Westerwälder Geschichte mit allen Sinnen erlebt
Hachenburger Geschichtswerkstatt lässt Vergangenheit lebendig werden. Nach einem Besuch des „Kleinen Dorfmuseums“ in Nistertal stand ein Besuch der ältesten Kornbrennerei des Westerwaldes auf dem Programm. Marianne Lieber vom Struthhof in Unnau verriet eine Menge vom Geheimnis des Schnapsbrennens und wartete mit einer Fülle von Kostproben edler Brände auf.
Nistertal/Unnau. Das Dorfmuseum im Ortsteil Erbach ist nicht nur eine Sammelstelle von Utensilien aus längst vergangener Zeit, sondern es ist ein „Lebendiges Zeugnis“ der Geschichte aus der Vergangenheit. Liebevoll hergerichtet und präsentiert von fleißigen Helfern bot das „Kaffeekränzchen“, zu dem die Geschichtswerkstatt Hachenburg eingeladen hatte, einen idealen Rahmen Vergangenes lebendig werden zu lassen. Ein weiterer Höhepunkt dieser Exkursion bot sich beim Besuch der Struthhof-Brennerei im benachbarten Unnau.
Aufgelockert durch Mundartgedichte oder Vorträge im Wäller Dialekt durch die erfahrenen Akteure Verena Kauschka, Renate Gwiss aus Kundert oder Dietmar Schmidtgen aus Gehlert waren geeignet, neben Kaffee und Kuchen auch etwas für die gute Stimmung zu bieten. „Kindersegen“ oder die Geschichte vom „Kuchenbacken“ in früherer Zeit lockerten auf und die Beschreibung eines „Ausflugs“ auf Gehlerter Platt verfehlten ihre Wirkung nicht.
Dann starteten die Mitglieder der Hachenburger Geschichtswerkstatt zum Besuch der ältesten Kornbrennerei - dem Struthhof – zwischen Unnau und Nistertal. Marianne Lieber kennt nicht nur was von ihrem Fach, sondern versteht es auch ausgezeichnet alles „Rund um die Schnapsherstellung“ transparent zu machen. Mit launigen Worten zog sie die Gäste in ihren Bann. Spannte einen großen Bogen über die Geschichte des 1967 erbauten Struthhofes und erläuterte das wechselvolle Geschehen vom „festen zum flüssigen Korn“. Nicht zu vergessen die Zielsetzung des Struthhofes nur Qualitäts-Naturprodukte zu verwenden. „Getreide, Wasser, Malz und Hefe“ sind die Grundstoffe für die Brennerei. Dazu kommen das gute, weiche Wasser und die richtige „Reifezeit“. Reine Kräuter, Beeren und Wacholder sorgen nach geheimen „Hausrezepturen“ für den hochwertigen Geschmack der Brände, die nach vorgeschriebener Lagerzeit zur Qualität reifen. Zur Verkostung wurden „Wäller Mädchen“, „Räuber“, „Erdbeer-Likör“ und weißer „Kristall-Kümmel“ zum Probieren angeboten.
Aber auch Geschichtliches war zu erfahren und für viele der Besucher neu und bisher unbekannt. Der Struthhof besteht seit 1766. Deshalb ist geplant, zum Jubiläumsjahr 250 Eichen anzupflanzen. Nach der Überlieferung haben die Zisterzienser Mönche das Geheimnis des Schnapsbrennens nach Unnau gebracht. Auch die Flurnamen geben Zeugnis für diese Theorie. „Eiche und Wasser“ sorgen für „Struth“, danach ist auch der Hof benannt. „Ziest“ (kommt von Zisterzienser) ist der Flurnamen und die „obere Wiese“ gehört heute zum Familienbesitz und stammt aus dem damaligen Klostereigentum.
Damit es auch „rund um den Hof“ einladend aussieht, ist ein Panoramagarten angelegt worden. Hier waren einst Sonnenblumen zum Selbstpflücken und derzeit 500 Tulpen eingesetzt und geerntet worden. „Wie kann man 500 Tulpenzwiebeln rationell setzen?“, fragte Marianne Lieber mit einem verschmitzten Lächeln in die Runde. „Ganz einfach, mit einer Kartoffelsetzmaschine“, verriet sie die erfolgreich in die Tat umgesetzte Praxis.
Allein im Raum Unnau gab es einst etwa 20 Schnapsbrennereien. Für die Landwirte eine lukrative Nebeneinnahme. Von den fünf Brennereien, die später im Westerwald die einheitlichen Tonkrüge für Korn (grau) und Kümmel (grün) verwendet haben sind mittlerweile nur noch drei Brennereien aktiv. Und dabei muss man auch darauf achten woher sie kommen. Die Krüge sehen gleich aus, aber der Inhalt unterscheidet sich im Geschmack. (repa)
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