„The Sound of Classic Motown“: Das furiose Spiegelzelt-Finale
Die charmante, charismatische Plaudertasche Ron Williams betrat die Bühne, und zog sofort alle in seinen Bann. Es hieße Eulen nach Athen zu tragen, wenn man Ron groß beschreiben würde. Berühmt geworden als Kultmoderator bei „American Forces Network“ (AFN), ein Multitalent, Schauspieler, im Radio und im Fernsehen mit eigenen Sendungen. Im Altenkirchener Spiegelzelt hatte er Kult im Gepäck: „The Sound of Classic Motown“.
Altenkirchen. Danke an Helmut Nöllgen, danke an das Team vom Felsenkeller in Altenkirchen. Ihr habt allen einen unvergesslichen Abschluss der 10. Auflage des Spiegelzeltes in Altenkirchen geschenkt, naja, geschenkt ist nicht ganz war, Eintritt musste doch bezahlt werden. Jedoch war dieser besondere Abend jeden Cent wert, eigentlich unbezahlbar, mit welcher Intensität, Hingabe und Leidenschaft das zum Abfeiern bereite Publikum verwöhnt wurde. Im „gerammelt“ vollen Spiegelzelt – darf man das so sagen? – hingen die Leute an den Lippen von Ron Williams, dem genialen Moderator und Entertainer, und seinen fantastischen Musikern. Bereits eine Stunde vor Beginn war das Spiegelzelt fast vollständig gefüllt, so groß war die Vorfreude auf das Kommende. Helmut Nöllgen musste auf die Schnelle noch einige Klappstühle besorgen, damit weitere Gäste Platz finden konnten. Entsprechend brauchte Nöllgen die Erwartungen nicht weiter anzufachen, als er den Abend mit einer kurzen Begrüßung begann. Er dankte seinem Team, allen Sponsoren und Unterstützern, den Künstlern, die durchgehend überragende Leistungen geboten hätten, sowie dem begeisterungsfähigen Publikum aus Altenkirchen und der Region. Größe bewies Helmut Nöllgen, als er den Besuchern des einzigen Schwachpunktes des Festivals, dem ersten Auftritt des Chinesischen Nationalzirkus‘, versprach, dass sie eine Freikarte zu einem der nächsten Events vom „Felsenkeller“ erhalten würden.
Auf den Spuren von Johannes Heesters
Ja, und dann ging es endlich los. Die charmante, charismatische Plaudertasche Ron Williams betrat die Bühne, und zog sofort alle in seinen Bann. Es hieße Eulen nach Athen zu tragen, wenn man Ron groß beschreiben würde. Berühmt geworden als Kultmoderator bei „American Forces Network“ (AFN), ein Multitalent, Schauspieler, im Radio und im Fernsehen mit eigenen Sendungen. Immer stand dabei die Musik im Vordergrund, die er liebt und lebt. Sein sozial-gesellschaftliches Engagement betreibt er im Kampf gegen den Rassismus. Williams ist ein Profi, der weiß, wie man sein Publikum begeistert, dabei freut er sich wie ein kleines Kind, wenn er Reaktionen bei den Besuchern erzeugt. Man mag gar nicht glauben, dass dieser zeitlose Typ bereits das zarte Alter von 76 Jahren erreicht hat. Wenn Ron mit diesem Elan und Spirit weitermacht, wird er Johannes Heesters, der ja bekanntlich weit über 100 Jahre alt wurde, mit links überholen. Musik hält halt jung! In Altenkirchen ist es ihm vom ersten Moment an gelungen, Hemmungen abzubauen und das arme Spiegelzelt auf seine Festigkeit zu testen. Tanzen, Mitsingen, Klatschen, im Zelt baute sich eine einzigartig wogende Riesenwelle auf. Wer auf Krücken ins Zelt kam, stellte die bestimmt nach den ersten Rhythmen in die Ecke. Ohne seine fantastischen Musiker wäre Ron Williams natürlich verloren, das wusste Ron, und überließ ihnen neidlos die Show auf der Bühne. Auch wenn Williams die Motown-Songs tausendmal gehört und gespielt hat, freute er sich diebisch, wenn er einen neuen, alten Hit ankündigte, dabei an seinem Pult mitsang, den Körper immer in Bewegung und den Kontakt zum Publikum suchend.
