SOKO-Kommissar Steffen Schroeder las im Stöffel-Park
Er ist Schauspieler, Buchautor und Vollzugshelfer in der JVA Berlin-Tegel. Das heißt: Die Aufgabe als Vollzugshelfer machte ihn erst zum Autoren. Steffen Schroeder war mit seinem Buch „Was alles in einem Menschen sein kann – Begegnung mit einem Mörder“ zu Gast in der Alten Schmiede im Stöffel-Park.
Enspel. Schauspieler Steffen Schroeder („SOKO Leipzig“) ist Botschafter der Opferschutzorganisation Weißer Ring und seit mittlerweilet fünf Jahren als Vollzugshelfer in der JVA Berlin-Tegel tätig. Vollzugshelfer sind ehrenamtliche Personen, die Strafgefangene in Gefängnissen betreuen. Sie sind manchmal der einzige soziale Kontakt, den die ihnen anvertrauten Personen noch haben. Steffen Schroeder besucht alle zwei bis drei Wochen Micha, der aufgrund eines Mordes eine lebenslängliche Strafe verbüßt. In vielen Gesprächen und gemeinsamen „Ausgängen“ erfährt Steffen Schroeder immer mehr vom Leben Michas und vom Gefängnisalltag. Das alles hat er in seinem Buch „Was alles in einem Menschen sein kann – Begegnung mit einem Mörder“ verarbeitet, das er im Stöffel-Park vorstellte.
Dieses Buch bringt einem die Welt rund um ein Gefängnis näher. Steffen Schroeder trug bei der Lesung in einer lockeren, aber auch sehr nachdenklichen und authentischen Art seine Zusammentreffen mit Micha vor. Micha lebt seit mehr als 20 Jahren in Gefängnissen. Mit vielen kleineren Delikten, Drogen und letztendlich einem Mord ist hier seine Endstation. Nachdem sämtliche Verwandte und Freunde entweder verstorben sind oder das Interesse an ihm verloren haben, freut er sich, dass er von Steffen Schroeder regelmäßig Besuch bekommt.
Das Buch ist als eine Art Tagebuch verfasst. Steffen Schroeder schildert sein erstes Zusammentreffen, seine Gefühle, auch sein anfängliches Unbehagen, mit einer Offenheit, die beim Zuhören leichte Gänsehaut erzeugt. Seine weiteren Besuche, oftmals zwischen seinen Fernseh-Drehs in Leipzig, sind teilweise sehr ausführlich. Er lässt praktisch Micha „zu Wort kommen“, so dass man meint, er säße gegenüber. Sein Vortrag ist locker, authentisch aber auch informativ. Dabei ist er nie überheblich oder belehrend. Im Gegenteil, er reflektiert sein eigenes Leben und fragt sich, wie es hätte unter anderen Umständen ähnlich verlaufen können wie Michas Leben. Die intensiven Gespräche zwischen Micha und Steffen Schroeder hat er teils wortwörtlich wiedergegeben. Gerade diese Dialoge berühren.
Die Eindrücke, die Steffen Schroeder aus seinen Besuchen schildert, lassen einen intensiven Blick auf die Institution Gefängnis und auch auf die Strafgefangenen und das Personal zu. Manches lässt Leser und Zuhörer nur den Kopf schütteln, vieles macht nachdenklich, gerade was die Resozialisierung betrifft. Am Beispiel Michas wird hier deutlich, dass es an Personal und oftmals am Willen fehlt. Dazu kommen Unverständnis und bürokratische Hürden. Besonders beeindruckt hat die Zuhörer die „Geschichte“ eines Mitinsassen von Micha: Rico, dem Micha eine würdevolle Beerdigung organisiert hat. Hier hat ihn Steffen Schroeder mit viel Engagement unterstützt.
Schroeder beschreibt auch seine Erinnerungen an den ersten gemeinsamen Freigang, begleitet von zwei JVA-Bediensteten. Micha, dieser kräftige, bedrohlich wirkende Mann – der aber schon mit dem Bestellen eines Hamburgers überfordert ist, der über Werbereklamen staunt, genau wie über Musik, die in Einkaufszentren gespielt wird und der zum ersten Mal einen Euro in der Hand hält und keinen Touchscreen bedienen kann. (PM)
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