Über Sprache und Arbeit eine neue Heimat finden
Flüchtling aus dem Iran findet mit Vermittlung der Agentur für Arbeit Montabaur eine Stelle als Küchenhelfer in der Emser Therme. Nach langem Leidensweg fühlt sich der Mann nun angekommen. Schlüsselqualifikation ist die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift.
Montabaur. Erst die Arbeit, dann das Gespräch: Behzad Ghasemi richtet den Eisbecher für einen Gast an. Fertig. Nun ist Zeit für die Geschichte eines jungen Flüchtlings, der seit fünf Jahren in Deutschland lebt – noch immer auf der Suche nach Heimat und Stabilität. Diesem Ziel ist er endlich ein Stück näher gekommen: Vermittelt durch die Agentur für Arbeit Montabaur, hat er in der Emser Therme einen Job als Küchenhelfer gefunden.
Wirkliche Wurzeln hat der 23-Jährige nirgendwo. Seine Mutter ging aus Afghanistan in den Iran, wo sie den Sohn zur Welt brachte. Nach ihrem frühen Tod wuchs er bei einer Tante auf. Er erzählt, dass er als afghanischer Staatsbürger diskriminiert wurde und keine Entwicklungschancen hatte. Nach fünf Jahren Grundschule kam für den Elfjährigen das Aus in punkto Bildung: „Ich konnte keine höhere Schule besuchen. Das war zu teuer. Wenn du Geld hast, ist alles gut. Sonst geht gar nichts.“ Er schlug sich als Helfer auf Baustellen und in der Landwirtschaft durch; zuletzt verkaufte er Schuhe.
Frustriert und ohne jede Perspektive, entschied er sich zur Flucht und kam im Herbst 2011 über die Balkanroute nach Deutschland. Über die Umstände sagt er nur so viel: „Es war sehr hart.“ Drei Monate lebte er in einem Kölner Asylheim. Ohne Religion aufgewachsen, führte sein erster Weg ihn instinktiv in den Dom: „Ich wollte gute Menschen kennen lernen.“ Der Plan ging auf. Ehrenamtliche Helfer der Kolpingfamilie begleiteten ihn auf seinem Weg über die Trierer Erstaufnahmestelle bis in den Rhein-Lahn-Kreis, wo er heute lebt. Sein Asylverfahren läuft. Inzwischen ist er katholisch getauft, spricht recht gut Deutsch und hat eine Freundin. Was fehlte, war Arbeit.
Die hat er nun nach etlichen Praktika gefunden. In der Restaurant-Küche der Emser Therme fühlt er sich am richtigen Platz. „Er fragt viel und lernt täglich dazu“, sagt Gastronomie-Leiterin Cornelia Hendel, die sich über den Neuzugang im Dreischicht-Betrieb freut. „Ganz wichtig ist, dass er nicht nur Deutsch reden, sondern auch lesen kann: Sonst könnte er zum Beispiel kein Haselnusseis aus dem Keller holen.“
Dass überall im Hotel- und Gaststättengewerbe dringend Personal gebraucht wird, ist bekannt. Aber nicht allein deshalb möchte Andrea Meurer-Wiedmayer, Betriebsleiterin der Therme, Geflüchteten eine Chance geben. Als die erste große Welle nach Deutschland kam, erkannte sie: „Wir müssen diese Menschen qualifizieren und in Arbeit bringen. Sonst bekommen wir ein gesellschaftliches Problem.“ Bei der Agentur für Arbeit Montabaur stieß sie mit ihrem Anliegen auf offene Ohren. „Spracherwerb und Beschäftigung sind Schlüssel für die erfolgreiche Integration“, sagt Dieter Knopp, Geschäftsführer der Arbeitsagentur. „Deshalb haben wir eigens ein Integration Center für Flüchtlinge eingerichtet. Es ist eng vernetzt mit dem gemeinsamen Arbeitgeberservice der Agentur (AGS) und der Jobcenter, der den Kontakt zu den Unternehmen pflegt. So bieten wir Beratung und Unterstützung für beide Seiten. In diesem Zusammenspiel gelingt es zunehmend, Stellen mit Flüchtlingen zu besetzen.“
Dafür ist Behzad Ghasemi ein gutes Beispiel. Das Integration Center schlug den jungen Mann für die Emser Therme vor, AGS-Vermittler Björn Adler begleitete ihn dorthin und brachte „den Stein ins Rollen“. Nach einem zweiwöchigen Praktikum unterschrieb Ghasemi einen Jahresvertrag als Küchenhelfer. Von der Agentur für Arbeit fließt drei Monate lang ein Eingliederungszuschuss von 30 Prozent zum Gehalt. Die Befristung ist das normale Prozedere: „Wir haben sehr großes Interesse, unsere Mitarbeiter zu halten“, erklärt Andrea Meurer-Wiedmayer. „Je länger sie bei uns sind, desto besser verstehen sie unsere Philosophie.“ Und wieder taucht das Stichwort „Qualifizierung“ auf. Mit einer Ausbildung zum Koch könnte der junge Mann seine Position verbessern - und die Emser Therme eine Fachkraft gewinnen.
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