Eine ganz spezielle Stimmung
Noch ein Wort zum Publikum: Da es überwiegend mit Menschen besetzt war, die die wilden 68 er erlebt haben, herrschte eine ganz spezielle Stimmung. Viele verklärte Blicke schweiften bestimmt in diese Zeit zurück, als die wahre Discomanie ausgebrochen war. Die Mädels im atemberaubendem Mini mit Plateau-Schuhen, und die Jungs in knalligen Farben, das Hemd mit langem Kragen in Gelb, dazu der rote Pullunder und die blaue Schlaghose, der Mix konnte jederzeit geändert werden, jeder Papagei hätte seine helle Freude an dieser abenteuerlichen „Kluft“ gehabt.
Jetzt ist aber genug der Vorworte, ab ins Programm
In seiner kurzen Einleitung erklärte Ron Williams, dass Berry Gordy jr. 1959 das Label in Detroit gegründet hatte. „Motown“ ist ein Kofferwort, gebildet aus den Worten Motor und Town, eine Anspielung auf die Automobilstadt Detroit. Dann folgte ein atemberaubender Ritt durch die unglaubliche Welt des Motown-Sounds. Insgesamt hatte das Motown-Label sage und schreibe 180 Nr.-One-Hits. Jeder Musikliebhaber schnalzt mit der Zunge und kann sich nicht gegen seine Erinnerungen wehren, wenn die Namen der Superstars fallen: The Four Tops, The Surpremes, Marvin Gaye, Stevie Wonder, Gladys Night & the Pips, Temptations, Smokey Robinson, The Marveletts, Diana Ross usw. usw. Hier sind noch einige Titel, die in der ganzen Welt für Furore sorgten: „Please, Mr. Postman“; „Reach out, I’ll be there“; „Respect“; „Stop in the name of lover“; „I heard it through the Grapevine“; „Papa was a Rolling Stone“; „Natural Woman“...
Pure Lebensfreude
In dem pickepacke vollen Programm schonte Williams weder sich, noch seine Musiker, noch das Publikum. Er wollte ganz einfach nur eines: „Leute, Party, Party und nochmals Party.“ Die pure Lebensfreude, die von der Bühne ausging packte alle, keiner konnte sich den Glücksgefühlen verschließen. Griesgrämigkeit hatte keine Chance, allen war ein Lächeln ins Gesicht gemeißelt. Für ein paar Euro eine billige Therapiesitzung für diejenigen, die vielleicht berechtigte Sorgen oder Probleme mit sich trugen. Musik verbindet über alles hinweg, das war auch die Message von Ron Williams, der sich vehement gegen den sich ausbreitenden Rassismus in der Welt echauffierte. Er erinnerte an die schrecklichen Rassenunruhen in den USA, mit vielen Toten und natürlich an die Ermordung von Martin Luther King, die Diskriminierung der Schwarzen in allen Teilen der Welt und die damit verbundenen Erniedrigungen. Der Motown- Sound half ganz entscheidend mit zum Abbau der Rassenschranken, weil erstmals auch Weiße Gefallen an der Musik fanden und zusammen mit Schwarzen zu tanzen wagten. Deshalb war es selbstverständlich, dass Williams eine Hommage auf Aretha Franklin hielt, die in ihren Liedern „Respect“ und „Natural Woman“ für Menschlichkeit und Gleichberechtigung sang.
Jubelstürme und Sprechchöre
„Turn the Negative to the Positive“, dieses Motto von Ron Williams zog sich wie ein roter Faden durch den ganzen Abend. Die inzwischen völlig losgelöste Meute im Spiegelzelt wollte Ron mit Band und Sängern nicht loslassen. Für die unglaublich authentisch wirkende Musik der Künstler gab es wahre Jubelstürme und Sprechchöre. Bei den Zugaben holte Ron nochmals alle Künstler zum grandiosen Finale auf die Bühne. Ein wahres Feuerwerk prasselte auf das ausflippende Publikum nieder, die Musiker dankten den Menschen mit ihrer ganzen Liebe, sie gaben das Gefühl zurück, welches ihnen von unten entgegengebracht wurde.
Kulturhauptstadt des Westerwaldes
Ein emotionaler Höhepunkt folgte ganz am Ende, als Ron Williams Helmut Nöllgen auf die Bühne „befahl“, der sich zunächst etwas zierte. Doch als er dem Chef zum 10. Festival gratulierte, schimmerten bei Helmut Nöllgen doch die Augen, er wagte sogar zu „Happy Birthday“ einen kurzen Solotanz auf der Bühne.Besser hätte das Festival nicht enden können, für jeden Geschmack war etwas dabei, den Machern kann mit bestem Gewissen bestätigt werden, was Ron Williams scherzhaft erwähnte: „Altenkirchen ist zwischen Köln und Frankfurt die Kulturhauptstadt des Westerwaldes.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
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