Unverständnis bei SPD über Entscheidung des Kreistages
Der sozialpolitische Sprecher der SPD-Kreistagsfraktion, Uli Schmidt (Horbach), zeigt sich enttäuscht über die Ignoranz der „Koalition“ aus CDU, FDP und FWG im Kreistag. Diese hatte einen Antrag der Sozialdemokraten „Unterstützung der Beschäftigung von Flüchtlingen“ ohne nachvollziehbare Begründung mit ihrer Mehrheit abgelehnt.
Montabaur. Der Antrag folgte auf einen „Westerwald-Dialog Sozial“ zum Thema, zu dem das Forum Soziale Gerechtigkeit zuvor eingeladen hatte. Als ein Ergebnis wurde dabei festgestellt: „Wenn wir es nicht zeitnah schaffen, die Flüchtlinge sinnvoll zu beschäftigen und viele in Arbeit zu bringen, wird die gesamte Flüchtlingspolitik im Westerwald und darüber hinaus scheitern!“ Mit diesem Apell wollte das Forum die politisch Verantwortlichen im Westerwaldkreis zum Handeln motivieren.
Bei der Veranstaltung hatte das Forum mit fast 40 beteiligten Fachleuten und Interessenten in Selters die Arbeitsmarktintegration von Asylbewerbern auf fachlich hohem Niveau erörtert. Etwas dazu beigetragen haben sowohl das Jobcenter und die Arbeitsagentur wie auch Handwerkskammer und IHK. Und natürlich waren auch die heimischen Wohlfahrtsverbände und Kommunen sowie mehrere Flüchtlingsinitiativen vertreten. Alle Beteiligten waren ausnahmslos dafür, schnellstmöglich eine kreisweite Beschäftigungsgesellschaft für Flüchtlinge auf den Weg zu bringen! Genannt wurde die Zahl von bis zu 500 zu schaffenden Arbeitsgelegenheiten.
„Es ist traurig und vollkommen unverständlich“, so Uli Schmidt, „dass die Kreistagsmehrheit noch nicht einmal bereit war, über den Sinn dieser Forderung nachzudenken und einen Prüfauftrag zu erteilen“. Stattdessen seien ablehnende Begründungen vorgeschoben worden. Beispielsweise der Hinweis auf die Zuständigkeit des Bundes oder anderer Behörden.
Nur weil viele Menschen im Kreis ehrenamtliche tätig sind und die Verbandsgemeinden in der Koordinierung meist sehr engagiert arbeiten, funktioniert die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge im Kreis gut. Aber wenn 2016 ähnlich viele Menschen bei uns Schutz suchen wie im zurückliegenden Jahr und zu viele ohne Beschäftigung zur Untätigkeit gezwungen sind, ergeben sich daraus zwangsläufig ernsthafte Probleme. „Deshalb müssen schnell niedrigschwellige Beschäftigungsmöglichkeiten und Tätigkeiten im Rahmen gemeinnütziger Arbeit geschaffen werden“, fordert Schmidt. Dabei erkennt er durchaus Bestrebungen wie beispielsweise in den Verbandsgemeinden Ransbach-Baumbach und Montabaur an. Doch das werde bei weitem nicht ausreichen, so der SPD-Kommunalpolitiker.
Gelobt wird die Bereitschaft der Arbeitsverwaltung wie auch der Wirtschaftsverbände das Thema offensiv anzugehen. Die heimische Wirtschaft ist aufnahmefähig und auch aufnahmebereit! In den nächsten 20 Jahren braucht der Westerwaldkreis viel mehr Arbeitskräfte, als diese Region hervorbringen wird. Dabei steckt in den zumeist jungen und arbeitswilligen Flüchtlingen das Potenzial, einen Teil dieser offenen Stellen in Zukunft zu besetzen. Ein Hindernis sind dabei noch immer teilweise die gesetzlichen Vorschriften für den Arbeitsmarkt. „Asylbewerber dürfen nicht viele Monate vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden, obwohl die Leute gebraucht werden und deren erzwungene Untätigkeit nur Probleme nach sich zieht“, fordert Schmidt.
Es gibt eine Ausnahme bei der geltenden Vorrangprüfung: Bewerben sich die Flüchtlinge für einen Beruf, der auf der "Positiv-Liste" steht, brauchen sie keine gesonderte Arbeitserlaubnis. Auf dieser Liste befinden sich vor allem technische Berufe wie Klempner oder Mechaniker und Berufe aus dem Bereich Altenpflege. Die Bundesagentur für Arbeit hat erkannt, dass es dort Bedarf gibt und schickt Mitarbeiter in die Flüchtlingsunterkünfte. Geeignete Flüchtlinge sollen dann an die Arbeitgeber vermittelt werden – zumindest wenn sie bei der Vermittlung der deutschen Sprache auf einem guten Weg sind!.
Bei der erwähnten Forums-Veranstaltung in Selters wurde von allen Referentinnen und Referenten, neben dem schon begonnenen Abbau bürokratischer Hindernisse, die schnelle Sprachförderung als wichtige Voraussetzung für eine schnelle Integration auf dem Arbeitsmarkt genannt. Die Diskussion konzentrierte sich darauf, was konkret in naher Zukunft noch im Westerwaldkreis getan werden muss. Dabei wurden von zahlreichen Teilnehmenden in leidenschaftlichen Beiträgen gefordert, dass Kreis und Verbandsgemeinden gemeinsam mit Unterstützung von geeigneten Partnern aus Arbeitsverwaltung und Wirtschaft sowie Wohlfahrt und Beschäftigungsträgern eine kreisweite Beschäftigungsgesellschaft für Flüchtlinge oder etwas Vergleichbares auf den Weg bringen sollen. Da beispielsweise in allen 192 Ortsgemeinden und Städten im Westerwaldkreis viel ungetane Arbeit warte, seien allein in diesem kommunalen Bereich viele Arbeitsgelegenheiten oder ähnliches zu schaffen, so die vor wenigen Wochen formulierten Erwartungen.
Es ist bedauerlich, dass der Kreis seiner Verantwortung anders als die VG´s nicht gerecht wird und auch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft nicht die Chance erhält, einmal etwas ganz Konkretes für den heimischen Arbeitsmarkt und die Wirtschaft zu tun. Das wäre sinnvoll auch für den aufnahmebereiten heimischen Arbeitsmarkt, der dringend Fachkräfte vom Handwerk bis zur Pflege und Gastronomie sucht. Auch wenn das für den Flüchtling im Einzelfall bis dahin ein langer Weg sein wird, muss doch jetzt schnell der erste Schritt getan werden.
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