Bewegender, ehrlicher Gottesdienst zum Abschied von Michael Dietrich
Nach 21 Jahren sagt Pfarrer Michael Dietrich der evangelischen Kirchengemeinde Montabaur adieu. Und diesen Entschluss hat er sich weiß Gott nicht leicht gemacht. Aber die schwierigen Momente gehören ebenso zum Leben wie die schönen. Auch Dietrichs Abschiedsgottesdienst in der voll besetzten Lutherkirche war ein ausgesprochen menschlicher. Und gerade deshalb so bewegend.
Montabaur. Der Abschied fällt nicht nur Familie Dietrich, sondern auch vielen Weggefährten schwer. Manchmal stocken Stimmen, oft fließen Tränen. Dabei möchte Michael Dietrich das eigentlich gar nicht. Er wünscht sich, dass die Gemeinde dankbar in die Vergangenheit und mutig in die Zukunft blickt. Ein Wunsch, hinter den der Pfarrer ein buntes Ausrufezeichen in Form eines Blumenstraußes setzt. „Jede Blume ist ein Wunsch für die Gemeinde“, sagt Michael Dietrich während seiner Predigt: Die Gerbera steht für die Dankbarkeit, die Rose für die Herzlichkeit, die Hortensie für die vielen Begabungen der Montabaurer Christen, die Sonnenblume für die Offenheit der Kirchengemeinde, die Nelke und die Margerite für Begeisterung und gegenseitige Begleitung. Als letzte steckt Dietrich eine prächtige Lilie in den Strauß. „Diese weiße Blume steht für das Licht; für die Erleuchtung durch die Anbetung Gottes. Möge dieses Licht uns den Weg weisen und dieser Strauß geistlicher Wahrheiten unsere Gemeinde auf ihrem Weg begleiten und ermutigen.“
Die Nähe zu Gott war und ist dem Pfarrer eben ein besonders wertvolles Pflänzchen, das gehegt und gepflegt werden muss. Michael Dietrich hat die geistliche Dimension seiner Arbeit nie aus den Augen verloren und auch andere mit auf diesen Weg genommen. Zum Beispiel während der Alphakurse, der regelmäßig stattfindenden Glaubenskurse in Montabaur. Deshalb kommt den Teilnehmern des jüngsten Kurses während des Abschiedsgottesdienstes eine besondere Rolle zu. In kurzen Sätzen bringen sie zum Ausdruck, wie segensreich und bereichernd dieser wichtige Baustein der Montabaurer Gemeindearbeit für sie ist.
Bereichernd sind an diesem Nachmittag auch die vielen musikalischen Beiträge der Montabaurer Kantorei, der Praising Teen Voices unter Leitung von Jens Schawaller sowie von Claudia Lehnet und Marisa Bach. Auch die Sängerinnen und Sänger bewegt der Weggang Michael Dietrichs. Das spürt und hört man. Denn der Pfarrer und seine Familie hinterlassen eine Lücke in der Region, wie es Dekan Wolfgang Weik auf den Punkt bringt: „Du hast mit Deiner Familie eine Heimat in Montabaur gefunden. Eigentlich wolltet Ihr diese Heimat erst in zwei Jahren verlassen. Aber wir alle wissen, dass die Dinge nicht immer so funktionieren, wie wir uns das wünschen. Wir kommen an unsere Grenzen, obwohl wir es gut meinen. Und wir alle tragen unsere Verantwortung – nicht nur die beiden Pfarrer“, sagte Wolfgang Weik mit Blick auf die belastende Situation in der Gemeinde.
In diesem Zusammenhang hebt Weik auch die segensreiche Arbeit des anderen Montabaurer Pfarrers, Johannes Seemann, hervor, der die Kirchengemeinde ebenfalls verlassen wird. „Ihre beide habt viele Menschen geprägt und ward ihnen Vorbild. Und dennoch müssen wir – muss die Gemeinde – jetzt alleine weitergehen und an dem weiterbauen, was mit Euch in den vergangenen Jahren begonnen und fortgesetzt wurde.“ Weik hofft, dass am Ende dieser schwierigen Zeit und allen nachvollziehbaren Klagen und Frust ein Neuanfang mit Gott möglich ist. „Er ist barmherzig, er lässt uns nicht im Stich. Das ist die Botschaft unseres Glaubens. Du, Michael, hast diese Botschaft verkündigt, und sie gilt uns allen.“
Trotz der Blumen, der vielen guten Wünsche und der bewegenden Musik: Der Abschiedsgottesdienst Michael Dietrichs war nicht immer angenehm. Aber er war ehrlich. Die Gemeinde weiß, dass sie nach dem Abschied Michael Dietrichs und bald auch Johannes Seemanns einen langen, schwierigen Weg vor sich hat. Das Schlusslied des Abends ist „Geh unter der Gnade“, und währenddessen erhebt sich die Gemeinde spontan für Michael Dietrich und seine Frau Isolde. Ein besonders ergreifender Moment. Und eine Zusage dafür, dass weder die Gemeinde noch die Pfarrer alleine auf den Weg in die Zukunft aufbrechen müssen. (bon)
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