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Nachricht vom 27.09.2016    

Beratungsstellen fordern mehr Geld vom Bund

Am 14. September besuchte die Bundestagsabgeordnete Frau Gabi Weber, die Migrationsberatungsstelle des Diakonischen Werkes in Montabaur. Grund für diese Einladung war die bundesweite Lobbykampagne der beiden Migrationsfachdienste Jugendmigrationsdienst (JMD) und Migrationsberatung für Erwachsene (MBE).

Gesprächsteilnehmer am 14. September. Foto: privat

Montabaur. Sie wollten mit dieser Aktion auf die angespannte personelle Situation der Fachkräfte dieser beiden bundesgeförderten Integrationsdienste aufmerksam machen und um Unterstützung für eine bedarfsgerechte Aufstockung auf politischer Ebene zu bitten.

Obwohl in den JMD und den MBE aufgrund der seit Mitte 2015 auf Bundesebene enorm gestiegenen Zuzugszahlen – Registrierung von circa 1,1 Millionen Flüchtlingen in 2015, einer Steigerung der Asylerstanträge um 135 Prozent gegenüber 2014 und der weiteren Zuwanderung durch Drittstaatenangehörige und EU-Bürger von netto weiteren circa 1,1 Millionen – eine deutliche Aufstockung geboten wäre, sieht der Haushaltsentwurf 2017 des Bundes bei den MBE lediglich eine Fortführung der in 2016 vom Parlament eingestellten Mittel und bei den JMD sogar eine Kürzung um 8 Millionen Euro auf 42 Millionen Euro vor. - Für die JMD bedeutet das eine Rückführung der Finanzierung auf dem Stand von etwa 2006 bei einer gleichzeitiger Steigerung der Beratungszahlen im Zeitraum 2012 bis 2015 um 44 Prozent!

"Mit großem Unverständnis und auch Unmut mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass bei den Haushaltsberatungen des Bundestags für 2017 die Bedarfe der zugewanderten und geflüchteten Menschen und mit ihnen die anstehenden Integrationsherausforderungen nicht angemessen im Blick waren“, so die Referentinnen der Diakonie Inge Müller und Martha Prassiadou-Kara. „Für die Jugendmigrationsarbeit soll es sogar 8 Millionen Euro weniger geben. Und das, wo die Aufgaben der Beratungsstellen immer komplexer werden und die Spannbreite der Klientel immer größer wird. Anstatt sich um die Belange der Menschen in Notlagen zu kümmern, wird eher daran gedacht, bundesweit in mehr Polizeipräsenz und Sicherheitskräfte zu investieren und da geht’s nicht um 8 Millionen, sondern um Milliarden“, empört sich JMD Mitarbeiter Alexander Böhler hinzu.

Denn die Fachkräfte in den JMD und MBE haben immer weniger Zeit für eine bedarfsgerechte Beratung. So ist die Zahl der in den JMD bundesweit 600 Personalstellen trotz der steigenden Zahl der zu Beratenden und der immer komplexer werdenden Unterstützungsbedarfe seit 2006 nahezu gleich geblieben. Das bestätigt auch das Diakonische Werk, das sich die Erwachsenenberatung mit dem Caritasverband und der Arbeiterwohlfahrt teilt: Drei Personen mit zusammen 1,35 Stellen sind für die Erwachsenenberatung im ganzen Kreis zuständig. Für Jugendliche, – wofür das Diakonische Werk kreisweit zuständig ist, gibt es 2,25 Personalstellen. Auch bei den MBE lässt der Personalschlüssel zu wünschen übrig. Laut Aussage von Frau Prassiadou-Kara kamen 2015 auf eine Vollzeitstelle der evangelischen Träger bundesweit circa 400 Beratungsfälle. 150 wären für eine intensive Beratung angemessen. Auch hier ist dringend eine Personalaufstockung von Nöten.



Auch wenn die Zahl der neu kommenden Geflüchteten in 2016 im Vergleich zu 2015 etwas gesunken ist, wächst die Zahl der Migrantinnen und Migranten mit Bleibeperspektive, die dadurch in die Zuständigkeit der JMD und MBE fallen, ständig. Hinzu kommen neben der Zuwanderung aus EU-Staaten auch diejenigen Menschen, die bereits länger in Deutschland leben und noch Unterstützung benötigen. "Zum Glück gibt es engagierte Ehrenamtliche, die uns bei der täglichen Arbeit unterstützen, aber auch diese sind schnell überfordert, sobald es mit der Niederschwelligkeit aufhört. Insbesondere wenn Geflüchtete anerkannt werden und für sie somit ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Ab da bedarf es intensiver Beratung und Begleitung, wie sie nur Fachdienste leisten können“, so Wilfried Kehr, Leiter der Beratungsstelle.

Zusätzlich zu der Aufgabe der Beratung, sind die JMD und MBE auch für die Begleitung der Integrationskursteilnehmenden nach dem Zuwanderungsgesetz (Paragraph 45 des Aufenthaltsgesetzes) zuständig. – Es konnte anschaulich vermittelt werden, dass die vorhandenen Personalkapazitäten bei aktuell über 20 Integrationskursen kreisweit, bei weitem nicht ausreichen, um die Teilnehmenden dieser Kurse angemessen zu begleiten.

Ebenfalls thematisiert wurden der Stellenwert einer funktionierenden Netzwerkarbeit bei einer gelingenden Integration und die Rolle der JMD und MBE im Gemeinwesen. In diesem werden die beiden Integrationsfachstellen nicht nur als kompetente, erfahrene und erfolgreiche Beratungsdienste nachgefragt, sondern fungieren dort auch als wichtige Integrationsmotoren, indem sie über ihre Arbeit zur Förderung des sozialen Friedens beitragen und einen wichtigen Beitrag zur Kriminalitäts- und Extremismus Prävention leisten.

Als Grund dafür, warum neben der dargestellten Entwicklungen und Handlungsbedarfe die beiden migrationsspezifischen Fachdienste JMD und MBE auch in Zukunft unverzichtbar sein werden, betonte, Inge Müller, „…dass eine gelingende Integration einen ganzheitlichen Blick auf die zugewanderten und geflüchteten Menschen erfordere und dass eine Reduktion auf Sprachförderung und Arbeitsmarktintegration allein nicht ausreichend seien“.

Die Bundestagsabgeordnete, Frau Weber, erklärte abschließend, dass sie bei diesem Gespräch mit den Profis des Jugendmigrationsdienstes und der Migrationsberatung für Erwachsene erneut feststellen konnte, welch sehr gute Arbeit dort seit Jahren geleistet werde. Diese müsse auch fortgesetzt und an die Notwendigkeiten momentaner Situationen angepasst werden. Dafür würde sie sich einsetzen und tun was möglich sei, damit diese Botschaft auch bei den Verantwortlichen für die Haushaltsplanung ankomme.


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