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Nachricht vom 19.09.2017    

Flüchtlinge im Westerwaldkreis oft zum Nichtstun verurteilt

Darf man Menschen zum Rumhängen und Nichtstun zwingen, die arbeiten und sich für die Gesellschaft nützlich machen wollen? Bei vielen im Westerwaldkreis gelandeten Flüchtlingen und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern stellt sich diese Frage ebenso wie bei zahlreichen Unternehmen in der Region. Denn: die Ausländerbehörde der Kreisverwaltung versagt in zu vielen Fällen die Aufnahme oder Fortsetzung einer Arbeit.

Der junge Pakistani hat es geschafft und nach einem erfolgreich absolvierten EQJ eine Lehre als Elektriker in einem heimischen Handwerksunternehmen begonnen. Foto: privat

Westerwaldkreis. Nach Ansicht von Kreistagsmitglied Uli Schmidt muss sich das schnell ändern, da sonst das System der Integration im Kreis nicht funktionieren kann. „Ich bin sehr dafür“, so Schmidt, „dass alle arbeitsfähigen Asylbewerber was schaffen und nicht nur Sozialleistungen kassieren sollen!“. Sehr viele seien integrations- und leistungsbereit und es gebe beispielsweise in Gastronomie, Handwerk und Pflege genug Arbeitgeber, die für mehr oder weniger qualifizierte Tätigkeiten dringend Personal suchen.

Da derzeit das neue Ausbildungsjahr beginnt, ist das Unverständnis auch groß bei der Versagung von Ausbildungsgenehmigungen. Durch das große Engagement von vielen ehrenamtlichen Helfer/innen sowie Leiter/innen von Sprach- und Integrationskursen sowie engagierten Unternehmen, werden immer mehr junge Flüchtlinge so gut gefördert, dass sie eine Ausbildung (meist im Handwerk) beginnen können. Oft ist dem auch ein von der Arbeitsagentur gefördertes EQJ (Einstiegsqualifizierungsjahr) vorausgegangen.

Noch nicht im Kreishaus angekommen ist offensichtlich auch die vom Aufenthaltsstatus unabhängige „3-plus 2-Regelung“. Diese bundesweit geltende Vorschrift sieht vor, dass Flüchtlinge, die eine Ausbildung beginnen, ihre dreijährige Lehre beenden und danach zwei Jahre in Deutschland arbeiten dürfen. Und wenn Sie danach ins Herkunftsland zurück müssen ist das nach Ansicht von Fachleuten die beste Entwicklungshilfe die es gibt. Grundsätzlich ist zum Thema Ausbildung noch festzustellen, dass viele Lehrstellen gerade im Handwerk in diesem Jahr unbesetzt sind. In einzelnen Betrieben gab es nicht eine einzige Bewerbung auf eine ausgeschriebene Lehrstelle.

Im Vergleich mit anderen Kreisen ist festzustellen, dass es Flüchtlinge im Westerwaldkreis ungleich schwerer haben eine Arbeit oder Ausbildung aufzunehmen als in vergleichbaren Nachbarkreisen. „Das mag daran liegen“, so das langjährige Kreistagsmitglied, „dass die laufenden Sozialleistungen für Asylbewerber überwiegend von Bund und Land abgedeckt werden“. Wäre der Westerwaldkreis hier Kostenträger, würde die Kreisverwaltung sicher die Leistungsempfänger in jedem Einzelfall in die Betriebe drängen, ist sich Schmidt sicher.

Wer nicht arbeiten und Geld verdienen darf, obwohl der Arbeitsmarkt dies zulässt und dringend Leute sucht, bezieht vom Staat Alimente, was im Ergebnis eine vermeidbare Steuerverschwendung ist! Flüchtlinge wollen und müssen arbeiten, es ist unsinnig sie wie im Westerwaldkreis in zu vielen Fällen unnötig rumsitzen zu lassen. Dadurch treibt man sie in die Hände von Hasspredigern und anderen „Propheten“. Wir wissen nur zu gut, wozu das bei Jugendlichen führen kann, die sich unverstanden und ausgestoßen fühlen. Die beste Prävention ist eine klare Perspektive und die ist ohne Arbeit nicht möglich. Die große Mehrheit der Flüchtlinge ist nicht traditionell eingestellt und religiös motiviert, sondern liberal denkend mit vorhandener Wertschätzung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Viele wollen möglichst schnell einen Job finden, sich weiterbilden und finanziell unabhängig werden.



Bemängelt wird, dass trotz vielfältiger Anstrengungen auch der Verbandsgemeinden, der bestehende Ermessenspielraum im Kreishaus in Montabaur leider zu oft gegen die Flüchtlinge ausgelegt wird. Gerade bei den 2015-er-Altfällen sollte man im Kreishaus öfter mal wie in vielen anderen Kreisen verfahren: wenn es zwischen Bewerber und Betrieb passt, dann muss halt mal im Sinne einer schnellen Arbeitsmarktintegration entschieden werden! Im Zweifelsfall auch ohne endgültigen Nachweis der Identität. Richtig erkannt hat dies der Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung Unternehmensverbände (LVU) in Rheinland-Pfalz, Werner Simon: „Flüchtlinge möglichst rasch in Beschäftigung oder Ausbildung zu bringen, hat nach wie vor höchste Priorität“.

Für die Wirtschaft im Westerwald bilden die zu uns geflüchteten Menschen ein wichtiges Potential für den Arbeitsmarkt. Viele heimische Unternehmen sind ebenso wie die beteiligten Behörden bereit in deren Aus- und Weiterbildung zu investieren. Dazu meinte ein heimischer Gastronom, der zwei Flüchtlinge aufgrund von Arbeitserlaubnis-Versagung verloren hat: „Ich brauche die Jungs, die gute Arbeit machen – Deutsche finde ich dafür nicht“. Oder der Leiter einer Altenpflegeeinrichtung aus der VG Montabaur stellte fest: „Wir können auf die Leute nicht verzichten!“.

Wichtig ist auch die Tatsache, dass die heimischen Unternehmer keine Asylrechtsexperten sind, sondern sie einfach nur jemand aus humanitären oder wirtschaftlichen Gründen eine Chance geben wollen. Dabei kommen sie häufig an ihre Grenzen, wenn sie feststellen müssen, dass gesunder Menschenverstand und Asylrecht oft nicht zusammenpassen. Zumindest im Westerwaldkreis. Dort gilt noch in zu vielen Einzelfällen das Primat der Ablehnung von Geflüchteten statt dem Prinzip „zugedrücktes Auge“. (PM Uli Schmidt)


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