Wenn sich Kirche und Keramik begegnen
Keramik und Kirche – zwei Dinge, die zum Westerwald gehören wie der kalte Wind und die grünen Wälder. Und die vielleicht mehr gemeinsam haben als es auf den ersten Blick scheint. Deshalb findet der „Gottesdienst an einem anderen Ort“ diesmal im Höhr-Grenzhäuser Keramikmuseum statt.
Höhr-Grenzhausen. Das Keramikmuseum ist eine ideale Kulisse für den ungewöhnlichen Gottesdienstzyklus der Evangelischen Kirchengemeinde Höhr-Grenzhausen, dessen aktuelle Ausgabe am Reformationstag, 31. Oktober, um 18 Uhr im Museum beginnt.
Ideal vor allem deshalb, weil die dort ausgestellten Exponate den Geist der Freiheit atmen, den auch der christliche Glaube und die Reformation ausmacht – oder ausmachen sollte, wie Pfarrerin Monika Christ meint: „Freiheit wird leider oft missverstanden: Damit ist nicht jene Beliebigkeit gemeint, bei der man tun kann, was man will, weil ja ohnehin alles egal ist. Freiheit bedeutet stattdessen für mich: Ich fühle mich mit Gott verbunden und verstehe das nicht als Einschränkung, sondern als Bereicherung. Eine Bereicherung, die mich erdet und die mich befreit, Verantwortung zu übernehmen und mich für das Gute und für andere einzusetzen.“
Die Kunst – und die keramische Kunst im Besonderen – ist für die Pfarrerin quasi der Inbegriff von Freiheit. Denn durch das freie, kreative Schaffen lässt der Künstler andere an seinem Inneren teilhaben. „Die Arbeit mit Ton ist dabei eine besonders sinnliche. Denn hier entsteht eine innige Verbindung zwischen den Händen und diesem ursprünglichen Material Ton.“
Und um diese Nähe auch am Abend des 31. Oktobers nachspüren zu können, erleben die Besucher einen Gottesdienst, der aus mehreren Facetten besteht: Sie sehen einem Töpfer zu, der im Keramikmuseum aus einem Klumpen an der Drehscheibe ein Gefäß erschafft, hören die Geschichte einer Frau, die mit Keramik großgeworden ist und von ihrer Kindheit am Brennofen erzählt, erleben musikalische Meditationen und wandeln durch das atemberaubende „Dorf“ des Künstlers Thomas Weber.
In einem Raum des Museums bedecken Hunderte seiner Werke den Boden – organische Miniaturen, die in teils verstörender, teils wunderschöner Art die Höhen und Tiefen der Kindheit und des Erwachsenenlebens veranschaulichen. Eine Installation, die Monika Christ und das Vorbereitungsteam in den Mittelpunkt des Abends stellen werden: „Ich spreche darüber, was es bedeutet, frei zu sein; in sich verwickelt oder gar gefangen zu sein sowie über kindliche und erwachsene Beziehungen zu Gott“, sagt die Pfarrerin. „Für mich ist entscheidend, dass Glaube erdig und dicht am Leben ist – eben so, dass ich mich berührt und befreit fühle. Darum geht es nicht nur am 31. Oktober, sondern das ist meiner Meinung nach der Kerngedanke der gesamten Reformation.“ (bon)
Der Gottesdienst zum Reformationstag findet am Samstag, 31. Oktober, um 18 Uhr im Keramikmuseum Höhr-Grenzhausen (Lindenstraße 13) statt.
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