EU-Programm „Fit in Europe" macht fit für den Arbeitsmarkt
„Reisen bildet" sagt der Volksmund. Der Dalai Lama rät: „Besuche einmal im Jahr einen Ort, den du noch nicht kennst!" Vier Jugendliche aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz, aus Neuwied, Mayen und Westerburg, sind diesen Ratschlägen gefolgt und haben sich im Rahmen eines europäischen Jugendprogramms auf die Reise nach Frankreich begeben. Vier Wochen lang lernten sie in der Hafenmetropole Marseille ein anderes Leben, eine andere Kultur und eine andere Art zu arbeiten kennen. Sie schildern ihre Eindrücke.
Neuwied/Westerburg. „Fit in Europe" heißt das Programm der Europäischen Union, mit dem Jugendliche aus nicht immer einfachen Verhältnissen ihr Selbstwertgefühl, ihre Motivation und ihre Chancen auf dem Ausbildungsmarkt steigern sollen. Dennis und Joshua aus Mayen, Vanessa aus Neuwied und Joana aus Westerburg nehmen an berufsintegrativen Projekten der Gesellschaft zur Förderung Beruflicher Integration (GFBI) teil und haben bei „Fit in Europe" mitgemacht. Sie berichten sehr positiv von ihren Erlebnissen in einer für sie bis dahin fremden Welt.
Dennis hat in einer Eisdiele in Marseille gearbeitet. Seine Eindrücke sind noch frisch, vor zwei Wochen kam er nach Deutschland zurück: „Meine Aufgaben waren gewesen: spülen, die Kunden zu bedienen und den Laden zu putzen. Es hat mir Spaß gemacht." Die Eisdiele war so weit vom Appartement entfernt, in dem Dennis und die drei anderen aus Deutschland untergebracht waren, dass er jeden Tag mit der U-Bahn zur Arbeit fahren musste. Für einen jungen Mann aus der ländlichen Eifel ohne Kenntnisse der französischen Sprache nicht gerade eine Kleinigkeit. Aber auch das gehört zu den Erfahrungen des Programms, an denen die jungen Teilnehmer reifen sollen.
Joshua (19) aus Mayen war ein weiterer der vier Frankreich-Reisenden. Er nimmt zusammen mit Dennis in Mayen an einem berufsintegrativen Projekt der Gesellschaft zur Förderung Beruflicher Integration (GFBI) teil. Beide hatten sich, wie auch die GFBI-Projektteilnehmerinnen Vanessa und Joana, erfolgreich für den Aufenthalt in Marseille beworben. Joshua sagt: „Die vier Wochen in Frankreich waren hilfreich für meine Zukunft. Ich bin noch unsicher, welchen Beruf ich ergreifen soll. In Marseille habe ich in einem Restaurant gearbeitet. Das wollte ich einmal ausprobieren. Vielleicht möchte ich auch eine kaufmännische Ausbildung machen oder Fachkraft für Lagerlogistik werden. Wenn ich alles ausprobiert habe, werde ich mich entscheiden."
Die Chancen für einen Gastronomieberuf stehen nach dem Aufenthalt in Marseille jedenfalls nicht schlecht. Joshua: „Die Kollegen waren sehr nett. Ich habe hauptsächlich hinter der Bar gearbeitet und Sachen vorbereitet, zum Beispiel Getränke. Ich habe auch Brot serviert und Kaffee gekocht und Reinigungsarbeiten erledigt. Wegen der Sprachbarriere konnte ich noch keine Gäste bedienen." In Kürze hat Joshua ein Vorstellungsgespräch in einem Gastronomiebetrieb. Seine Bewerbung war erfolgreich, unter anderem auch wegen seines vierwöchigen Praktikums in Frankreich. Die Reise habe ihn auch persönlich weitergebracht, ist Joshua überzeugt: „Ich empfand es als angenehm im Ausland. Ich konnte auch ein bisschen für mich alleine sein und über einige Dinge nachdenken. Ein wenig habe ich mich dadurch verändert." Jederzeit würde er wieder nach Frankreich gehen, dann aber lieber für einen längeren Zeitraum. Vier Wochen seien zu kurz, meint er.
Vanessa, zum Zeitpunkt ihres Frankreich-Aufenthalts wie Joshua 19 Jahre alt, hat in einem Tierheim geholfen. Sie hat die Tiere gepflegt und gefüttert, die Gehege gereinigt und bei den Vermittlungen an neue Besitzer geholfen. Soweit es ihre Französischkenntnisse zuließen. Aber bei diesen Gesprächen hat sie etwas sehr Wichtiges gelernt: „Ich habe gemerkt, wie man sich mit Gesten gut helfen kann", beschreibt Vanessa ihre neue Erfahrung. Das ist ihr bis dahin schwer gefallen. Die zusätzliche Möglichkeit, sich auszudrücken, verleiht ihr Sicherheit: „Ich fühle mich jetzt sicherer im Umgang mit anderen Menschen", sagt Vanessa. Überhaupt hat die junge Frau jetzt eine offenere Art auf andere zuzugehen. In Frankreich hat sie gelernt: „Die reden dort viel mehr miteinander. Das war ganz anders, als ich es von meinem Minijob im Einzelhandel hier in Deutschland kenne. In den Mittagspausen sind wir zusammengeblieben und haben uns unterhalten. Die Franzosen tauen viel schneller auf. Man lernt sich sehr schnell persönlich kennen. In Deutschland sind die Kollegen reservierter. In Marseille habe ich in drei Wochen ein besseres Verhältnis zu meinen Kollegen entwickelt, als in Deutschland über Monate hinweg." Eine Teilnahme am Programm „Fit in Europe" empfiehlt Vanessa jedem, der die Möglichkeit dazu hat: „Es ist eine Erfahrung, an die man so einfach nicht noch mal rankommt!"
Die GFBI-Projekte „Fit für den Job" und „Juwel" werden angeboten im Auftrag der Jobcenter des Landkreises Mayen-Koblenz, Neuwied, Westerwald und Rhein-Lahn sowie der Arbeitsagentur Montabaur. Das Land Rheinland-Pfalz und die Europäische Union stellen die Finanzierung sicher. „Fit in Europe" ist ein Projekt der Mainzer Kompetenz Initiativen e.V. Mehr Informationen darüber gibt es unter www.fit-in-europe.eu.
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