Birkenhof Brennerei: Die Frau hinter der Erfolgsgeschichte
Die Birkenhof Brennerei steht für Genuss und besondere Erlebnisse weit über die Grenzen des Westerwalds. Und die Zahlen stimmen auch. Wie konnte es dazu kommen? Ein Gespräch mit der Frau hinter dem Erfolgsmodell, Steffi Klöckner.
Kurier: 1848 bis heute: Wofür steht ihr Traditionsunternehmen damals wie heute?
Steffi Klöckner, Geschäftsführerin Birkenhof Brennerei: Wir stehen auf jeden Fall für „Heimat Westerwald“. Wir sind ganz stark in der Region verwurzelt. Außerdem stehen wir für „Brenn-Know-How“, das von Generation zu Generation weitergegeben wird – aber auch durch Schulungen und Fortbildungen erneuert und forciert wird. Wir sind bereits die siebte Generation, die achte steht mehr oder weniger in den Startlöchern.
1848 war die traditionelle Kornbrennerei noch ein kleiner Nebenerwerb eines kleinen Bauernhofs. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dann der Getränkehandel stärker forciert. Das Brennen lief auch da noch eher nebenbei. Dann ab 2006, ein wichtiges Jahr für unser Unternehmen, kam die absolute Konzentration aufs Brennen. Diese Entwicklung zeigt: Nicht die Großen sind die Gewinner am Markt, sondern die Schnellen. Durch den Generationswechsel konnten mein Mann und ich schnelle Entscheidungen treffen und diese konsequent umsetzen.
Diese Entscheidungen haben dann auch „neue, wegweisende Verfahren“ mit sich gebracht, steht auf ihrer Website. Was kann man sich als Laie darunter vorstellen?
Abgesehen von einer etwas moderneren Verfahrenstechnik hat sich diesbezüglich nicht viel geändert seit 1848. Allerdings hat sich unsere Produktpalette weiterentwickelt. 1999 kam beispielsweise zum Korn auch das Brennen von Obst hinzu. Das Know-How des Destillierens und Vergärens hatten und haben wir. Logistisch war es dazu möglich, Obst einzukaufen. Also dachten wir uns: „Das probieren wir jetzt einfach mal aus.“ Dadurch konnten wir ein ganz neues Image, verbunden mit neuen Produkten wie Obst- und Gemüsebrände, aufbauen. Wir waren nicht traditionell im Obstbereich zu Hause, was dann auch sehr schnell dazu geführt hat, dass wir Möhre brennen, rote Beete oder eben auch Bier. Über letzteres sind wir schließlich zum Whiskey gekommen. Freunde hatten unseren Bierbrand nach London genommen zu einem Whiskeyexperten. Und der war voll von dem Produkt überzeugt und sagte: „Wow, der ist ja so gut wie ein Whiskey.“ Daraufhin bestellten wir ein Holzfass, destillierten Roggen auf der Obstbrennanlage ab und – Zack – entstand der erste Whiskey.
Und mittlerweile sind Sie mit ihren Produkten weit über den Westerwald bekannt.
Wir betrachten uns durchaus als regionale Brennerei und setzen unseren Betriebsfokus auf 200 Kilometer um den Schornstein. Jetzt sind wir aber dabei, unsere Wege weiterzuführen. Man kennt uns in der Brenner- und Destillateurszene definitiv als Qualitätsunternehmen. Unsere traditionellen Produkte wie Westerwälder Kümmel oder Basaltfeuer haben natürlich den Heimatfokus. Aber wir bieten ja auch Produkte wie Fading Hill Whiskey oder holzfassgereifte Spirituosen an, die natürlich nicht direkt für den Westerwald stehen und so über die Heimatgrenzen ausstrahlen.
Aber wieso soll ich ausgerechnet Spirituosen von Ihnen kaufen, die ja nicht zu den Günstigsten gehören?
Sie haben unsere Spirituosen wohl noch nicht probiert, nehme ich an.
Doch, das habe ich.
Dann nehmen wir doch mal den Gin. Er ist relativ einfach herzustellen. Aber: Dann ist da eben der kleine Unterschied. So destillieren wir bereits seit langer Zeit Wacholder, während das andere Wettbewerber zum ersten Mal machen. Zudem haben wir spezielle Einweichverfahren. Außerdem nehmen wir einen holzfassgelagerten Gin und blenden schließlich isoliert destillierte Gewürzdestillate dazu. Da steckt dann sehr viel Geschmacks-Know-How dahinter. Man findet selten in einer Brennerei so gut ausgebildete Fachkräfte wie bei uns. Da sind wir richtig gut aufgestellt. Und das schmeckt man dann auch in den Produkten. Das sind Punkte, die das Produkt etwas teurer machen, aber den Preis wert.
