Junge Menschen fasten Hass
Offene Hetze in den sozialen Netzwerken, Wutbürger auf der Straße, Gewalt und Verrohung zur besten Sendezeit. Und die Reaktionen auf diese Ausbrüche sind nicht weniger zügellos. Der Hass ist salonfähig geworden. Mehr als 30 Jugendliche wollen nun den Teufelskreis aus gegenseitigen Beleidigungen und Anfeindungen durchbrechen: Sie sind die evangelische Jugendkirche "Way to J" und rufen in ihrer Fastenaktion zu "Sieben Wochen ohne Hass" auf.
Westerwald. "Hass ist gesellschaftlich inzwischen akzeptiert: Es gibt die sichtbaren Facetten von Hass – den Shitstorm oder sogar Morddrohungen -, aber auch die unsichtbaren, für die wir in uns hineinschauen müssen", sagt die 17-jährige Letitia Olivier und meint damit das alltägliche Gift, das sich in den Köpfen und Herzen zusammenbraut. "Wir kennen Streit, Neid, Undankbarkeit. Das sind Gefühle, die schnell in Hass umschlagen können. Die Fastenzeit möchten wir bewusst nutzen, um diesen negativen Gefühlen positive entgegenzusetzen."
Konkret widmen sich die Jugendlichen jede Woche einem anderen Wortpaar: Während ihrer wöchentlichen Treffen sprechen sie zum Beispiel darüber, wie aus Undankbarkeit Dankbarkeit werden kann oder wie man einem langen Streit mit Versöhnung begegnet. "Das wollen wir nicht nur theoretisch diskutieren, sondern im Alltag umsetzen, indem wir uns ein Herz fassen und Menschen die Hand reichen", sagt die 18-jährige Kimberley Remy. "Oft ist die Antwort auf Hass neuer Hass. Aber da machen wir nicht mit. Wir setzen auf Liebe und auf den Dialog."
Für Jugendpfarrer Werner Schleifenbaum bedeutet das, auch für diejenigen offen zu sein, die Hass säen. "Diesen Menschen wird zurzeit keine Hand ausgestreckt. Stattdessen haben alle – auch die Politiker – Angst, mit denen in einen Dialog zu treten", sagt er. Dabei ist die Herangehensweise von Jesus Christus eine andere, meint Schleifenbaum: "Im Matthäus-Evangelium spricht er von der Feindesliebe und fordert uns auf, die zu segnen, die uns verfluchen und für die zu bitten, die uns beleidigen. Wir als Christen wollen gegen den Strom schwimmen und nicht diejenigen hassen, die hassen. Wir wollen jeden willkommen heißen. Und zwar unabhängig davon, welche Denkrichtung oder welche Religion er oder sie hat."
Eine Fastenaktion, die Durchhaltevermögen und Mut erfordert, die aber – so hoffen es die Jugendlichen – Beziehungen und den Umgang miteinander nachhaltig verändern. "Wenn man das Wort Revolution rückwärts liest, steckt dort 'Love', also Liebe drin", sagt Letitia Olivier abschließend. "Wir als Jugendkirche stehen auf gegen den Hass und wollen eine Revolution durch Liebe. Nicht nur während der Fastenzeit." (bon)
Weitere Infos zur Jugendkirche "Way to J" im Internet unter www.way-to-j.de.
Auslagerung:
Die Fastenaktion der Jugendkirche endet mit einem Gottesdienst im Capitol-Kino Montabaur am Karfreitag, 14. April, um 11 Uhr. Jugendpfarrer Werner Schleifenbaum sowie die Teams von "Way to J" und der Evangelischen Jugend Montabaur stellen dann ihre Erfahrungen mit sieben Wochen ohne Hass vor und sprechen darüber, was das Thema mit Karfreitag zu tun hat.
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