Die Erfindung des Marxismus
Dr. Christina Morina vom Duitsland Instituut Amsterdam stellte bei Forum Siegen die Ideengeschichte Karl Marx’ als Erfahrungsgeschichte dar. Bei Marx war, so Morina, die Beschreibung der Weltgeschichte die Grundlage politischen Denkens. Die Wissenschaftlerin gab einen Einblick über die Historie der Marx’schen Ideologie und ihrer ersten intellektuellen Anhänger aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich und dem russischen Zarenreich. Prominente Beispiele sind Karl Kautzky, Viktor Adler, Rosa Luxemburg und Wladimir I. Lenin.
Siegen. Zum Abschluss des Sommersemesters 2018 bei Forum Siegen referierte Dr. Christina Morina (Duitsland Instituut Amsterdam) über „Die Erfindung des Marxismus. Wie eine Idee die Welt eroberte.“ Das fast 600 Seiten umfassende, gleichnamige Buch, welches die Historikerin und Politologin 2017 veröffentliche, war gleichzeitig auch ihre Habilitationsschrift. Und so war ihr Beitrag eine gelungene Mischung aus Lesung und Vortrag, der die Ideengeschichte Karl Marx’ als Erfahrungsgeschichte darstellte.
Bei Marx war, so Morina, die Beschreibung der Weltgeschichte die Grundlage politischen Denkens. Die Wissenschaftlerin gab einen Einblick über die Historie der Marx’schen Ideologie und ihrer ersten intellektuellen Anhänger aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich und dem russischen Zarenreich. Prominente Beispiele sind Karl Kautzky, Viktor Adler, Rosa Luxemburg und Wladimir I. Lenin. Gemeinsamkeiten dieser Akteure bestanden interessanterweise unter anderem darin, selbst nicht von starker Armut betroffen gewesen zu sein, sowie darin, über einen hohen Bildungsstand und starke Überzeugung der eigenen Selbstwirksamkeit zu verfügen.
Der Wunsch dieser jungen Intellektuellen, die oftmals persönlich mit Marx oder Engels in Briefkontakt standen war, referierte Morina, durch Lektüre unter anderem des Kommunistischen Manifests und der Hegelschen Rechtsphilosophie geprägt. Hieraus resultiere die Verbindung von Marxismus und politischer Ideengeschichte. Man „entdeckte Marx“, was man bis heute in Schriften und Briefen der Gruppe um Luxemburg und Adler nachvollziehen könne. Später erst, so die Wissenschaftlerin, wurde Marx’ Kritik konkreter in andere Kontexte übertragen, beispielsweise bei der Einflussnahme auf das Parteiprogramm der Sozialdemokraten.
Durchaus kritische Denkanstöße gab Morina zum Abschluss ihres Vortrags dem Publikum mit der Frage an die Hand, wie aus Gesellschaftskritik denn eine politische Ideologie werden könne? Auch im Marx Jahr bestünde nach wie vor ein verklärtes Bild von Marx, gab die Historikerin zu bedenken. Historisierung ermöglicht im Gegenzug für einen aufklärerischen Beitrag zu sorgen und bestehende Ambivalenzen zu benennen. (PM)