Öffentliche Sitzungen dienen der politischen Transparenz
Bürger sollen sich an der politischen Meinungsbildung mehr beteiligen. Weniger „nichtöffentliche Sitzungen“ ermöglichen größeres Interesse an der Arbeit der Parlamente. Auch Ausschüsse sollen nur in Ausnahmefällen „hinter verschlossenen Türen“ beraten werden. Ein neues Gesetz der Landesregierung dazu findet Zustimmung des Landrates im Westerwaldkreis und einiger Bürgermeister.
Region. Das neue Landesgesetz, das für mehr Transparenz und größeres Interesse an der politischen Arbeit sorgen soll, findet Zuspruch. Während die Politiker darüber klagen, dass sich die Bürger zu wenig für die Arbeit der beratenden Gremien und Parlamente interessieren, bedauern die Besucher von öffentlichen Ratssitzungen, dass die eigentlich interessanten Themen oft „hinter verschlossenen Türen“ beraten werden. Diese „Geheimniskrämerei“ hat oft ein gewisses „Geschmäckle“ und der unbedarfte Bürger wittert nicht selten dabei einen - ob begründet oder unbegründeten - Verdacht auf unseriöses Handeln.
So manche Grundstücks-Transaktion – in nichtöffentlicher Sitzung beraten - trieb dem fragenden Bürger nicht selten die Zornesröte ins Gesicht. Spekulationen und schwer zu erklärende Genehmigungen und passend zugeschnittene Bebauungspläne wurden dabei oft argwöhnisch beäugt und so manches „Schnäppchen“ wechselte ohne große Bedenken den Besitzer. Das war oft nicht der Wunschgedanke der Befürworter von „geheimen/nichtöffentlichen Sitzungen“, aber nicht selten gängige Praxis.
„Was soll ich in einer Ratssitzung, wo es nur noch Kopfnicken der gewählten Volksvertreter bei den vorberatenen Tagesordnungspunkten gibt?“ Spannend wären die Punkte gewesen, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt werden. Das Publikum wird am Ende der öffentlichen Ratssitzung ausgeschlossen. Wer was Interessantes über die Beratungen und Beschlüsse aus nichtöffentlicher Sitzung wissen will, der muss sich in seiner Stammkneipe einfinden, um Ergebnisse zu erfahren. Ohne diese Erfahrung hätte mancher Journalist ohne Ergebnis und uninformiert nach Hause gehen müssen.
„Wie kommen Mehrheitsbeschlüsse zustande?“ Fragen, auf die es nur schwer verständliche Antworten gibt. Erweist sich ein Mehrheitsbeschluss als gut und richtig, gibt es sofort Erfolgsmeldungen von der jeweiligen Partei. Geht etwas schief – wie jetzt in der Debatte um den Nürburgring und den Flugplatz Hahn – dann hüllen sich alle in Schweigen und niemals wird ein Schuldiger gefunden. Noch schlimmer – so empfinden es viele Bürger – werden die Verursacher oder Verantwortlichen weder bestraft noch zur Rechenschaft gezogen. Ähnlich wie in der Wirtschaft stehen bei Versagen Belohnungen und Beförderungen an. Das sorgt für „mangelndes Interesse“ an der politischen Arbeit. Auch die geübte Praxis bei Auftragsvergaben an den „Billigsten“ hatte schon oft verheerende Folgen. Terminfestsetzungen bei Auftragsbeginn und fehlende Fertigstellungsvereinbarungen verbunden mit einer Androhung von Konventionalstrafen würden den politischen Alltag spannender werden lassen.
Wenn aber jetzt – durch das neue Landesgesetz - häufiger mit „offenen Karten“ im politischen Alltag gespielt wird, dann kommen auch die Bürger wieder zu Sitzungen der Parlamente und bringen – je nach Situation – Verständnis mit oder sind wie vorher enttäuscht und bleiben frustriert den politischen Sitzungen fern. Repa
Kommentar von Reinhard Panthel:
Zwischen dem, was Politiker sagen und was sie tun, liegt der Unterschied
„Die Worte hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!“ Dieses Sprichwort trifft besonders bei den „politischen Aussagen“ vor und nach einer Wahl zu. So wurde oft genug argumentiert, dass weniger Neubaugebiete in den einzelnen Ortsgemeinden geplant und bebaut werden, um den Flächenverbrauch zu reduzieren. Ergebnis? Noch nie zuvor wurde so viel gebaut wie zur Zeit und die alten Ortskerne werden entvölkert oder mit „Fremden“ aus den Ballungsstädten besiedelt und Jungfamilien bauen am Ortsrand neue Häuser, weil sie „billiges Bauland“ haben.
Statt Industrieansiedlungen zu bündeln werden wie in den Vorzeiten, dort wo es gerade passt, zusätzliche Industriegebiete ausgewiesen. So entstehen „Umklammerungen“ von Ortsgemeinden, die aus vielerlei Gründen jeglicher Vernunft entbehren. Komplett neu geplante Neubaugebiete (zum Beispiel „Rothenberg II“ in Hachenburg) werden ohne „Baugrenzen“ besiedelt und das Ergebnis gilt nicht gerade als mustergültig. Andererseits werden in Ortszentren Häuser für Parkplätze geopfert, die als „Wundränder“ für ein homogenes Stadtbild störend empfunden werden.
Jetzt die neueste politische Erkenntnis, man solle weniger Nichtöffentliche Sitzungen“ ausschreiben, damit das Interesse und die Transparenz der Öffentlichkeit gegenüber gewahrt bleiben. Dieser neuen Forderung des Landes Rheinland-Pfalz stimmte auch der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hachenburg, Peter Klöckner, öffentlich zu. Im neuesten Mitteilungsblatt der VG steht dann zu lesen, dass die Sitzung des Werksausschusses am 12. Juli, 17.30 Uhr, tagt und im öffentlichen Teil der Sitzung nur drei Tagesordnungspunkte stehen, dafür im interessantesten nichtöffentlichen Teil der Beratungen auf neun Punkte hingewiesen wird. Unter anderem: Nahwärmeanschluss für ein Wohnhaus, die Entgelte ab 2017 und ein Klimaschutzkonzept. Nicht interessant genug für die Öffentlichkeit?
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