Vortrag „Liberaler Islam – Realität oder Wunschvorstellung?“
Rabeya Müller hielt in der Stadthalle Hachenburg am 28. September zum Thema „liberaler Islam – Moscheeverbände, insbesondere Ditib – Integration" vom theologischen Blickwinkel her einen Vortrag, der von der Bürger-Initiative "HachenburgSollBuntBleiben" wie folgt zusammengefasst wiedergegeben wird.
Hachenburg. Nur circa 20 Prozent der in Deutschland lebenden etwa fünf Millionen Muslime sind in Verbänden organisiert. Da im 2007 gegründeten Koordinationsrat der Muslime nur vier Verbände (Ditib, VIKZ, Islamrat, Zentralrat) vertreten sind, kann dieser nicht einmal für diese 20 Prozent sprechen. Wie bei den Christen praktizieren auch längst nicht alle Muslime ihren Glauben. Viele Muslime in Europa fühlen sich nicht mehr allein durch das Islamverständnis der Herkunftsländer ihrer Eltern angesprochen. So hat sich 2010 der Liberal-Islamische Bund e. V. (LIB) gegründet. Er ist eine als gemeinnütziger, eingetragener Verein organisierte Religionsgemeinschaft, die langsam aber stetig wächst.
Zu Gast der „BI Hachenburg soll bunt bleiben“ war Gründungsmitglied des LIB, Imamin Rabeya Müller. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist der islamische Religionsunterricht, wofür sie zusammen mit Lamya Kaddor die erste Schulbuchreihe für Islamkunde in deutscher Sprache "Saphir“ veröffentlicht hat.
Kundig und verständlich stellte sie die unverzichtbaren Kerninhalte des Islams, seine fünf Säulen dar (Glaubensbekenntnis: Glauben an den Einen Gott sowie den Glauben an Muhammad als Gesandten Gottes, das tägliche Gebet, die soziale Spende, das Fasten während des Ramadan und die Wallfahrt nach Mekka). Alles was darüber hinausgeht darf ein Muslim nach eigenem Gewissen und offen interpretieren. Denn die Beziehung Mensch-Gott ist so eng, dass nichts dazwischen geht.
Da der Islam vom Menschen nichts Unmögliches verlangt, können seine „5 Säulen“ auch problemlos in das „westliche Leben“ integriert werden. Die Interpretation der Glaubensquellen muss auch unter Einbeziehung des historischen und sozialen Kontextes, in dem sie entstanden sind, erfolgen. So ist der Islam mit dem Grundgesetz vereinbar, das insbesondere eine umfassende Geschlechtergerechtigkeit und alle anderen Religionen gleichermaßen schützt.Ferner darf gegenüber anderen Religionen kein exklusiver Wahrheitsanspruch geltend gemacht werden. Es gibt im Islam keinen Papst, kein Auslegungsmonopol. An vielen Stellen im Koran wird der Gläubige aufgerufen SEIN Gehirn zu gebrauchen, selbst zu reflektieren und nicht Personen, die sich zwischen ihn und Gott schieben wollen, blind hinterherzulaufen. Imam einer Gemeinde kann nur derjenige sein, hinter dem die Gemeinde steht, der von ihr akzeptiert wird. Ganz anders zum Beispiel die hierarchische Ditib-Vereinsstruktur, wonach der religiöse Beirat des Ditib-Landesverbandes den Imam jedes Ditib-Orts-Vereins ernennt.
Die Angriffe auf den LIB seitens anderer, insbesondere konservativer, Richtungen innerhalb des Islams sind Zeugnis eines steten Ringens um die Deutungshoheit des Islams.
Wenn die Integration des Islams in eine Welt gelingen soll, die auf den universellen Grundrechten der EMRK, des GG aufbaut, müssen ALLE Strömungen des Islams eine gleichberechtigte Stimme in den Gremien bekommen, die über die Ausrichtung des Islams entscheiden, insbesondere die Besetzung der Islam-Lehrstühle, der Lehrerstellen und die Lerninhalte des islamischen Religionsunterrichts, so der zusammenfassende Rat von Müller an die politisch Verantwortlichen. Positives Beispiel sei der Rat der Religionen in Köln (einer Stadt, in der fast alle Strömungen des Islams vertreten sind) und an dem der OB Kölns stets teilnimmt. (PM)
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