Neunkhausen: Windräder und kein Ende?
Am 8. August wurde ins Bürgerhaus Neunkhausen zur Gemeinderatssitzung eingeladen. Es sollte unter anderem beraten werden über die Kündigung von Gestattungsverträgen zur Verpachtung von Flächen zur Windkraftnutzung in Neunkhausen und den Entwurf des regionalen Raumordnungsplanes mit den einzig verbliebenen Flächen rund um Neunkhausen und den angrenzenden Dörfern im Norden der Verbandsgemeinde Bad Marienberg.
Neunkhausen. Zu dem heiklen Thema Windräder im Wald von Neunkhausen und Umgebung waren trotz Ferienzeit neben einheimischem Publikum aus Neunkhausen und angrenzenden Dörfern viele Bürgerinitiativen zu einer Demonstrationsveranstaltung gegen Windkraft vor dem Bürgerhaus gekommen. Neben Neunkhausener Bürgerinnen und Bürger waren auch viele benachbarte Gruppierungen aus Mörlen, Elkenroth und dem Gebhardshainer Land, aus Westerburg und auch dem Sieg- und Hellertal sowie dem Wildenburger Land vertreten. Sie alle gehören dem Bündnis „Energiewende für Mensch und Natur e.V.“ Rheinland-Pfalz an, in dem sich landesweit mittlerweile weit mehr als 50 Bürgerinitiativen gegen den weiteren unkontrollierten Ausbau der Windkraft zusammengeschlossen haben.
Hauptkritikpunkte an den aktuellen Ausbauplänen waren vor allem der von der Landesregierung geplante, viel zu geringe Abstand zur Wohnbebauung (minimal nur 1100 Meter Abstand, für Außengehöfte teilweise sogar nur 600 Meter für mittlerweile über 200 Meter hohe Windindustrieanlagen), sowie die – gemessen an der Naturzerstörung der mittlerweile bundesweit fast 26000 installierten Anlagen - viel zu geringe Effektivität: Typischerweise erzeugen auch neuere Anlagen – sofern der Wind überhaupt stark genug weht – in unseren Lagen sehr oft weniger als zehn Prozent Strom von dem was maximal möglich wäre. Im Mittel wird dabei von diesen Anlagen sehr oft nicht mehr Leistung erzeugt, wie sie ein bis zwei größeren PKW-Motoren entspricht.
Neben knapp 100 Demonstranten war auch der Naturschützer Harry Neumann von der Naturschutzinitiative vor Ort dabei. Mit Besorgnis sieht er, wie die Windindustrie unser schönes und erhaltenswertes Naturland Deutschland und hier vor allem unsere Wälder bisher praktisch unkontrolliert mit immer mehr Windenergieanlagen zupflastert. Einzigartige Naturlandschaften werden zerstört, die Ruhe des Waldes und seiner (Wildtier-)Bewohner, aber auch der vor allem ländlichen Regionen und Dörfer ist Vergangenheit.
Sofern die bestehenden Pachtverträgen zur Windkraft in Neunkhausen umgesetzt werden, werden hier – wie vielfach auch an anderen Stellen - Tatsachen für die Bevölkerung für mehr als die nächsten 30 Jahre geschaffen, ohne dass sich irgend jemand ernsthaft Gedanken darüber macht, wie Menschen und Tiere in unmittelbarer Nähe neben den alles überragenden immer höher werdenden Anlagen leben werden oder sollen. Viele Menschen, die ehemals für die Energiewende mit Windindustrieanlagen waren und jetzt diese Industrie-Anlagen in unmittelbarer Nähe um ihre Häuser haben, klagen sehr stark über die Auswirkungen der Geräusche und den Schlagschatten. Ärzte und Wissenschaftler fordern deshalb unabhängige Untersuchungen über Infraschall, der von den Anlagen ausgeht und der für viele Herz- und Kreislaufkranke, für psychisch angegriffene Menschen zu weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen wird.
Aus diesem Grund stellte die Fraktion " Farbe für Neunkhausen" in der Sitzung den Antrag, den seit drei Jahren unverändert bestehenden Pachtvertrag nunmehr zu kündigen. Aus Sicht der Fraktion sind solche Verträge derzeit nicht sinnvoll, zunächst sollten Auswirkungen und auch die Sinnhaftigkeit mit entsprechenden Rahmenbedingungen geklärt werden. Trotz der Bedeutung für die Gemeinde, stellte sich auf Nachfrage der Fraktion heraus, dass nur zwei weitere Ratsmitglieder den Vertrag überhaupt gelesen hatten und vier Ratsmitglieder den Vertrag bisher noch nicht einmal gesehen hatten: Entsprechende Unterlagen waren den Ratsmitgliedern vorab nicht beigefügt worden. Trotz der vorgetragenen Bedenken wurde der Antrag auf Kündigung allerdings gegen die Stimmen der Fraktion einstimmig abgelehnt.
Im zuvor erörterten Tagesordnungspunkt „Regionaler Raumordnungsplan“ wurde bereits deutlich, dass die einzigen verbliebenen Vorrangflächen für Windindustrieanlagen in der VG Bad Marienberg rund um Neunkhausen seitens der Orts- und Verbandsgemeinde auf einem Eingabestand von mehr als zwei Jahren (aus beziehungsweise vor dem Jahre 2014) beruhen. Die Anregung der Fraktion Farbe für Neunkhausen, dass viele andere Ortsgemeinden mittlerweile sehr viel kritischer mit dem Thema Windkraft umgehen und hier die Planung nunmehr auch seitens der Ortsgemeinde Neunkhausen nochmals kritisch geprüft und hinterfragt werden sollte, fand keine Gehör beim restlichen Gemeinderat. Erneut gegen die Stimmen der Fraktion Farbe für Neunkhausen wurde vom übrigen Gemeinderat mehrheitlich und ohne weitere Diskussion einstimmig davon abgesehen, neue Anregungen zu prüfen oder abzugeben. Die vorhandene offen gelegte Planung zu den Flächen rund um Neunkhausen bleibt damit komplett ohne kritische Anmerkungen durch die Ortsgemeinde.
Mit großer Enttäuschung verließ ein Großteil der Naturschützer und Betroffenen in Neunkhausen die Gemeinderatssitzung schließlich vor dem eigentlichen Ende, mit der Überzeugung, dass hier mit Blick auf versprochene Gewinne und Pachteinnahmen für die Gemeindekasse, leichtfertig gegen den Natur- und Menschenschutz entschieden wurde. (Pressemeldung von Gabriele Füllgrabe, Farbe für Neunkhausen)
Lokales: Bad Marienberg & Umgebung
Jetzt Fan der WW-Kurier.de Lokalausgabe Bad Marienberg auf Facebook werden!