als im Westerwald Hungersnöte an der Tagesordnung sind und nassauische und preußische Adelige die politischen Fäden in der Hand halten. Auch zur folgenden Jahrhundertwende hin war die Region weiterhin für ihre grassierende Armut bekannt. Ideale Voraussetzungen für die Sozialdemokratie, die sich früher wie heute für soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit einzusetzen versucht. Dennoch fand die Partei bis zum Ersten Weltkrieg kaum Zulauf in der Region und wurde von der herrschenden Klasse als Staatsfeind bespitzelt. Dabei nahmen selbst die jeweiligen Regierungen mit Erstaunen zu Kenntnis, dass die Westerwälder Bevölkerung trotz ihrer elenden Situation kaum klagte und sich „offenbar ihrer Lage nicht einmal bewusst war.“ Auch in der Weimarer Republik fällt es der Partei schwer, in der Region wirklich Fuß zu fassen.
War die Partei deshalb für die Gegend bedeutungslos? Im Gegenteil: Wie keine andere Partei hat die SPD den Westerwald auch in der beschriebenen historischen Phase geprägt. Der Titel der Arbeit, der die SPD als „staatstragende Partei bezeichnet“, macht dies deutlich. Überzeugte Sozialdemokraten in Höhr-Grenzhausen, Bad Marienberg und auch anderswo im Westerwald traten für Demokratisierung, soziale Gerechtigkeit oder auch die Gleichberechtigung der Frau ein. Vertreter aus dem Westerwald wirkten bei der Entstehung der SPD mit. Für ihre Ideale von Freiheit und Gleichheit gaben Sozialdemokraten aus dem Westerwald in Zuchthäusern und Konzentrationslagern der Nazis ihr Leben.
Die wechselvolle Geschichte der SPD bis 1933 im Gebiet des heutigen Westerwaldkreises wird in der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit in einer nie da gewesenen Weise beleuchtet. Die intensive Quellenarbeit durch Carsten Gerz ermöglicht es uns, die gemeinsame Geschichte des Westerwaldes und der SPD noch besser zu verstehen. Sie beleuchtet die Entstehung von Demokratie und SPD in unserer Region und ehrt in ihrer sachlichen Darstellung von Fakten die Westerwälder Kämpfer für die sozialdemokratischen Ideale.
Wir würden uns wünschen, dass uns die Geschichten unserer Westerwälder Vordenker als Inspiration für unser eigenes Handeln, für eine freie, gerechte und solidarische Gesellschaft dienen.
Am Donnerstag, den 8. Oktober stellt der ehemalige SPD-Vorsitzende, Bundesminister a.D. Rudolf Scharping das Buch „Vom bespitzelten Staatsfeind zur staatstragenden Partei“ im Stadthaus in Selters vor. Beginn: 18.30 Uhr.
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