62. Landfrauentag im Westerwaldkreis
Es war ein illustrer Kreis an Ehrengästen, die sich die Vorsitzende der Landfrauen im Westerwaldkreis, Gudrun Franz-Greis zum Landfrauentag auf den Begrüßungszettel schreiben konnte. Allen voran Landrat Achim Schwickert, der in seiner Begrüßung einen Dank an die Landfrauen aussprach, die, seinen Worten nach, sich als gesellschaftliche Gruppe in wichtigen Themen einbringen „und Werbung für unsere Themen machen“. Oder auch die Geschäftsführerin des Landesverbandes Rheinland-Nassau Ines Unger.
Westerburg. Sie hatte sich für die Begrüßung der Landfrauen in der Westerburger Stadthalle dem Rückgang an Insekten und Pflanzen gewidmet. „Wann haben sie zuletzt eine Brennnessel gesehen?“. Diese Frage stellte sie in den Raum und appellierte gleich an alle, als Aufgabe einen Wildkräuterweg anzulegen. „Eine Aufgabe für uns alle, nicht nur für Landfrauen“. Als Stadtbürgermeister nutzte Ralf Seekatz die Gelegenheit an die Europawahl zu erinnern und appellierte wählen zu gehen.
Bevor jedoch Gudrun Franz-Greis den 62. Landfrauentag mit seinen 415 Mitgliedern im Westerwaldkreis eröffnete, hatten die Gäste die Gelegenheit, an den zahlreichen Ständen vor dem Saal der Stadthalle zu bummeln und das ein oder andere Accessoire zu kaufen. Ob dies pflegende Kosmetika, die neuesten Seidentücher, farbenprächtige Postkarten, moderne Keramik oder auch handgemachte Körbe waren: Es wurde gerochen, geprobt, verglichen und am Ende gekauft. Und es blieb noch Zeit genug, um sich an den zahlreichen Informationsständen einzelner Fach- oder Frauenverbände, wie das Präventionsbüro Ronja, zu informieren.
Um gesunde Ernährung und die Herkunft von Lebensmitteln ging es dann in der Einführungsrede von Gudrun Franz-Greis. Für sie war es wichtig dass die Verbraucher bestimmen was gegessen wird, wo wir einkaufen und was wir kaufen. „Wir haben die Macht als Verbraucher auf die Produzenten und auf den Lebensmittelhandel einzuwirken. Das Ziel von uns Land-Frauen ist es, durch Informationen das Interesse für gesunde Ernährung und die Herkunft von Lebensmitteln zu wecken“ so die Vorsitzende. Damit soll ein nachhaltiges Vertrauen und Wertschätzung zu gesunden Nahrungsmitteln aufgebaut werden und es soll auf die Lebensmittelverschwendung aufmerksam machen. „Dies geschieht durch Projekte, Aktionen und durch Informationen“.
Ein Thema für Gudrun Fanz-Greis war der Hinweis auf gesunde Ernährung und Projekte in Schulen und Kindergärten. Projekte wie „Her mit dem Gemüse“ oder der Ernährungsführerschein für das 3. und 4. Schuljahr bringen Grundwissen und die Grundlagen zu Hygiene und Küchentechnik weiter. Hier leisten die Land-Frauen einen großen Beitrag für die Gesellschaft. Diese fordern nun aus Überzeugung, dass die Vermittlung von Alltagskompetenzen nur im Rahmen eines Pflichtfachs geschehen kann und der Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler verbindlich ist. Daher wird schon seit Jahren das Schulfach Alltags- und Lebensökonomie gefordert. „Dafür werden die Land-Frauen auch weiter kämpfen“.
Der deutsche Land-Frauenverband vertritt auch die berufsständischen Interessen der Frauen in der Landwirtschaft und ihrer Familien. Die Slogans „Wir haben euch satt“ und das schlechte Image der Landwirtschaft haben nun die Land-Frauen des Westerwaldes dazu bewogen, sich dieses Themas eingehender anzunehmen und für den Nachmittag Dr. Willi Kremer-Schillings einzuladen. Der Ackerbauer, Buchautor und Agrarblogger aus dem Rheinland ist besser bekannt als „Bauer Willi“ und kritisiert, dass vielfach mit der Verbreitung von Schlagworten und Halbwahrheiten das Bild der Landwirtschaft in den Köpfen der Menschen bestimmt wird. Es war ein mehr als unterhaltsamer Vortrag, der mit seiner eigenen Historie als Landwirt begann. Als Sohn eines Landwirtes wollte er den Hof seines Vaters übernehmen. Doch nach einem Studium der Agrarwissenschaft wurde sein Weg ein anderer und der Hof wurde mit dem des Nachbarn zusammengelegt und dies über viele Jahrzehnte erfolgreich. „Heute hab ich nur noch Rasenmäher, Motorsäge und Ehefrau. Von den drei verleihe ich ab und zu Rasenmäher und Motorsäge“.
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Den Hintergrund, nach dem Ruhestand noch einmal Buchautor zu werden, lieferten bei „Bauer Willi“ verschiedene Ereignisse, die alle mit der Landwirtschaft und dem fehlenden Verständnis so genannter modernen Menschen zu tun haben. Das erste Ereignis war die Schaffung von 60 neuen Bauplätzen in unmittelbarer Nachbarschaft seines Hofs. Da passierte es, dass sich Leute beschwerten, dass Gülle gefahren wurde. Selbst die Polizei kam vorbei und brachte die Beschwerde mit der Frage vor: „Fährst du Gülle?“, die er dann spontan beantwortete: „Klar doch, man riecht es doch“. Oder der Vorfall bei einer Weizenernte. Es bestand für die Landwirte das Problem dass es regnete und ausgerechnet an einem Sonntag bestes Erntewetter herrschte. Das Weizenfeld lag nun direkt neben der Parzelle des Neubaugebietes und es musste an einem Sonntag früh morgens um fünf angefangen werden zu ernten. „Um zehn kam die Polizei und mahnte den ruhestörenden Lärm an. Und das von Polizisten, die mit mir in die Schule gegangen sind“. Dies, und weitere kleinere Vorfälle, veranlassten nun Dr. Willi Kremer-Schillings einen Brief an seine Nachbarn zu verfassen und diesen über das Internet zu vertreiben. Dieser Brief verselbstständigte sich im Internet, brachte Verleger auf den Plan und endete in verschiedenen Büchern, Hörbüchern, Lesungen und Veranstaltung wie die in der Westerburger Stadthalle.
In all seinen Publikationen macht Dr. Willi Kremer-Schillings auf viele Probleme in der Landwirtschaft aufmerksam wie Glyphosat oder Nitrat. Vergisst dabei aber auch nicht den Humor, den er dann mit so augenzwinkernden Beiträgen wie „Kartoffeln aus Bodenhaltung“ oder „Tomaten aus Anbindehaltung“ einbringt. Seine Art, die Dinge aus einer anderen Sicht zu sehen, brachte ihm in Westerburg einen lang anhaltenden Applaus ein.
Nach einer Stärkung ging es auf der wunderschön geschmückten Bühne mit Sketchen der Landfrauen Westerwald und der musikalischen Unterhaltung der „Jammertaler“ bis zum Ende weiter und die vielen Mitglieder der Land-Frauen nahmen den Appel der Vorsitzenden „Wir werden nicht Müde den ländlichen Raum zu stärken“ mit auf den eigenen Hof. kdh
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