Landwirtschaft muss sich positionieren
„Die Landwirtschaft muss das Heft des Handelns in die Hand nehmen“, war die Botschaft von Karsten Schmal, Präsident des Hessischen Bauernverbandes auf der Mitgliederversammlung des Kreisbauernverbandes des Westerwaldkreises in Bellingen. Er ging der Frage nach, wie die Bauern sich in der gesellschaftlichen Meinungsdebatte behaupten können.
Bellingen. Kreisvorsitzender Heribert Metternich hob in seinem agrarpolitischen Bericht hervor, dass die Nutztierhaltung im Westerwaldkreis in den letzten Jahrzehnten massiv zurückgegangen ist. Folge davon sei, dass die Versorgung der eigenen Bevölkerung in vielen Produktbereichen wie Eier, Schweine- oder Hühnerfleisch nur noch zu einem geringen Prozentsatz aus eigener Produktion erfolgen könne. Vielmehr sei die ländliche Region des Westerwaldkreises auf Lebensmittel aus anderen Regionen in Deutschland, Europa und der Welt angewiesen, was eine Besorgnis erregende Entwicklung sei.
Hinsichtlich der geplanten Reform der Grundsteuer warnte Metternich davor, die Landwirte stärker als bisher zu belasten: „Wir dürfen als wichtige Stütze der Gesellschaft nicht Opfer massiver Umverteilungsbestrebungen werden.“ In vielen Fragen reguliere der Staat die landwirtschaftliche Tätigkeit bereits so massiv, dass dies die Motivation junger Betriebsleiter erheblich hemme. „Im Gegenteil ist es erforderlich, junge Menschen zu ermutigen, die verantwortungsvollen Aufgaben als Bauern zu übernehmen“, forderte der Vorsitzende.
An die Landwirte appellierte Metternich, bei der Kommunalwahl im Frühjahr 2019 Verantwortung in ihren Kommunen zu übernehmen: „Die Stunden, die sie für ein solches Ehrenamt in Ihrem Betrieb fehlen, sind gut investierte Zeit, da das Praxiswissen und die Erfahrungen der Landwirte in den Räten ungeheuer wichtig sind.“
Kreisbeigeordneter Kurt Schüler, der neben dem Landtagsabgeordneten Ralf Seekatz und dem Präsidenten des Landesbauernverbandes Michael Horper Gast der Veranstaltung war, stärkte den Westerwälder Bauern demonstrativ den Rücken. „Wir stehen an Ihrer Seite, denn wir wissen um die Bedeutung der Bauern für unseren Landkreis“, rief Kurt Schüler den Westerwälder Bauern zu.
Der hessische Bauernpräsident Karsten Schmal ordnete als Hauptredner die Diskussionen um die Landwirtschaft in Deutschland in einem globalen Maßstab ein: „Viele Dinge laufen aus dem Ruder in Deutschland, wir haben Luxusprobleme.“ Als Beispiel führte er die öffentliche Debatte um den Einsatz von Glyphosat an: „Die Frage muss doch immer sein: Haben wir eine bessere Alternative?“ Doch diese Frage werde nicht gestellt, beklagte er, da Fachlichkeit und Wissenschaftlichkeit immer weniger eine Rolle spielten. Dies spiegele sich auch in dem Verbot des bedarfsweisen Pflanzenschutzes beim Anbau von Leguminosen auf ökologischen Vorrangflächen wieder. Der Anbau von Eiweißpflanzen werde damit zurückgedrängt und Deutschland verstärkt von Eiweiß-Importen aus Übersee abhängig.
Schmal zeigte auf, dass das Bild der Landwirtschaft vielfach von einer idyllisch verklärenden Werbung geprägt werde, während die produzierenden Landwirtschaftsbetriebe heutzutage effizient organisiert und die Arbeitsabläufe rationalisiert sein müssen. Hier klafften Vorstellung der Gesellschaft und Wirklichkeit auseinander, so Schmal. Diesen Widerspruch gelte es der Gesellschaft zu vermitteln. Deshalb sei die Kommunikation mit der Gesellschaft eine große Herausforderung. Junge Betriebsleiter müssten bereits in der Ausbildung fit für die Öffentlichkeitsarbeit gemacht werden: „Der Bauer selbst ist authentischer und glaubwürdiger als der Vertreter eines Verbandes oder einer Organisation.“ (PM)
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