Werbung

Nachricht vom 10.01.2018    

Wahlroder Gotteshaus wird akribisch restauriert

Die Evangelische Kirche Wahlrod gibt zurzeit ein tristes Bild ab. Im Innern des 167 Jahre alten Gotteshauses ist es kalt; eine dicke Staubschicht bedeckt Gerüste und Werkzeuge; es riecht nach frischer Farbe und nach Arbeit. Sven Trommer lässt sich von der ruppigen Atmosphäre nicht aus der Ruhe bringen.

Noch gibt die Wahlroder Kirche ein recht trostloses Bild ab, doch die Kirchenvorstandsmitglieder Bernd Rickes und Margit Limpert sowie Restaurator Sven Trommer sind sich sicher, dass sich die Mühen lohnen. Fotos. Peter Bongard

Wahlrod. Mit einer Engelsgeduld trägt er winzige Farbschichten von der Kirchenwand ab, und allmählich eröffnet er mit seinem Skalpell Einblicke in vergangene Jahrhunderte. Trommer ist Restaurator und betreut neben dem Architekturbüro Heinrich die Renovierungsarbeiten im und ums Gotteshaus. In voraussichtlich vier Monaten soll der Staub verflogen sein und das Gebäude in neuem, altem Glanz erstrahlen.

Seit dem Frühjahr 2016 wird die Kirche in Schuss gebracht – zuerst außen und seit Sommer 2017 auch im Innern. „Das war auch bitter nötig“, sagt Sven Trommer. „Der Sockel und der Turm waren geschädigt, und während der Renovierungen der 1970er-Jahre wurde offenbar nicht allzu viel Wert auf historische Authentizität gelegt.“ Damals haben die Arbeiter die frühere Lehmdecke kurzerhand durch eine unschöne Verkleidung aus Gipskarton ersetzt. „Das habe ich in einer Kirche auch noch nicht gesehen“, sagt der Restaurator und schüttelt den Kopf.

Denn die Wahlroder Kirche ist nicht nur wegen ihrer Lage auf einer Anhöhe ein Schmuckstück. Auch im Innern gibt es viele bemerkenswerte Details. Das Dumme ist nur, dass etliche Stellen der alten Fassung – so nennen Restauratoren die farbliche Ausgestaltung des Innenraums – unter neueren, weniger charmanten Farbschichten verborgen liegen. „Um zu wissen, wie es hier aussah, muss ich diese Schichten entweder chemisch oder mit dem Skalpell abtragen oder mich an alten Fotos orientieren.“ Von denen hat Kirchenvorstandsmitglied Bernd Rickes als Betreuer des Wahlroder Dorfarchivs glücklicherweise noch viele in seinem Fundus. Und so gelingt es Sven Trommer, die historische Ornamentik akkurat zu rekonstruieren. Dabei gehen die Experten sogar so weit, dass sie Fassadenproben aus der Kirche in Kunstharz gießen und anschließend abschleifen. „Im Labor kann ich dann genau die unterschiedlichen Farbschichten einer Wand erkennen“, erzählt Trommer. Der Lohn dieser Sisyphusarbeit: eine geschmackvolle Farbgebung, in der Grün- und Brauntöne dominieren; rekonstruierte Schablonenmalereien in den später hinzugekommenen Kassettenfüllungen der Empore; schöne Ornamente an der Vorderseite der Raßmann-Orgel, die in den 1970er-Jahren verloren gingen.



Die Wahlroder Kirche wird aber nicht nur optisch hübsch gemacht. Die Sakristei und das WC werden deutlich vergrößert, die Elektrik- und Heizungsanlage sind ebenfalls neu. „Außerdem haben wir die Beleuchtung komplett ausgetauscht“, erklärt Bernd Rickes. „Die neue Anlage kann dank ihrer Schaltungsmöglichkeiten acht verschiedene Lichtstimmungen erzeugen. Und darüber hinaus funktioniert auch die Glockensteuerung wieder, nachdem sie durch einen Blitzschlag lange außer Gefecht gesetzt war.“ Hinzu kommen die umfangreichen Arbeiten am Dachstuhl, der nun mit einem Kalk-Schilf-Putz statt mit schnödem Gipskarton verkleidet ist. Und für Rollstuhlfahrer ist im Innern künftig auch mehr Platz. „Allerdings ist es uns nicht ganz gelungen, die Kirche und das WC komplett behindertengerecht zu gestalten. Das ist vom Platz her leider unmöglich“, bedauert Rickes.

