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Nachricht vom 21.06.2016    

Selterser Kleiderhaus hilft seit einem Jahr Bedürftigen

Inzwischen beherrschen die fast 20 Helferinnen des Selterser Kleiderhauses „Geben und Nehmen“ die Handgriffe schon im Schlaf: Woche für Woche wandern Dutzende Hosen, Hemden, Kleider sowie Wäscheteile für Bett und Bad durch die Hände der Ehrenamtlichen; werden nach Größe und Geschlecht sortiert und schließlich akkurat gefaltet. Mehrere Tonnen Kleidungsstücke haben in der Selterser Bahnhofstraße 7 inzwischen neue Besitzer gefunden.

Das Team des Kleiderhauses beim Sortieren der Kleidung. Foto: privat

Selters. Die Kleidungsstücke gehören nun Flüchtlingen und Bedürftigen. Menschen, für die das unscheinbare Haus inzwischen zu einem regelrechten Segen geworden.

Im April 2015 schlägt die Geburtsstunde des Selterser Kleiderhauses. Zunächst nur als Vision in den Köpfen von Christel Eggert, Sabine Laß-Schwinn und Hanne Michel, die in der Flüchtlingsarbeit des Dekanats ehrenamtlich tätig sind. „Wir haben erlebt, dass es den Familien oft am Nötigsten fehlt“, sagt Team-Leiterin Christel Eggert und erinnert sich, dass sie damals mit der Idee offene Türen einrennt: „Der Selterser Dekan Wolfgang Weik hat uns bei dem Projekt ,Kleiderhaus’ kräftig unterstützt und den entscheidenden Kontakt zur Stadt Selters hergestellt, die uns darauf hin das Gebäude zur Verfügung stellte.“ Ein Glücksfall, denn das Haus bekommen die Ehrenamtlichen nicht nur zu einem bestenfalls symbolischen Mietpreis, sondern es bietet genügend Raum für die vielen Kleidungsstücke, die dort immer noch abgegeben werden.

„Bevor wir starten konnten, mussten wir trotzdem ganz schön schuften“, sagt Sabine Laß-Schwinn. „Es war viel Arbeit, das Haus gründlich zu säubern und alle Regale aufzubauen.“ Doch die Mühe lohnt sich: Am 20. Juli 2015 öffnet das Kleiderhaus zum ersten Mal seine Pforten für Flüchtlinge und andere Bedürftige – also auch für Deutsche. Seitdem hat es 110 Kundinnen und Kunden, die dort zweimal in der Woche gute Kleidung für Kinder und Erwachsene bekommen. „Die meisten kommen aus Syrien, und etwa 15 Prozent sind keine Migranten“, sagt Josef Görg-Reifenberg, der Schriftführer des Teams.

Bei so vielen Flüchtlingen bleibt es natürlich nicht aus, dass man auch die unschönen Seiten der Einwanderungs- beziehungsweise Abschiebepolitik kennen lernt. „Wir haben in den vergangenen Monaten mehrere Familien kennen gelernt, die Deutschland inzwischen wieder verlassen mussten – auch zwei Frauen, die uns als Kolleginnen im Kleiderhaus hilfreich zur Seite gestanden haben. So etwas ist immer traurig. Besonders dann, wenn sie zum letzten Mal kommen und einen Koffer für die Rückreise statt Kleidung brauchen“, sagt Josef Görg-Reifenberg.



Trotz solcher Momente tun die Begegnungen und die Arbeit mit den Bedürftigen gut. Auch wenn sich die Helfer manchmal etwas mehr Zeit wünschen, um mit ihnen wirklich ins Gespräch zu kommen. „Während unserer Öffnungszeiten sind hier eine Handvoll Mitarbeiter, von denen manche übrigens auch Flüchtlinge sind“, sagt Christel Eggert. „Und die haben dann alle Hände voll zu tun: Sie sortieren Klamotten, kümmern sich um die Kunden, sehen nach dem Rechten ... die zwei Stunden, in denen das Kleiderhaus offen ist, sind leider viel zu schnell vorbei.“

Hinzu kommen die organisatorischen Aufgaben hinter den Kulissen. Denn nicht jedes Kleidungsstück wandert automatisch ins Regal, sondern wird je nach Zustand an die Rumänienhilfe oder die Kleidersammlung Bethel weitergegeben. Für Letzteres bekommt das Kleiderhaus einen Obolus, der in den Flüchtlingshilfefonds des Dekanats fließt.

Die Betroffenen müssen bis auf Weiteres kein Geld für die Kleidung zahlen. Die einzige Einschränkung ist, dass sie alle drei Wochen höchstens fünf Stücke pro Person mitnehmen können – was natürlich wieder des aufmerksamen Blickes der ehrenamtlichen Helfer bedarf: „Es gibt eben einem Menge zu regeln, und es wäre schön, wenn wir noch mehr Menschen finden, die uns bei dieser Arbeit unterstützen.“

Eine Arbeit, die die Ehrenamtlichen gerne tun. Nicht nur, weil sie den Menschen damit ganz konkret helfen können. „Die Gemeinschaft im Team ist einfach klasse“, sagt Josef Görg-Reifenberg. „Wir wissen, dass wir uns auf den anderen verlassen können und dass wir hier etwas Wichtiges auf die Beine gestellt haben.“ (bon)

Das Kleiderhaus-Team feiert das einjährige Bestehen am 11. und 12. Juli mit zwei „Tagen der offenen Tür“, an denen nicht nur der normale Kleiderhaus-Betrieb stattfindet: Währenddessen haben alle interessierten Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, die Arbeit kennen zu lernen und mit dem Team ins Gespräch zu kommen. Die Öffnungszeiten des Kleiderhauses sind montags von 10 bis 12 Uhr und dienstags von 18 bis 20 Uhr. Weitere Infos bei Teamleiterin Christel Eggert, Telefon 02626/70581.


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