Kreisbauernverband: Matthias Müller folgt auf Heribert Metternich
Ganz im Zeichen der Neuwahlen stand die Mitgliederversammlung des Kreisbauernverbandes Westerwaldkreis. Ökonomierat Heribert Metternich kandidierte aus Altersgründen nicht mehr für das Amt als Kreisvorsitzender. 26 Jahre lang hatte er die Geschicke der Landwirtschaft im Westerwald geleitet und geprägt. Sein bisheriger Stellvertreter, der 56-jährige Matthias Müller aus Irmtraut, wurde einstimmig zu seinem Nachfolger gewählt. Neuer stellvertretender Kreisvorsitzender ist Peter Kunoth aus Montabaur.
Nistertal. In seiner letzten Ansprache als Kreisvorsitzender warnte Metternich eindringlich davor, die Bauern zum Sündenbock für Fehlentwicklungen in der Gesellschaft zu machen. Für eine solche Gesinnung stehe beispielhaft das Referendum in Bayern zum Bienenschutz. Indem sie die Verantwortung für die Folgen eines Lebens im Übermaße bei den Bauern ablade, vermeide die Gesellschaft, mit sich selbst ehrlich ins Gericht zu gehen. „Politik und Gesellschaft tanzen auf dem Vulkan“, warnte Metternich eindringlich.
Auch der Kreisbeigeordnete Kurt Schüler sieht die gesellschaftlichen Veränderungen mit Sorge: „Viele Menschen denken nicht darüber nach, dass ein vakuumiertes Schnitzel auch mal ein lebendiges Tier war.“ Er versicherte den anwesenden Bauern, dass die Kreisverwaltung an ihrer Seite stehe: „Wir Westerwälder sind bei unseren Bauern gut aufgehoben!“
Dem scheidenden Kreisvorsitzenden dankte der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Michael Horper im Namen aller Bauern für dessen außergewöhnliches Engagement: „Ihr hattet im Westerwald Friedrich Wilhelm Raiffeisen - und direkt danach kommst schon du“, fasste er scherzhaft den Einsatz von Heribert Metternich in vielen Ehrenämtern zusammen. Metternich, der auch Vizepräsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz ist, habe mit hohem persönlichem Engagement viel Positives für die Bauern im Westerwald und in Rheinland-Pfalz bewirkt.
Von der Landwirtschaftspolitik des Landes zeigte sich Horper in mehrfacher Hinsicht sehr enttäuscht. Bei der Blauzungenkrankheit lasse das Umweltministerium die Bauern im Regen stehen: „Die Nutztierhalter erfahren bei den für das Tierwohl gebotenen Impfungen nicht die geringste Unterstützung durch das Land.“ Die gleiche enttäuschende Haltung zeige das Landwirtschaftsministerium im Hinblick auf die Folgen der außergewöhnlichen Trockenheit im vergangenen Jahr.
Der Gastredner Ralph Gockel, Leiter des Referates Raumordnung und Naturschutz der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, lieferte eine scharfsinnige Analyse der aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen um die Landwirtschaft. „Es kursieren viele unzutreffende oder pauschale Behauptungen rund um die Landwirtschaft, die nach hundertfacher Wiederholung als Fakten wahrgenommen werden“, so Gockel. Zunehmend würden Menschen von emotionalen Kampagnen eingenommen, ohne in gleichem Maße das Handeln in den eigenen Lebensbereichen in Frage zu stellen.
Beim Insektenschutz werde die Biene als positive Stellvertreterin aller Insekten missbraucht, um ein negatives Bild der Landwirtschaft zu erzeugen. Dabei könne das Problem alleine durch die Landwirtschaft nicht gelöst werden, wie gerade eine landwirtschaftlich extensiv bewirtschaftete Grünlandregion wie der Westerwald belege. Viele Faktoren wie Flächenversiegelung, Monotonie der Vorgärten und Lichtverschmutzung nähmen hier Einfluss. Deshalb riet Gockel den Landwirten, dass Thema partnerschaftlich zu begleiten und eigene Beiträge zum Insektenschutz deutlich zu machen.
Auch in Bezug auf Biodiversität könne die Landwirtschaft innovative Ideen und Umsetzungsbereitschaft einbringen, wie dies zum Beispiel auch im Wiesenbrüterprojekt im hohen Westerwald geschehen sei. Im Gegenzug sei die Politik gefordert, eine angemessene Vergütung für solche Maßnahmen bereitzustellen.
In der öffentlichen Diskussion um sauberes Trinkwasser werde ein Negativ-Image der gesamten Landwirtschaft aufgebaut. Dies sei in weiten Teilen Deutschlands und gerade im Westerwald nicht gerechtfertigt. „100 Prozent des Trinkwassers im Westerwaldkreis sind beanstandungsfrei“, hob Gockel hervor, was angesichts der extensiven Bewirtschaftung nicht verwundere. Zwar gäbe es in einigen Regionen Deutschlands wie den Veredelungszentren, den intensiven Gemüsebauregionen oder den Weinbauregionen Probleme, zu deren Lösung die neue Düngeverordnung beitragen solle. Allerdings würden hierdurch nicht nur die wenigen Problemverursacher gemaßregelt, sondern alle Landwirte. Dies führe zu einem weiteren Übermaß an Bürokratie und Dokumentationspflichten, die eine kleinstrukturierte Landwirtschaft mit Familienbetrieben zerstöre, wie sie den Westerwald noch präge.
Für die Landwirtschaftsbetriebe sei neben dem Wetter und den Märkten mittlerweile ein drittes Betriebsrisiko hinzugekommen: „Die Umweltpolitik ist unberechenbar geworden und lässt keine Planungssicherheit mehr zu. Dies führt dazu, dass zunehmend Landwirte keine Investitionsentscheidung mehr treffen und die eigentlich gesellschaftlich erwünschten kleinen Strukturen weiter verschwinden.“ (PM Markus Mille)
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