Ein türkischer Messias und zwei schräge Musiker
Gegen die Despoten und Irren in der Weltpolitik müsse man mit Kabarett gegensteuern, meinte Uli Schmidt, Sprecher der Kleinkunstbühne Mons Tabor, zu Beginn der Westerwälder Kabarettnacht. Oberelbert, das Mekka der deutschen Kabarettszene, verhalf in den vergangenen 24 Jahren bereits vielen Künstlern zu einem Karrierestart, der sie danach zur Berühmtheit brachte.
Oberelbert. Dieses Schicksal wird ganz bestimmt auch die diesjährigen Kandidaten ereilen. Der türkisch-stämmige Kabarettist Aydan Isik bietet mit seinem Programm „Bevor der Messias kommt“ immerhin die kabarettistische Rettung vor dem Fegefeuer. Denn man müsse über Religion reden, solange deutsche Parteien ein C vor sich her tragen, solange Radikalisten der Religion wegen töten und solange „In God we trust“ auf den Dollars steht.
In seiner „Berg“-Predigt unterhielt sich Messias Isik mit Gott-Vater. Dabei wurde deutlich, dass Gott einen schrägen Humor hat und dass irgendein Update aus dem praktisch anwendbaren Ein-Gott-Glauben drei Versionen hervorbrachte: nach dem Judentum kam das Update 2.0 mit dem Christentum mit dem größten Unternehmen der Welt, dem Katholizismus, dessen Geschäftsführer in dem Kleinstaat „Vatikan“ lebt und arbeitet. Nach 600 Jahren brachte Update 3.0 den Islam, der vier Frauen im Leben und 72 Jungfrauen im Paradies gewährt. Warum 72? Diese Zahl muss mit Mohammed im türkischen Basar ausgehandelt worden sein.
Alle Religionen erzählen dieselben Geschichten, stellte Isik fest, zum Beispiel die Schöpfungsgeschichte, die im Rheinland zur Kreation „Himmel un Ääd“ geführt hat. Dass nur Eva und nicht Adam die Erbsünde begangen haben kann, erschließt sich nachvollziehbar aus dem „weiblichen“ Verhalten: Wäre Adam schuld, wäre die Geschichte der Menschheit schon damals vorbei gewesen. So jedoch sind wir als inzestöse Nachkommen von Eva alle Geschwister! Zudem sind Juden, Christen und Mohammedaner alle Nachkommen Abrahams, des ersten berühmten Menschen mit Schizophrenie und Viagra-Konsum. Jesus Christus, der berühmteste Erretter, soll als Messias zurück auf die Erde mit dem Auftrag, den Anti-Christ zu bekämpfen. Der ist überall, hat kein definiertes Aussehen und soll zuerst in Europa gesucht werden. Makabrer Weise muss Jesus jedoch wieder von Bethlehem aus starten, was ihn vor logistische Probleme stellt und ihn sowohl am Verstand der Menschen als auch an der Liebe seines Vaters zweifeln lässt: „Die haben mich nicht verstanden. Was hast du sie alles machen lassen? Du hörst mir nie richtig zu!“ - Gott hat aufgelegt.
Tim Beckmann plus – das Plus war Gitarrist Markus Grieß – spielten im zweiten Teil des Programms das Kabarettkonzert „Was soll die Terz…?“ Die beiden Musiker bringen bei ihren Auftritten alle Stile auf die Bühne, von Mozart bis Led Zeppelin, Rocky, Chopin, Leo und Kate, Helene Fischer und Andreas Bourani. Mit Flügel, E-Gitarre, Sound-Maschine, viel Witz und profundem Wissen über Musikgeschichte sowie dem gelegentlichen Versuch zu singen: „Wir wissen, dass das nicht unsere Stärke ist.“ Ihre Stärke ist das kreative Kombinieren, Sezieren und Variieren mit Kulturauftrag für Oberelbert und Mitmachbeiträgen. Brahms Schlaflied „Guten Abend, gute Nacht“ hätte, wenn es mehr auf Rammstein komponiert worden wäre, die Musikgeschichte total verändert. Die Kreation fand den Gefallen des Publikums ebenso wie die Grönemeyer-Imitation von „Auf uns!“ mit mitreißenden Gitarrenriffs oder „Marathon“ von Helene Fischer.
Die Analyse von sinnfreien Schlagertexten ließ das Duo ein „Best of worst“-Medley kreieren. Dass die Texte in der Klassik auch oft schlecht waren, bewiesen sie anhand von Mozarts „Bona Nox“: "Zu viel Bushido!" „Carmen“ mit „La Paloma“ kombiniert und mit Publikums-Chor gefüllt, war eins der musikalische Highlights in Oberelbert.
Beim nächsten Auftritt kann Uli Schmidt das Duo Beckmann-Grieß bestimmt nicht mehr als „unbekannte Künstler“ ankündigen. Das ist nach der Westerwälder Kabarettnacht bekanntermaßen vorbei. Die Besucher, die Karten für den Samstagabend, 18. März ergattern konnten, dürfen sich freuen, dass die Musiker noch einmal auftreten.
Im nächsten Jahr steht das 25. Jubiläums-Kabarett an, das vier Tage lang – vom 15. bis 18. März 2018 – gefeiert werden wird mit vielen bekannten Namen der Kabarettszene wie Stefan Waghubinger und Matthias Tretter.
Zunächst startet die 22. Reihe der „Musik in alten Dorfkirchen“ im Kultursommer Rheinland-Pfalz mit virtuosen Weltmusikern. Am 14. Mai tritt in der Evangelischen Kirche in Kirburg das „World Percussion Ensemble“ auf. htv
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