Die Geschichte einer Molkerei dokumentiert
Vor 48 Jahren war Schluss mit der Molkerei in Selters. Bisher erinnerte nur noch ein Straßenschild – bezeichnenderweise eine Sackgasse – vom einst wichtigen Betrieb für die Region. Nun übergab Günther Schönberger dem Stadtbürgermeister Rolf Jung ein Heft zur Geschichte der Molkerei mit dem er die Erinnerung wach halten will.
Selters. „Ich freue mich, dass es Menschen gibt, die sich für die Geschichte unseres Ortes interessieren und diese so engagiert dokumentieren“, sagt Rolf Jung und würdigte die Arbeit des Ruheständlers.
Über 30 Jahre lang war die Molkerei eine ortsprägende Einrichtung und ein Wirtschaftsfaktor, immerhin betrug der Umsatz im Jahr 1966 über zwei Millionen DM. 1961 wurden über 5 Millionen Liter Milch verarbeitet, die von rund 600 Landwirten aus 40 Orten des Unterwesterwaldes angeliefert wurden. Milch, Käse und Butter aus Selters erhielten Auszeichnungen und wurden in rund 200 Geschäfte im Kreisgebiet geliefert. Heute verarbeitet die größte deutsche Molkerei mehrere Milliarden Kilo Milch im Jahr bei einem Umsatz von mehreren Milliarden Euro.
Schon bei einem Besuch der Molkerei mit seiner Schulklasse in den 50er Jahren war Günther Schönberger beeindruckt von dem örtlichen Betrieb. „Alle liefen in weißen Kitteln rum, alles war so sauber“, erklärt der 70-Jährige heute. Er interessiert sich sehr für alte Gebäude in Selters, fotografierte sie vor dem Abriss und dokumentiert somit ein Stück Geschichte des Ortes. Als 2001 die Gebäude der alten Molkerei abgerissen wurden, hat er auch diese fotografiert. Er fand mehrere Zeitzeuginnen, die noch in den 60er Jahren in der Molkerei gearbeitet hatten. „Wenn ich nicht jetzt aufschreibe, was die noch wissen, dann ist es irgendwann zu spät“, sagte sich Günther Schönberger. Also sammelte er Bilder, Zeitungsartikel, Erinnerungen, Postkarten, Werbeanzeigen und Verträge und trug diese in einem Heft zur Geschichte der Molkerei zusammen. „Vielleicht finden sich in den Haushalten noch mehr stille Zeugen der Zeit“, hofft Schönberger, der das Sammeln noch nicht abgeschlossen hat.
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Das Ende für die Selterser Molkerei kam 1969. Die Genossenschaft fusionierte mit der Molkereigenossenschaft Westerburg, die Gebäude wurden verkauft. In Schönbergers Dokumentation wird klar: Die Bauernhöfe wurden größer, die Milchmenge immer mehr und um im „Europäischen Wirtschaftsraum“ (EWG) bestehen zu können, lohnte sich nur noch die Verarbeitung in größeren Molkereien. „Das waren schon 1969 die gleichen Argumente, die auch heute für die Globalisierung genannt werden“, stellte Stadtbürgermeister Rolf Jung fest. (PM)
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