Westerwälder Qualitätswäscherei „Delfin“: Erfolgsmodell für Inklusion
Die rheinland-pfälzische Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Sabine Bätzing-Lichtenthäler besuchte am Freitag, 30. November die Hachenburger Service gGmbH (kurz HSG) im Kleeberger Weg 33, 57627 Hachenburg, um Einblick in den Alltag eines erfolgreichen Inklusionsunternehmens zu nehmen und gleichzeitig zu erfahren, wo der Schuh drückt und das Ministerium Verbesserungen vornehmen kann.
Hachenburg. Die Betriebe und Abteilungen der Hachenburger Service gGmbH verwirklichen den Traum vom Erwerbsleben für viele Menschen mit einem Handicap im Westerwaldkreis. Die HSG ist ein gemeinnütziges, sozialwirtschaftliches Unternehmen mit dem Ziel, schwerbehinderte, von Arbeitslosigkeit betroffene und bedrohte, insbesondere langzeitarbeitslose Personen in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Winfried W. Weber, Vorsitzender und Geschäftsführender Vorstand des Vereins für Behindertenarbeit arbeitet eng mit seinen Nachfolgern Geschäftsführer Erhard Hauptmann und Helena Schuck zusammen. Die Gemeinnützige Gesellschaft für Behindertenarbeit ist hundertprozentiger Gesellschafter der HSG. Deren Schwerpunkte sind die Pflege von Mietwäsche und hauseigener Wäsche für Kliniken und Seniorenheime sowie Pflegeheime, Hotels und Gastronomie, Handwerk und Industrie, Schullandheime und Erholungsheime, Kindertagesstätten, Behörden und Haushalte.
Das Inklusionsunternehmen beschäftigt 40 Mitarbeiter, von denen die Hälfte beeinträchtigt ist. Sie werden bei allen in der Wäscherei anfallenden Tätigkeiten eingesetzt, beispielsweise bei der Wäscheannahme, Bedienung von Waschmaschine und Trockner, Mangeln oder Bügeln. Pädagogisch geschulte Fachkräfte stehen den Mitarbeitern als Anleiter zur Verfügung und erleichtern somit die Integration in den Arbeitsmarkt.
Schuck stellte bei der Tagesförderstätte eine stabile Belegung fest, ein Problem habe die Pachterhöhung verursacht. Ein weiteres Problem stellten Leiharbeitsfirmen dar, die gute Fachkräfte abwerben und besser bezahlen. Personalwechsel bewirke ein Problem bei der Pfleger-Patienten-Beziehung. Man brauche auskömmliches Personal, um dem Problem Leiharbeit vorzubeugen. Pro ausgeschriebener Stelle kommen zwei bis drei Bewerbungen, aber die Leute kommen schon psychisch belastet und fallen oft aus. Man brauche noch mehr Fachkräfte, daher wäre es hilfreich, wenn der Beruf der Heilpflegekräfte aufgewertet würde.
Bätzing-Lichtenthäler nahm das als Anregung mit und bestätigte, man müsse die Rahmenbedingungen in den Griff kriegen. „Wir haben die Fachkraftinitiative 2.0 gestartet. Menschen, die sich für den Pflegeberuf entscheiden, geht es nicht in erster Linie um Geld sondern um Anerkennung!“
Schuck betonte die Wichtigkeit effektiver Zusammenarbeit mit den umliegenden Krankenhäusern, denn Behinderte oder Demenzpatienten im Krankenhaus bedeute in der Regel Stress auf allen Ebenen. Die Auswüchse der Datenschutzverordnung verursachten Probleme bei der Kooperation verschiedener Organisationen. Der Betriebsarzt dürfe zum Beispiel festgestellte mangelnde Eignung aus Datenschutzgründen nicht weitergeben. Die Ministerin kannte auch verschiedene kontraproduktive Auswirkungen des Datenschutzgesetzes. Auch im Bereich des Ehrenamts seien dadurch Barrieren aufgebaut worden. Bätzing-Lichtenthäler zeigte sich dankbar für Rückmeldungen aus der Praxis.
Winfried W. Weber bezeichnete den Abschluss mit dem Hospizverein Westerwald als Alleinstellungsmerkmal und „Meilenstein, weil wir Menschen fast immer lebenslang begleiten.“
Uli Schmidt, Mitarbeiter der Ministerin und Westerwälder, lobte den Verein für Behindertenarbeit als „Das Beste, was der Sozialszene in der Region passieren konnte wegen des sehr hohen Engagement der Idealisten, die ihn gründeten“. Die HSG wurde in der ehemaligen Lederfabrik als Wäscherei gegründet und war lange Jahre ein Krisenfall, daher sei es bestimmt kein Zufall, dass mit dem neuen Geschäftsführer Erhard Hauptmann die Wende kam und der Betrieb seither läuft.
Hauptmann nannte die Mindestlohnverordnung als ein großes Thema, das in schwieriger wirtschaftlicher Situation ein Problem aufwarf. Der Ehrgeiz war: Bloß keine Insolvenz, den Behinderten mussten die Arbeitsplätze erhalten werden. Allerdings mussten drei Leute im Zuge von Modernisierung und Rationalisierung entlassen werden, denn der Betrieb muss konkurrenzfähig arbeiten. In der Außendarstellung ist „Delfin“ reiner Dienstleister, das Inklusionsunternehmen wird in den Hintergrund gestellt. Für die energieintensive Arbeit werden ständig neue Maschinen angeschafft, zum Beispiel bügelt man mit heißer Luft und einem neuen Mitarbeiter, dem „Hemdenfinisher“.
Ein Blick in die Wäscherei brachte bemerkenswerte Arbeitsabläufe zutage: Eine Trennwand zwischen „reiner“ und „unreiner“ Seite ermöglicht eine räumlich getrennte Be- und Entladung der Waschmaschinen, Personen- und Containerdesinfektion dienen als Puffer zwischen den beiden Seiten. Sonnenkollektoren reduzieren den Verbrauch von Gas und Öl für die Dampfproduktion, ein Wasserrückgewinnungssystem spart wertvolles Trinkwasser. Eine Mitarbeiterin führte der Ministerin eindrucksvoll den scanbaren Würfelcode vor. Mit Hilfe dieser einzigartigen Technik wird sichergestellt, dass alle Kleidungsstücke, die den Weg in die Wäscherei gefunden haben, auch wieder bei den Besitzern ankommen. Eine Verwechslung ist durch optische und akustische Warnsignale ausgeschlossen.
Fünf Fahrer bringen mit vier Fahrzeugen auf festgelegten Routen am Ende die saubere Wäsche zu den teils weiträumig verteilten Kunden.
Inklusionsfirmen erhalten Unterstützung durch das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland-Pfalz. Wegen einer kostenlosen Erstberatung wenden Sie sich an Andreas Schneider per E-Mail: andreas.schneider@schneider-beratung.de oder per Telefon unter 0651 14645-0. Weitere Informationen unter uli.schmidt@msagd.rlp.de. htv
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