Insgesamt schlägt die aufwendige Innensanierung mit rund 626.000 Euro zu Buche. „Mit den knapp 400.000 Euro teuren Außenarbeiten kommen wir also auf einen Gesamtbetrag von etwas über einer Million Euro“, rechnet Rickes vor. Den muss die Kirchengemeinde freilich nicht alleine schultern, sondern erhält für die Innensanierung eine Bauzuweisung von 425.000 Euro von der Landeskirche. Bei den Außenarbeiten trägt die Landeskirche ebenfalls rund 80 Prozent der Kosten; hinzu kommen 17500 Euro, die das Landesdenkmalamt zuschießt. Gut investiertes Geld, ist sich Bernd Rickes sicher: „Viele unserer Kirchenschätze sind während der letzten Renovierungen einfach überpinselt worden. Es tut gut, dass diese kunstvollen Schmuckstücke nun wieder sichtbar werden.“ (bon)


Lokales: Hachenburg & Umgebung

Jetzt Fan der WW-Kurier.de Lokalausgabe Hachenburg auf Facebook werden!

Weitere Bilder (für eine größere Ansicht klicken Sie bitte auf eines der Bilder):
   


Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus der Region


Theaterstück „Die große Nein-Tonne“: Kinder stärken und schützen

Hachenburg. Das Theaterstück drehte sich um die Frage: "Was gehört in die große Nein-Tonne?" Zusammen mit den Darstellern ...

Massenkarambolage auf winterglatter Autobahn: Sieben Fahrzeuge betroffen

Region. Gegen 23 Uhr kam es zwischen den Anschlussstellen Ransbach-Baumbach und Dierdorf zu einem Verkehrsunfall mit sieben ...

Neuer Headcoach der Fighting Farmers Montabaur: Tino von Eckardt tritt am 1. Dezember an

Montabaur. Der A-Lizenz-Trainer Tino von Eckardt bringt eine beeindruckende Karriere von 40 Jahren als Spieler und Trainer ...

Mehrere Verkehrsunfälle in Westerburg - Drogenbeeinflussung und unangepasste Bereifung als Ursache

Region. Gegen 12.15 Uhr kam es zu einem Unfall auf der K34 zwischen Hof und Stein-Neukirch. Ein 21-jähriger Mann verlor in ...

Unfall durch Schneeglätte und Sommerreifen - E-Auto erfordert aufwendige Bergung

Wittgert/Wirscheid. Um 23.50 Uhr kam es auf der L 306 zwischen Wittgert und Wirscheid zu einem Verkehrsunfall. Der allein ...

Apfel oder Kapsel - Verbraucherzentrale klärt auf, was wirklich in Nahrungsergänzungsmitteln steckt

Region. In diesem 90-minütigen Web-Seminar gibt Katrin Deußen, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, ...

Weitere Artikel


NABU startet Hochbeet-Projekt in Kindergärten

Holler. In der Region Rhein-Westerwald können in diesem Jahr wieder zehn Kindertagesstätten aus den Landkreisen Altenkirchen, ...

Weihnachtswunschbaum-Aktion 2017 erfüllte alle Wünsche

Ransbach-Baumbach. So konnten ausnahmslos alle Wünsche rechtzeitig bis zum Weihnachtsfest erfüllt werden und die stets liebevoll ...

Infoabend zur Arbeit der „Ärzte ohne Grenzen“ mit Spendenübergabe

Montabaur. Zu einem Informationsabend über die wichtige Arbeit der „Notärzte“ mit einer Spendenübergabe sind am Mittwoch, ...

Kabarett am Gelbach an zwei Tagen

Montabaur. In seinem neuen Programm „Europa – der Kreisverkehr und ein Todesfall“ seziert ein genialer Thomas Freitag das ...

Alte Stromzähler werden ausgetauscht

Westerwaldkreis. Damit das nun einfacher geht, tauscht die Energienetze Mittelrhein (enm), die Netzgesellschaft der Energieversorgung ...

Afrikanische Schweinepest bedroht auch den Westerwaldkreis

Westerwaldkreis. Anfang November 2017 meldete die tschechische Republik erste Fälle bei Wildschweinen in der Grenzregion ...

Werbung