2006 stellt eine Wegmarke für ihr Unternehmen dar. Seitdem hat ihre Firma spürbare Gewinnzuwächse verzeichnen können. Inwiefern hat sich die Brennerei in den letzten zehn Jahren verändert, um so zu wachsen?
Es ist durchaus echt gut gelaufen. Wir haben auch sehr, sehr viel investiert, beispielsweise in das Whiskeylager. 2006 sind wir vom Ort , wo sich noch der Getränkehandel befindet auf den Birkenhof umgezogen. Bis dahin waren auf dem Birkenhof nur die Destillationsanlagen. Wir haben den alten Stall umgebaut in Produktionsräume und die alte Wohnung in Büroflächen. Schließlich starteten an diesem Standort unter anderem die Produktion und der Verkauf. Im alten Verkaufsraum waren damals noch die Stallungen. 2006 begannen wir auch damit, die Brennerei für Besucher zu öffnen. Mittlerweile können wir fast 20.000 Gäste jährlich in der Birkenhof Brennerei begrüßen. Das hatte dann die weiteren Investitionen 2010 zur Folge, beispielsweise der Bau des Warehouses, wo der Whiskey gelagert wird, sowie die Verkostungsräume. 2015 folgte schließlich die Investition in eine neue Whiskeyanlage, eine 1400ltr. fassende Brennanlage und einen weiteren Verkostungs- und Besucherraum mit medialem Umfeld.
Apropos Whiskey: Wieso können ausgerechnet Sie Whiskey besser als die Iren oder Schotten?
Nicht unbedingt besser, aber eben auch. Wir sind traditionelle Kornbrennerei seit 1848. Seit fast 170 Jahren machen wir also nichts anderes als Getreide zu brennen. Und Whiskey bedeutet, einen Getreidebrand herzustellen – der aber nicht einfach so vermarktet wird und auch nicht zu hoch gebrannt und damit zu neutral gebrannt wird. Stattdessen muss er mindestens drei Jahre in einem Eichenholzfass reifen, damit man ihn auch Whiskey nennen darf. Und wie gesagt: Getreidebrand machen wir seit rund 170 Jahren. Und dann war es uns möglich, gute Holzfässer zu erwerben. Daher haben wir nun mal die Kompetenz, Getreide zu brennen, und damit Whiskey zu herzustellen, schon immer vorweisen können.
Wie kommt man auf die Idee als Westerwälder Traditionsfamilienunternehmen ausgerechnet Whiskey zu brennen?
Wir beobachten natürlich den Markt. Tradition heißt Altes zu bewahren – aber auch so anzupassen, dass es wieder in die neue Zeit passt. Dieser Ansatz ist wichtig, wenn man Traditionen in die Zukunft retten möchte. Ganz nach unserem Motto: „Neue Tradition in alten Fässern.“
In den vergangen Jahren haben Sie viel in die moderne Räumlichkeiten mit regionalem Bezug investiert. Was war die Motivation dahinter?
Wir wollen Tradition und Moderne zusammenbringen. Mir ist wichtig, dass Obstbrand ehrlich und echt schmeckt. Und genauso mag ich es bei Materialien, die für unsere Räumlichkeiten verwendet werden. Mir gefällt es nicht, wenn es nach Holzboden aussieht, obwohl es sich um Laminat handelt. Deshalb haben wir hier auch echtes Holz verwendet – oder eine Basaltsteinplatte als Tischplatte. Bewusst haben wir auf eine moderne Gemütlichkeit und Geradlinigkeit geachtet. Die Atmosphäre soll nicht angestaubt wirken, wie man es bei einer alten Brennerei vermuten würde. Viele Erstbesucher sind dann auch positiv überrascht, weil sie nicht dieses rustikal-angestaubte Ambiente erleben, sondern eine moderne Form einer Brennerei, von Produkten und deren Darstellung. Dazu gehören auch unsere Genussabende, bei denen wir Käse und Brand sowie Schokolade und Brand miteinander in Verbindung bringen und so dieses spezielle Geschmackserlebnis schaffen, oder zum Beispiel Gin-Blendingkurse, wo die Kursteilnehmer ihren eigenen Gin destillieren und blenden dürfen….
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Klöckner!
Interview: Daniel Pirker
Zur Person Steffi Klöckner:
2006 wurden der Getränkehandel und die Brennerei aufgespalten und der Generationswechsel vollzogen. Damit hatten ihr Mann Peter und sie die Brennerei übernommen. Seitdem führt die Mutter zweier erwachsener Söhne die Birkenhof Brennerei. In die Brennerfamilie hatte sie eingeheiratet. Sie kann eine vielseitige Ausbildung vorweisen: ein Duales Studium nach dem Mittelrhein-Modell bei der Fa. Brigitte Geschenke (Abschluss: Diplom-Betriebswirtin), eine Sommelierausbildung (IHK) auf der Weinschule Koblenz. Außerdem hat sich die geborene Westerwälderin nach dem Abitur zur Arzthelferin ausbilden lassen.
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