Ladies in red
Wenn die Zeit stehen bleibt, dann werden manchmal Kinder geboren. Wenn eine Gondel stehenbleibt, dann kann ein Gesangsensemble entstehen. 2016 hätten sie sich zufällig in einer stehengebliebenen Gondel in der Koblenzer Seilbahn kennengelernt und ihre gemeinsame Liebe zum Ensemblegesang entdeckt. Soweit zu ihrem Gründungsmythos. Am vergangenen Samstag begeisterten das Gesangsensemble „Ladies Surround“ und der Junge Chor Koblenz als Vorgruppe an diesem Abend ein volles Haus in der Zweiten Heimat in Höhr-Grenzhausen.
Höhr-Grenzhausen. Was ein Glück für die Zuhörer und Zuhörerinnen! Denn diesen Zufall gießen die Ladies bei ihrem Auftritt in anspruchsvollen Vocal Pop mit gelegentlichen stilistischen Ausflügen zu Gospel und Jazz. Ihren ersten Auftritt hatten „Ladies Surround“ auf der Neuwieder Jazznight im Herbst 2018. Mit „Ladies First“ war direkt schon ihre Debüt-CD im Handgepäck, auf der das acht-köpfige Frauenensemble vor allem Cover-Versionen a cappella singt.
Ja, aber Moment. Die Vorgruppe. Der junge Chor Koblenz: Die Jugendlichen, an diesem Abend zehn junge Frauen und drei Männer, können bereits auf zehn Jahre gemeinsames a capella-Singen zurückblicken. Am Samstagabend brachten sie starke Cover-Versionen von aktuellen Popsongs wie Human von Rag‘n Bones, in welchem sich die tiefen Bassstimmen konsequent gegen die überzähligen Frauenstimmen durchsetzten. Auch mit dem Relax-Song von Matt Simons, Catch and Release, erschufen sie einen rein vokalen entspannten Klangraum. Bei dem Stück „Fix You“ von Coldplay stellte sich die Chorleiterin Mohani Poulet einfach gerade mal noch dazu und modulierte eine glasklare Oberstimme, die einmal mehr zeigte, wie raffiniert ihr Arrangeur Jürgen Böhme Popsongs in chortaugliche Arrangements übersetzen kann.
Nun zu den Ladies. Wie sich am Abend in der Zeiten Heimat zeigte, ist jede Frauenstimme in der Lage einzelne Soloparts zu übernehmen. Besonders überzeugend kam dies in der Cover-Version von „No Roots“ (Alice Merton) im Solo von Chantal Hartleif rüber. Die Kolleginnen lieferten ihr gleichwohl kompakte Backing Vocals und eine dichte Bassline, die so charakteristisch für Vocal Jazz sind - grooviger Sound, voices only. Mit ihren signalroten Kleidern trafen die Ladies schon rein optisch eine Entscheidung, aber auch inhaltlich wurde das Rot zum Leitfaden der Facetten der Liebe, die in den Stücken besungen wurde. Christine Horchler erläuterte charmant die wirklich existenziellen Fragen, die sich die Damen in Rot musikalisch stellten. Da wird der „eine“ Mann besungen in „That man“ und am Ende ist erhalt doch „nur“ ein Freund. Da gibt es sehr schöne gefühlvolle Balladen wie „Wake me up when september ends“ von Green Day. Und dass die Liebe manchmal auch durch den Magen geht kam in Anders Edenroths witzigem Stück „Chili con carne“ treffsicher zum Ausdruck. Die Ladies gaben sich verführerisch, akzentuiert, überzeugten allesamt in den Soli und boten einen Ohr- und Augenschmaus der Extraklasse. Wie gut, dass die Gondel stehenblieb.
Wer zum Valentinstag noch ein passendes Geschenk sucht, kann die CD „Ladies First“ über den NOVO Musikverlag, Neuwied erwerben. (SZ)
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