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Nachricht vom 11.05.2016    

Risiken und Nutzen der transatlantischen Handelsverträge (TTIP)

TTIP steht für Transatlantic Trade and Investment Partnership, also eine transatlantische Partnerschaft für Handel und Finanzmarkt. Die USA und die EU wollen einen gemeinsamen Markt für rund 800 Millionen Verbraucher schaffen. Dazu haben auch die Evangelischen Kirchen in Hessen, die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) Position bezogen.

Dr. Brigitte Bertelmann von Zentrum für Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) referierte im Evangelischen Gemeindehaus in Emmerichenhain über die transatlantischen Handelsverträge. Foto: Sabine Hammann-Gonschorek.

Emmerichenhain. Die Pfarrer und Mitarbeiter des Evangelischen Dekanats Bad Marienberg informierten sich auf einer Zusammenkunft im Evangelischen Gemeindehaus in Emmerichenhain über die möglichen Auswirkungen der Handelsverträge. Gerade drängt die Bundesregierung auf einen raschen Erfolg der umstrittenen Freihandelsgespräche zwischen der EU und den USA. Kurz zuvor hatte Greenpeace bislang geheime TTIP –Dokumente ins Internet gestellt und den USA vorgeworfen, europäische Umwelt- und Verbraucherstandards aushöhlen zu wollen.

Volkswirtin Dr. Brigitte Bertelmann, Referentin für Ökonomie im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN, referierte über Chancen und Risiken des TTIP. Dessen Ziele sind: Gegenseitige Liberalisierung, Abschaffung überflüssiger Vorschriften für Prüfungen und Zertifikate, Abbau von Zöllen und Handelsbeschränkungen, Gegenseitiger Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen. Kritikpunkte sind unter anderen: Mögliches Absinken von europäischen Standards im Verbraucherschutz, Einfuhr gentechnisch verändertes Futter- und Lebensmittel, Veränderungen im Investitionsschutz von Firmen. Kritik an dem Freihandelsabkommen gebe es auf beiden Seiten des Atlantiks, führte Bertelmann aus. Unterschiedliche Kultur und Standards, unterschiedliches Staatsverständnis und unterschiedliche Werte sorgen für Diskrepanzen.

Besonders kritisch sehen die beiden Evangelischen Kirchen die Folgen für die weniger entwickelten Länder. Die meisten Entwicklungsländer, und auch viele Mitgliedsländer der EU, werden in einem Preiswettbewerb auf weitgehend offenen Märkten nicht bestehen können, sagte Bertelmann. Aus kirchlicher Perspektive müssten die Regeln für den internationalen Handel danach beurteilt werden, ob und wie sie die Bedürfnisse der armen, weniger entwickelten Länder berücksichtigen und schützen und der Bewahrung der Schöpfung dienen. Für die Kirchen sei es sehr problematisch, dass die Entwicklungs – und Schwellenländer bei diesen Verhandlungen ausgeschlossen sind, obwohl sie nach Abschluss des Abkommens deutlich negativ betroffen sein werden. Die Evangelischen Kirchen plädieren daher für eine Wiederaufnahme multilateraler Verhandlungen, sagte Bertelmann.



Weiterer großer gesellschaftspolitischer Klärungsbedarf bestehe bei der Bewahrung der Umwelt- und Klimaschutzziele. Handel solle eine soziale und ökologische Entwicklung fördern und nicht verhindern, sagte die Volkswirtin. Wachstum und Wettbewerb stellen keinen Wert an sich dar, sondern müssten im Sinne der großen globalen Ziele wie Klimaschutz, Bekämpfung von Hunger und Armut sowie Schutz der globalen Gemeingüter eingesetzt werden. Um den großen globalen Herausforderungen zu begegnen brauche es nicht niedrigere, sondern höhere soziale und ökologische Standards. Im Anschluss an den Vortrag von Dr. Bertelmann schloss sich eine lebhafte Diskussion an.

Hintergrund: Die Verhandlungen über das TTIP begannen im Juni 2013. Mit rund 40 Prozent des Welthandels würde damit der bedeutendste Wirtschaftsraum der Welt entstehen. Als „Übung“ für TTIP gilt das Abkommen CETA (Comprehensive Economic an d Trade Agreement) Europas mit Kanada. Auch in anderen Teilen der Welt koordinieren statten ihre Volkswirtschaften, wie der südamerikanische Wirtschaftsverbund Mercosur, das nordamerikanische Freihandelaabkommen der USA mit Kanada und Mexico Nafta oder die südostasiatische Freihandelszone Afta. (shg)


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